Warnzeichen vor der Bewerbung
Bevor Sie eine Bewerbung schreiben und viel Zeit in Bewerbungsschreiben oder Lebenslauf investieren, sollten Sie den potenziellen Arbeitgeber ausleuchten. Folgende Kriterien geben Aufschluss:
- Stellenanzeige
Wenn Sie eine passende Stellenanzeige in einer Online-Jobbörse gefunden haben, sollten Sie diese zunächst auf Formalia prüfen: Wird der Job genau beschrieben? Gibt es klare Anforderungen (oder wird die eierlegende Wollmichsau gesucht)? Wie sieht es aus mit Leistungsversprechen, Gehalt, Ansprechpartnern? Fehlen zu viele relevante Angaben, ist das kein gutes Zeichen. - Social Media
Kaum ein Arbeitgeber, der was auf sich hält, kann auf einen Auftritt in sozialen Netzwerken verzichten. Allen voran auf Linkedin, Instagram oder Xing. Schauen Sie sich an, wie dort kommuniziert wird. Vor allem: Wie gehen die Community-Manager mit Bewerbern um? - Arbeitgeberbewertungsportale
In Arbeitgeberbewertungsportalen wie Kununu, Glassdoor oder Jobvoting schreiben Angestellte und Ex-Mitarbeiter über Ihre Erfahrungen. Das ist nicht immer frei von Racheabsichten, kann aber ebenfalls Warnzeichen offenbaren. Vor allem bei Punkten, die IHNEN wichtig sind. Schauen Sie sich dazu auch Arbeitgeber-Rankings an. - Google
Nicht zuletzt: Googeln Sie Ihren Traumjob und Wunscharbeitgeber mal. Die Kombination aus „FIRMA + Erfahrungen“ führt meist zu Artikeln oder Posts von Bloggern oder Ex-Mitarbeitern. Auch die können manche Warnzeichen enthüllen.
Warnzeichen im Vorstellungsgespräch
Viele Bewerber betrachten das Vorstellungsgespräch viel zu einseitig. Als eine Art Test, den nur sie bestehen müssen. Die Medaille hat eine Kehrseite: Auch Sie als Kandidat(in) können und sollten im Bewerbungsgespräch Jobangebot und Arbeitgeber auf den Prüfstein stellen.
Um an der schicken Arbeitgeber-Fassade zu kratzen, sollten Sie auf folgende Indizien achten:
- Parkplätze
Checken Sie mal die Firmenparkplätze, falls es welche gibt. Insbesondere deren Hierarchie. Gibt es feste Parkplätze in Firmennähe nur für Geschäftsführer und VIPs? Oder eher für Kunden, Mitarbeiter mit Kindern und Behinderte? Schon dies verrät Ihnen einiges über die Kultur des Unternehmens und das vorherrschende Statusdenken. - Empfang
Fehlende Herzlichkeit gegenüber Bewerbern ist ein veritables Warnzeichen. Manche Arbeitgeber lassen Bewerber trotz Termin in der Lobby warten. Bietet man Ihnen dann wenigstens einen guten Sitzplatz und etwas zu trinken an? Oder behandelt man Sie wie einen lästigen Besucher? Ebenso die Begrüßung: Ist sie persönlich? Kennt man Ihren Namen? Fühlen Sie sich willkommen? - Umgangsformen
Beobachten Sie: Wie interagieren die Kollegen untereinander: Sind sie freundlich, respektvoll, herzlich? Oder müssen die Krümel schweigen, wenn der Kuchen redet? Daran lässt sich viel über den wahren Teamgeist ablesen. - Körpersprache
Personaler, die sich in einer überlegenen Position sehen, achten kaum auf ihre Körpersprache. Sie aber schon: Beobachten Sie aufmerksam die kleinen Mikrogesten. Sitzen Sie einander gegenüber (distanziert) oder über Eck (kooperativ)? Ist man Ihnen zugewandt, interessiert – oder wirkt das Gespräch wie ein Verhör? Das muss zwar kein Warnzeichen sein – es muss aber zu Ihnen passen. - Kleiderordnung
Gleiches gilt für herrschende Dresscodes. Wie laufen die Mitarbeiter im Haus herum? Die Kleiderordnung (oder Unordnung) wird später Ihren Alltag bestimmen. Worauf legen Sie wert? - Arbeitsplätze
Büroeinrichtung und Arbeitsplatzdesign offenbaren viel über die Firmenkultur: Sind die Büros offen, stehen die Türen auf? Sind die Schreibtische groß und aufgeräumt, die Stühle bequem? Oder sieht das alles eher nach Intensivhaltung aus? An solchen Warnzeichen erkennen Sie wie wertvoll das „Humankapital“ hier wirklich ist. - Verlässlichkeit
Auch das ein Warnzeichen: Wenn der Personaler verspricht, sich am Montag zu melden und tut das nicht, zeugt das weder von guten Manieren, noch von Worttreue. Sicher, so ein Auswahlprozess kann länger dauern. Wer sich aber auf Augenhöhe begegnet, meldet sich dann wenigstens und bittet um Verständnis und Geduld.
Bonus: Die Toiletten-Theorie
Wenn Sie zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden, besuchen Sie vor Ort eine der Toiletten. Kein Scherz! Laut Toiletten-Theorie erkennen Sie die wahre Firmenkultur am stillen Örtchen: Wie hinterlassen die Mitarbeiter ihrem Nachfolger das (benutzbare) WC? Sind zum Beispiel die Klopapierrollen aufgefüllt, die Latrinen sauber? Falls nicht, sagt das: „Hier denkt jeder nur an sich. Ein einziges Hauen und Stechen!“ Selbst wenn es eine gute Reinigungskraft gibt, die regelmäßig kommt: Es geht um das grundsätzliche Miteinander, um gegenseitige Rücksicht und Achtsamkeit im Wortsinn.
Warnzeichen im Jobangebot
Bisher ist alles gut gelaufen, die oben genannten Auffälligkeiten und Warnzeichen blieben aus? Gut. Nun liegt also ein konkretes Jobangebot auf dem Tisch, das Sie wie viele andere Bewerber am liebsten sofort unterschreiben würden. Stopp!
Genau an diesem Punkt bitten wir Sie, mit der Unterschrift noch etwas zu warten. Auch das Jobangebot und den Arbeitsvertrag sollten Sie kritisch prüfen und genauer unter die Lupe nehmen. Am besten eine Nacht darüber schlafen.
Jobangebot Checkliste
Bedenkzeit haben Sie immer. Lehnt der Arbeitgeber in spe die Bitte darum ab und drängt auf eine sofortige Unterzeichnung des Arbeitsvertrages, sollten Sie erst recht hellhörig werden. Achten Sie daher auch hierbei wieder auf folgende Warnzeichen:
- Der künftige Arbeitgeber verspricht Ihnen unrealistisch gute Arbeitsbedingungen.
- Im Jobinterview wurde Ihnen viel versprochen. Die Zusagen bekommen Sie aber nicht schriftlich.
- Der Arbeitsvertrag weicht deutlich von dem ab, was Sie bisher verhandelt haben.
- Die Stellen- und Aufgabenbeschreibung im Arbeitsvertrag hat wenig bis nichts mit der besprochenen Stelle zu tun.
- Im Vorfeld war von einem unbefristeten Vertrag die Rede. Im Vertrag steht jetzt eine Befristung.
- Für Rückfragen bekommen Sie keinen Ansprechpartner, sondern werden vertröstet und weitergeleitet.
- Niemand will Ihnen sagen, warum die Stelle vakant ist oder wie viele Vorgänger es gab.
Warnzeichen für einen miesen Job
Auch später im Job kann es noch Warnzeichen geben, die für eine baldige Beendigung des Arbeitsverhältnisses sprechen – möglicherweise noch in der Probezeit. Unzufriedenheit kann es zwar in jedem Job geben. Wird sie aber chronisch und gibt es dafür handfeste Ursachen, könnte das ein Indiz für einen Jobwechsel sein.
Die folgenden Warnzeichen dienen zur ersten Orientierung. Fragen Sie sich dabei immer, ob es sich nur um eine temporäre Frust-Phase oder um einen dauerhaften Zustand handelt.
- Sie empfinden keine Freude mehr am Job
Ihr berufliches Ziel am Montag lautet: Freitag. Also verrichten Sie nur noch Dienst nach Vorschrift. Innerlich haben Sie längst gekündigt. Der nächste Schritt sollte sein, sich zu fragen, wieso es Ihnen so geht. - Sie identifizieren Sich nicht mehr mit dem Arbeitgeber
Ein verlässliches Anzeichen dafür ist, dass Sie nur noch von „die“ und nicht mehr von „wir“ sprechen. Es zeigt, dass Sie Distanz aufbauen und die Entscheidungen Ihres Arbeitgebers nicht mehr mittragen. Das hat auch Auswirkungen auf Ihre Leistungsbereitschaft und Eigeninitiative. - Die Kollegen machen das Leben zur Hölle
Konkurrenzdruck, wachsende Antipathien, zunehmende Unehrlichkeit und Intrigen können einen Job unerträglich machen. Man begegnet sich zwar in der Kaffeeküche, wechselt aber kaum noch Worte. In einem solchen Umfeld kann sich keiner verwirklichen oder glücklich werden. - Sie fühlen sich ungerecht behandelt
Obwohl Sie versuchen, Ihre Arbeit nach besten Kräften zu erledigen, reißt das schlechte Feedback von Vorgesetzten und Kollegen nicht ab. Das belastet enorm und raubt allen Elan. - Sie sehen Ihren Arzt häufiger als Ihre Kollegen
Die Situation im Job schlägt sich bereits auf Ihre Gesundheit nieder. Sie fühlen sich ständig müde und kraftlos. Auch der Schlaf ist nicht mehr erholsam. Seit Sie dort arbeiten, haben Sie das Gefühl, gesundheitlich anfälliger geworden zu sein. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über mögliche Ursachen! - Sie halten Ihren Chef für einen Idioten
Das Verhältnis zum Vorgesetzten ist elementar für die Jobzufriedenheit. Es heißt: Mitarbeiter kommen wegen des Jobs und gehen wegen des Chefs. Falls persönliche Gespräche nicht helfen und atmosphärischen Störungen wachsen, ist das ein starkes Warnzeichen für einen zunehmend miesen Job.
Bei all den genannten Warnzeichen und Indizien handelt es sich immer um Puzzlesteine. Eine Beobachtung, gedanklicher Haken an der Liste sagt noch nichts über das Unternehmen und seine Arbeitgeberqualitäten insgesamt aus. Häufen sich aber die Warnzeichen und können Sie dazu vielleicht sogar passende Hinweise im Internet recherchieren, ist Vorsicht geboten. Vielleicht suchen Sie doch nach einer besseren Alternative…?!
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