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Anpassungsfähigkeit: Gut oder schlecht?

Anpassungsfähigkeit und Flexibilität sind Schlüsselqualifikationen, die in nahezu jeder Stellenanzeige gefordert werden. Stellt sich die Frage, ob das auch berechtigt ist. Zu viel Angepasstheit könnte die Kreativität behindern und Mitarbeiter davon abhalten, ihre wahren Ideen zu äußern – ein gewaltiger Nachteil für Unternehmen. Auf der anderen Seite gilt die Anpassungsfähigkeit Mitarbeitern aber auch dabei, beruflich voran zu kommen. Der Überblick zum Thema…



Anpassungsfähigkeit: Gut oder schlecht?

Anpassungsfähigkeit: Was versteht man darunter?

Als Anpassungsfähigkeit wird das Vermögen verstanden, sich schnell und ohne große Probleme auf neue Situationen und Herausforderungen einzustellen.

Anpassungsfähigkeit im Beruf bedeutet, dass vormals ausgeübte Verhaltensmuster bei Bedarf abgeändert und neu ausgerichtet werden. Ein starres Verhalten gibt es nicht, sondern gehandelt wird ganz nach Bedarf in der aktuellen Situation.

Das bedeutet, dass anpassungsfähige Personen flexibel handeln und bereit zu Veränderungen sein müssen.

Anpassungsfähigkeit und Flexibilität können sich entweder auf organisatorische Gegebenheiten, Arbeitsabläufe und die innere Einstellung beziehen, es kann aber auch die räumliche Flexibilität, also die Bereitschaft des Mitarbeiters, beim Kunden vor Ort, an einem anderen Einsatzort oder sogar im Ausland gemeint sein.

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Kann zu viel Anpassungsfähigkeit die Mitarbeiter überfordern?

Ständige Erreichbarkeit, wechselnde Anforderungen, rasche (technische) Entwicklungen und Multitasking sind nur einige Dinge, die mit der Anpassungsfähigkeit in Verbindung stehen.

Wer sich jedoch ständig wandeln muss, hat kaum Anhaltspunkte, an denen er sich langfristig orientieren kann. Das kann zu Stress führen und sogar langfristig krank machen. Der gefürchtete Burnout ist nur eine Erscheinungsform.

Gleichzeitig suchen Arbeitgeber nach Mitarbeitern, die sich loyal verhalten und langfristig ans Unternehmen binden möchten. Arbeitszeiten, interne Abläufe, soziale Gepflogenheiten mit den Kollegen und nicht zuletzt auch der Dressocde sollen befolgt und eingehalten werden.

Dieses Wechselspiel aus größtmöglicher Flexibilität auf der einen und Beständigkeit auf der anderen Seiten kann Mitarbeiter überfordern – muss es aber nicht.

Angepasstheit und Konformität: Wie hängen beide zusammen?

Die Neigung, sich anzupassen, ist bei jedem von uns sehr ausgeprägt. Auch bei denjenigen, die sich für äußerst individuell und nonkonformistisch einschätzen.

Der Grund liegt in der Stammesgeschichte: Wer nicht in die Peer-Group passt, wird rausgeschmissen und muss im schlimmsten Fall den Hungertod sterben. Zum Jagen eines Mammuts braucht es nämlich mehrere Leute.

Unser Drang, uns in eine Gruppe zu integrieren und damit auch die Anpassungsfähigkeit ist also tief in uns verwurzelt und sicherte uns früher das Überleben.

Heute ist es nicht mehr ganz so kritisch, sich angepasst zu verhalten, nützlich ist es aber allemal – und das vor allem auch im Hinblick auf die Karriere.

Auch einige Experimente zur Konformität von Sozialpsychologen bestätigen unseren Drang nach Angepasstheit. In der wissenschaftlichen Literatur wird dieses Phänomen als Konformitätsdruck bezeichnet.

Berühmt geworden ist in diesem Zusammenhang das sogenannte Ash-Experiment, das der gleichnamige US-amerikanische Psychologe bereits 1951 durchführte.

Die Versuchsanordnung dabei war die folgende: Gezeigt wurden insgesamt vier Linien. Die drei Linien A, B und C waren unterschiedlich lang. Die vierte Linie, X, war so lang wie eine zuvor gezeigte Linie. Mit welcher sie übereinstimmte, sollten die Versuchspersonen herausfinden.

Klingt nach einer einfachen Aufgabe und trotzdem scheiterten viele Teilnehmer des Experiments daran. Sie ließen sich in ihrer Antwort nämlich davon beeinflussen, was die Teilnehmer vor ihnen geantwortet hatten. Und das ging so:

Die eigentliche Versuchsperson betrat einen Raum, in dem schon ein kleine Gruppe anderer angeblicher Versuchspersonen wartete. Jedoch war die Gruppe in das Experiment eingeweiht und antwortete so, wie vorher mit Ash abgesprochen.

Wenn die Eingeweihten so antworteten, wie sie es für richtig hielten, also keine manipulierte Antwort, sondern ihre tatsächliche Meinung äußerten, lagen auch die Versuchspersonen deutlich häufiger richtig in ihrer Einschätzung.

Stimmte die eingeweihte Gruppe jedoch falsch ab, ließ sich die Versuchsperson davon beeinflussen und gab die falsche Antwort. Häufig auch dann, wenn sie sichtbar Zweifel an ihrer Antwort hatte. Drei Viertel der Versuchspersonen verhielten sich mindestens ein Mal so.

Der Grund: Die Gruppendynamik, genauer gesagt, der Majoritätsdruck. Der ist das Gegenstück zum Autoritätsdruck, bei dem sich ein Individuum aus Angst oder Druck an die Meinung einer Autorität (in der Regel Vorgesetzte) anpasst.

Das Ash-Experiment bestätigt damit die Vermutung: Wir möchten zu einer sozialen Gruppe dazugehören und sind bereit, dafür einiges zu tun. Darauf deutet auch ein zweites Ergebnis des Experiments hin: Wenn die Versuchsperson ihre eigene Meinung auf ein Blatt Papier notieren durfte, also nicht befürchten musste, von der Gruppe geächtet zu werden, ließen sich bis zu zwei Drittel der Versuchspersonen weniger von der Meinung der anderen Teilnehmer beeinflussen.

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Behindert zu viel Angepasstsein die Individualität?

Stellt sich die Frage, ob zu viel Anpassungsfähigkeit und Angepasstsein die Individualität blockiert und den Einzelnen in seinen ganz eigenen Entfaltungsmöglichkeiten einschränkt.

Anpassungsfähigkeit in Unternehmen wird vorausgesetzt: Firmen stellen eher Mitarbeiter ein, die so sind, wie die bereits vorhandene Belegschaft. Auf der einen Seite ist das nachvollziehbar, da es so zu weniger Anpassungsschwierigkeiten des neuen Mitarbeiters kommen wird.

Auf der anderen Seite könnten so aber auch Innovationen behindert werden. Wenn alle Mitarbeiter die gleiche Meinung haben, wird es schwierig mit neuen und innovativen Ideen.

Zu viel Angepasstheit an die restliche Gruppe, kann aber auch zu Problemen führen. Diese Phänomen ist auch unter dem Namen Groupthink bekannt, dem Gegenteil der vielbeschworenen Schwarmintelligenz.

Den Begriff des Groupthink, des Gruppendenken, macht der Psychologe Irving Lester Janis in den 1970er Jahren bekannt. Seine Einsicht: Die einhellige Gruppenmeinung muss nicht immer die beste sein. Im Gegenteil, sie kann auch gute Ideen verhindern und berechtigte Bedenken erst gar nicht aufkommen lassen. Die berühmte Betriebsblindheit greift dann um sich.

Dabei kann das Spiel mit der Anpassungsfähigkeit neue, wertvolle Anregungen für die gesamte Gruppe bringen. In der Projektphase können ein oder mehrere Mitarbeiter absichtlich eine konträre Meinung zum Gruppenkonsens vertreten. Der oder die Mitarbeiter riskieren durch die absichtliche Zuteilung der Rolle des advocatus diaboli nicht ihren Platz in der Gruppe und können aus dieser sicheren Stellung heraus neue Anregungen liefern.

Eine andere Möglichkeit ist das sogenannte Diversity Management. Bei dem die Vielfalt im Unternehmen gewinnbringend genutzt werden will. Dazu werden die Verschiedenheiten der einzelnen Mitarbeiter identifiziert und zum größtmöglichen Nutzen aller eingesetzt.

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Die Vorteile der Anpassungsfähigkeit

Anpassungsfähigkeit hat also auch ihre Vorteile. Zu diesem Ergebnis kommt auch Cort Rudolph und sein Forscherteam von der Saint-Louis Universität in den USA. In einer großen Metastudie haben sie die Daten verschiedener Einzelstudien zum Thema Anpassungsfähigkeit verglichen und ausgewertet.

Das Ergebnis: Menschen, die über eine ausgeprägte Anpassungsfähigkeit verfügen, scheinen in der Regel auch über ein heiteres Gemüt zu verfügen. Laut Rudolph korrelieren die Eigenschaften Anpassungsfähigkeit und Optimismus miteinander. Anders ausgedrückt: Je anpassungsfähiger jemand ist, umso glücklicher und zufriedener scheint er zu sein.

Mit der Anpassungsfähigkeit gehen noch weitere Eigenschaften einher, die uns im Beruf voranbringen können:

  • Gewissenhaftigkeit
  • Offenheit
  • Verträglichkeit
  • Sorgfältigkeit
  • Wissbegierigkeit
  • Geselligkeit
  • proaktives Handeln

Natürlich sind diese Eigenschaften nicht bei allen Menschen gleichermaßen ausgeprägt. Es zeigte sich jedoch, dass anpassungsfähige Menschen eher über diese Charakterzüge verfügen als Menschen, die Probleme haben, sich anzupassen.

Mit der Anpassungsfähigkeit verhält es sich also so wie mit vielen anderen Dingen im Leben auch: Der gesunde Mittelweg macht’s. Oder wie Paracelsus es so schön ausdrückte: Nur die Dosis macht das Gift.

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[Bildnachweis: sirtravelalot by Shutterstock.com]

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