Offenheit im Job: Bitte weniger preisgeben

Mit Bekenntnissen ist es wie mit der Medizin: Die Dosis macht das Gift. Ein bisschen Offenheit im Job, etwas Freimut und Mitteilsamkeit, ein gesundes Maß an gegenseitigem Vertrauen ist eine feine Sache. Das verbessert das Betriebsklima und – glaubt man Studien – kann sogar die Produktivität steigern. Zu viel Enthüllung aber, und die Leute sehen nur noch einen nackten Kaiser. Wie viel Offenheit im Job ist also tatsächlich sinnvoll?

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Bekenntnisse im Job: Das war jetzt mehr als ich wissen wollte

Neulich kam er grad frisch von der OP. Künstlicher Darmausgang. Na schönen Dank – mein Hunger war passé! Er hörte nicht auf und ging mehr ins Detail. Ihm ist es wohl egal, ob ichs hören will. Ich wünschte mir ein Beil… Das sind Dinge, von denen ich gar nichts wissen will. Lass mich doch in Ruh. Und texte mich nicht zu. Das sind Dinge von denen ich keine Ahnung haben will. Behalt den Kram für dich. Es interessiert mich nicht!

Die zynischen Zeilen texteten einst „Die Ärzte“. Der Song illustriert zugleich pointiert eine berufliche Gefahr, die viele Menschen unterschätzen – allen voran Berufseinsteiger und Extrovertierte: zu viel Offenheit im Büro (siehe: Oversharing).

Too much information!

Entziehen kann man sich dem Dilemma nicht. Offenheit – in Maßen – wird heute in nahezu jedem Unternehmen stillschweigend erwartet. Wer mit den Kollegen Mittagessen geht, zwischendurch einen Kaffee oder abends mal ein Bier zusammen trinkt, kann nicht nur über die Firma quatschen. So jemand gilt schnell als Langeweiler oder Workaholic.

Also muss man ab und an ein paar persönliche Offenbarungen zum Besten geben. Nicht ungefährlich! Hat man einmal sein Herz und seine wahren Gedanken über den Boss, einen Kollegen, den Partner daheim oder gar seine sexuellen Eroberungen ausgebreitet und preisgegeben, lässt sich das nicht mehr zurücknehmen. Hat man sich obendrein dem Falschen anvertraut, spricht sich das Geständnis auch noch in Windeseile herum.

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Es entzieht sich unserer Kontrolle, wo diese Informationen landen, wie sie dort aufgenommen werden und ob sie uns irgendwann um die Ohren fliegen. So mancher hat sich hierbei schon um Kopf und Karriere gequasselt.

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Wer sollte besonders vorsichtig sein?

Ein falsches Wort kann jedem mal über die Lippen kommen. Besonders wenn Stress oder Jobfrust hinzukommen, lassen sich viele zu Aussagen hinreißen, die sie nach kurzer Zeit bereits wieder bereuen und zurücknehmen wollen. Einige Kollegen sind allerdings anfälliger, sich in Gespräche über die falschen Themen zu verstricken. Dazu gehören zum Beispiel:

Neue Kollegen

Wer als junger und neuer Kollege in ein bereits bestehendes Team kommt, sucht gerne das Gespräch, um die anderen kennenzulernen, sich vorzustellen und erste Kontakte zu knüpfen. Die vielen Gespräche bieten aber auch viele Gelegenheiten, in die verschiedensten Fettnäpfchen zu treten.

Extrovertierte Kollegen

Von Natur aus suchen Extrovertierte den Kontakt zu ihrer Umwelt und kommen dabei entstehen natürlich auch schnell Gespräche. Auch wenn extrovertierte Kollegen gerne von sich erzählen, sollten Sie im Büro vorsichtig sein und nicht zu viel Privates preisgeben.

Befreundete Kollegen

Am Arbeitsplatz bilden sich schnell Freundschaften (sogenannte „Frollegen„), schließlich verbringt man viel Zeit miteinander. Das größere Vertrauen erhöht aber auch die Chance, sich zu verquatschen und vielleicht etwas zu erzählen, was besser privat geblieben wäre.

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Offenheit ist ein Karrierekiller

Das Schlimme daran ist nicht einmal das Verbreiten der Beichte – es ist ihre Bewertung: Egal, welche Rolle Sie in Ihrer Geschichte spielen (Held, Opfer, Witzbold) – entscheidend ist, was beim anderen ankommt.

Vielleicht halten Sie sich für unschuldig oder ungerecht behandelt. Womöglich haben Sie Großartiges geleistet, den Laden oder eine wunderschöne Frau aus einem flammenden Inferno gerettet… Das Alles ist aber nichts weiter als heiße Luft, wenn Ihr Zuhörer dieselbe Geschichte ganz anders bewertet. Womöglich kommt ihm Ihre Heldentat wie ein Sturm im Wasserglas vor. Dann stehen sie da wie ein Prahlhans und Hundertsassa.

Entscheidend ist, was bei den anderen ankommt

Dummerweise wird der Kollege nur diese Version erinnern und weitersagen. Genauso ist es mit dem, was zwischen den Zeilen steckt: Sie erzählen freimütig vom letzten Streit mit Ihrem Partner, geben ein paar Frustkäufe zum Besten und gestehen Ihre Unzufriedenheit über Fettpölsterchen und erste Bindegewebsschwächen… Was bei den anderen aber ankommt, ist: „Die ist nicht belastbar und hat ihr Leben nicht im Griff.“

Die nächste Beförderung rückt in weite Ferne. Dumm gelaufen. Klatsch und Tratsch im Übermaß ist ein Karrierekiller, kein Blatt vor den Mund zu nehmen aber auch: So formieren sich leicht Zweifel am Charakter oder an der Leistungskraft.

Kann die Information auch mal gegen Sie verwendet werden?

Zudem können selbst die dicksten Bürofreundschaften eines Tages ins Gegenteil kippen: Ein heftiger Streit, etwas verletzte Eitelkeit und leichte Rachegelüste – und Sie müssen damit rechnen, dass das Anvertraute nun gegen Sie verwendet wird, Motto: „Hättest du gedacht, dass der Schulze seine Frau betrügt und heimlich Kopierpapier mitgehen lässt?!“

Überlegen Sie sich also genau, wie tief Sie sich in die Karten schauen lassen wollen, was Sie unter Kollegen offenbaren und wie es auf diese wirken könnte, denn es prägt Ihren Ruf nachhaltig. Oder anders formuliert: Wer bei allem offen ist, kann nicht mehr ganz dicht sein.

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Zu viel Offenheit: Diese Dinge sollten Sie für sich behalten

Gegen Smalltalk auf der Arbeit ist nichts zu sagen. Ganz im Gegenteil: Eine freundliche Unterhaltung hebt die Stimmung und trägt dazu bei, dass Arbeitnehmer sich wohler fühlen. Das entscheidende Kriterium hierfür ist das Thema des Gesprächs.

Wer seinem Gesprächspartner zu nahe tritt oder Informationen preisgibt, die er besser für sich behalten hätte, kann für eine handfeste Diskussion sorgen oder im schlimmsten Fall sogar den eigenen Job gefährden. Damit Ihnen so etwas nicht passieren kann, sollten Sie diese Dinge besser für sich behalten:

🤫 Ihren Hass auf den Job

Die Überstunden häufen sich, Ihr Schreibtisch quillt vor Arbeit über und am liebsten würden Sie auf der Stelle alles hinschmeißen? Sollten diese Gefühle und Gedanken dauerhaft sein, sollten Sie ernsthaft über einen Jobwechsel nachdenken – aber nicht laut. Das ist ein Thema exklusiv für gute Freunde und Familie, nicht für Kollegen, die im Zweifelsfall eher Teil des Problems, als Teil der Lösung sind. Auch wollen Sie nicht, dass Ihr Chef von diesen Plänen erfährt, bis Sie sich entschieden haben.

🤫 Die Höhe des Gehalts

In Deutschland ist Geld weiterhin ein heikles Thema. Das eigene Gehalt sollte daher nur für die eigenen vier Wände oder eine Verhandlung mit dem Vorgesetzten bestimmt sein. In jeder anderen Situation kann es zu Unmut und Diskussionen kommen, denn es gibt in der Regel nur zwei mögliche Szenarien: Sie verdienen mehr als Ihr Kollege oder Ihr Kollege verdient mehr als Sie. In beiden Situationen fühlt sich ein Gesprächspartner ungerecht behandelt. Auch entsteht leicht der Eindruck, Sie würden vor Ihren Kollegen angeben wollen, wenn Sie über Ihr Gehalt sprechen.

🤫 Ihre Meinung über den Chef

Mit einer Entscheidung oder dem Verhalten des Chefs im letzten Meeting nicht einverstanden zu sein, kann in jedem Unternehmen vorkommen. Diese Kritik am Chef können Sie in einem Gespräch unter vier Augen möglicherweise auch ansprechen. Es ist aber eine schlechte Idee, seine schlechte Meinung über den Chef gegenüber einer dritten Person auszubreiten. Sie können nie sicher sein, welche Informationen davon auf Umwegen beim Vorgesetzten landen und welchen Eindruck dieser dadurch von Ihnen erhält.

🤫 Lästereien gegenüber anderen Kollegen

Nicht nur mit Ihrer Meinung zum Chef sollten Sie vorsichtig sein. Auch wer sich am allgemeinen Flurfunk beteiligt, stellt sich eher in ein schlechtes Licht. Wer Gerüchte – ungeprüfte vor allem – nur allzu leichtfertig weitergibt, gilt schnell als verortete undichte Stelle. Im schlimmsten Fall könnten Sie sogar wegen Mobbings oder Verleumdung zur Rechenschaft gezogen werden.

🤫 Schlechte Witze auf Kosten anderer

Humor kann der Arbeitsatmosphäre durchaus zuträglich sein. Allerdings nicht, wenn Scherze auf Kosten anderer Kollegen gemacht werden. Manch einer mag es witzig finden, dem Kollegen einen Streich zu spielen oder der blonden Kollegin jeden Tag einen neuen Blondinen-Witz zu erzählen. Die betroffenen Personen finden das aber überhaupt nicht lustig. Grundsätzlich gilt: Erzählen Sie nur neutrale Witze – oder lachen Sie über sich selbst.

🤫 Geheimnisse aus Ihrem Liebesleben

Sie haben für das kommende Wochenende die Honeymoon-Suite gebucht und zwei Flaschen Champagner samt Erdbeeren bestellt? Das ist sicher romantisch. Aber was jetzt im Kopfkino der Kollegen passiert, ist weniger das professionelle Image, das Sie sonst pflegen. Dosiert, mag das eine schöne Geschichte sein. Zu viel davon – und Sie wirken wie ein Freizeit-Casanova.

🤫 Detaillierte Krankheitsgeschichten

Die schlimme und besonders hartnäckige Erkältung letzten Winter oder der Hautausschlag nach dem Sommer? Diese Themen sind nicht nur unappetitlich, sie sind für Ihre Kollegen in den meisten Fällen auch vollkommen uninteressant. Der einzige Eindruck, der so entsteht, ist, dass Sie gerne jammern. Fragen Sie sich stattdessen, was Ihr Kollege auf derlei Krankheitsgeschichten antworten könnte: eben – nichts. Auch Vorgesetzte sind selten von dauerkranken Mitarbeitern begeistert.

🤫 Religiöse oder politische Ansichten

Viele Menschen rühmen sich mit Toleranz. Das ist eine gute Sache. Trotzdem zählen sowohl Politik als auch Religion zu den meist umstrittenen Themen – auch am Arbeitsplatz. Oft prallen hier tiefe Überzeugungen und verhärtete Fronten aufeinander. Da ist Streit programmiert. Fragen Sie sich also vorher, ob es überhaupt Sinn hat, mit einem Kollegen darüber zu diskutieren. Sollte das Thema dennoch aufkommen, ist es legitim, sich freundlich zu entschuldigen und zu erklären, dass Sie das für ein heikles Gesprächsthema halten und sich deshalb ausklinken.

🤫 Informationen eines anderen Kollegen

Ihr Kollege hat Ihnen etwas anvertraut, beispielsweise dass er sich für eine Beförderung interessiert? Dann sollte dieses Geheimnis bei Ihnen sicher sein. Auch wenn andere mit diesen Informationen hausieren gehen, sollten Ihre Kollegen wissen, dass man Ihnen vertrauen kann. Manchmal ist das ein Test. Und kommt heraus, dass Sie Dinge, die man Ihnen im Vertrauen gesagt hat, herumtratschen, verlieren Sie womöglich das Vertrauen des gesamten Teams.

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Haben Sie keine Angst, Grenzen zu setzen

Ist es erlaubt, dem Kollegen zu sagen, dass einige Themen tabu sind? – Diese Frage stellen sich Arbeitnehmer immer wieder. Man möchte nicht unfreundlich wirken oder den Kollegen vor den Kopf stoßen, wenn man ihm zu verstehen gibt, dass man lieber nichts von seiner Ehekrise wissen möchte.

Grenzen sind aber völlig in Ordnung und zum Teil sogar notwendig. Offenheit im Job ist keine Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit oder ein positives Betriebsklima. Vielmehr kann zu viel Offenheit genau diesem sogar im Weg stehen.

Unverfängliche Themen

Entwickelt sich ein Gespräch in eine Richtung, die Ihnen unangenehm ist, geben Sie selbstbewusst zu, dass Sie über ein bestimmtes Thema nicht sprechen wollen und bitten um Verständnis. Tun Sie dies freundlich, aber bestimmt, verlieren Sie keine Sympathiepunkte, sondern zeigen Ihre Souveränität.

Die meisten Gespräche entwickeln sich von ganz allein, nachdem Sie einmal den ersten Schritt gemacht haben. Sollten Sie dennoch nach einem geeigneten Einstieg suchen, können Sie mit diesen Themen nichts verkehrt machen:

  • Kleidung

    Mit einem Kompliment über die Kleidung Ihres Gesprächspartners lässt sich das Eis meistens schnell brechen (nur bitte nichts Anzügliches!). Sie vermitteln eine positive Einstellung, Ihr Gegenüber fühlt sich geschmeichelt und schon kommen Sie ins Gespräch. Dabei gilt aber: Nicht übertreiben oder schleimen, sondern ein ehrliches Kompliment machen.

  • Wetter

    Für viele das beliebteste Smalltalk-Thema. Eine positive Bemerkung über das Wetter, dass endlich mehr Sonnenschein als Regen zu bieten hat, ist ein schöner Gesprächseinstieg für fast alle Situationen. Dabei sollten Sie sich aber wirklich auf positives konzentrieren. Über das Wetter zu meckern führt nur zu schlechter Stimmung.

  • Kennenlernen

    Besonders gut geeignet für Kollegen, die Sie noch nicht (oder nicht gut) kennen, ist eine nette Vorstellung. Beginnen Sie zum Beispiel mit einem „Ich glaube wir wurden einander noch gar nicht richtig vorgestellt“. So können Sie Smalltalk betreiben und gleichzeitig neue Kontakte knüpfen.


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