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Arbeitgeber insolvent: Was Arbeitnehmer jetzt tun können

Es ist eine Situation, in der sich kein Angestellter befinden möchte, die aber leider immer wieder Realität wird: Sie erfahren, dass Ihr Arbeitgeber insolvent ist und dieser Insolvenz bereits offiziell angemeldet hat oder kurz davor steht. Vorher gab es erste Anzeichen, Gerüchte im Job oder – bei großen Unternehmen – vielleicht Nachrichten über eine Krise. Mit der Gewissheit, dass der Arbeitgeber insolvent ist, trifft die Unsicherheit viele Angestellte wie ein Schlag. Plötzlich stehen große Veränderungen an und damit viele Fragen im Raum: Wie geht es weiter? Was muss ich tun? Welche Rechte und Pflichten habe ich? Welche Ansprüche habe ich gegenüber einem insolventen Arbeitgeber? Wir beantworten die wichtigsten und häufigsten Fragen zur Arbeitgeberinsolvenz…



Arbeitgeber insolvent: Was Arbeitnehmer jetzt tun können

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Arbeitgeber insolvent: Was heißt das überhaupt?

Dass ein Unternehmen Insolvenz anmeldet, kennen die meisten Arbeitgeber nur aus den Nachrichten, wenn ein größerer Konzern oder ein namhafter Arbeitgeber insolvent wird. So ist es beispielsweise aktuell bei der Fluggesellschaft Germania, die aus den finanziellen Schwierigkeiten nicht mehr hinaus gekommen ist und nun ein Insolvenzverfahren einleitet.

Kaum jemand glaubt, dass er selbst von einer Arbeitgeberinsolvenz betroffen sein könnte, bis der Ernstfall tatsächlich eintritt. Die erste Frage vieler Angestellter lautet deshalb: Was heißt es überhaupt, wenn der Arbeitgeber insolvent ist?

Kurz gesagt bedeutet eine Insolvenz des Arbeitgebers, dass dieser zahlungsunfähig ist, also nicht mehr über die finanziellen Möglichkeiten verfügt, um den Verpflichtungen nachzukommen. Dazu zählen natürlich die Gehälter für Mitarbeiter, aber auch viele weitere Kostenfaktoren wie Miete, Rechnungen von Lieferanten oder laufende Unternehmenskosten. Ein Insolvenzverfahren zur Abwicklung kann eröffnet werden, wenn die Zahlungsunfähigkeit bereits eingetreten ist oder ein Unternehmen akut davon bedroht ist.

Ist dieser Punkt erreicht, stellen sich für Arbeitnehmer eine Reihe von Fragen. Diese haben wir für Sie in unserem FAQ zur Arbeitgeberinsolvenz aufgelistet und beantwortet.

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Fragen und Antworten: Was tun, wenn der Arbeitgeber insolvent ist?

  • Muss der Arbeitgeber über die Insolvenz informieren?

    Die Insolvenz eines Arbeitgebers kann niemals heimlich vonstatten gehen oder durchgeführt werden. Kommt es zu dem kritischen Punkt, an dem die Zahlungsfähigkeit nicht mehr aufrecht erhalten werden kann und ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, hat das Unternehmen eine Informationspflicht gegenüber der gesamten Belegschaft. Wird der Arbeitgeber insolvent, muss er sofort nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens alle Mitarbeiter davon in Kenntnis setzen.

    Dabei gibt es je nach Unternehmensgröße und -struktur zwei Möglichkeiten: Gibt es einen Betriebsrat, kann dieser über die Insolvenz informiert werden. Gibt es einen solchen nicht, sind alle Arbeitnehmer über die Insolvenz zu informieren.

  • Werden Arbeitnehmer durch die Insolvenz gekündigt?

    Hier lautet die Antwort zunächst einmal: Nein, wenn Ihr Arbeitgeber insolvent ist, werden Sie nicht automatisch gekündigt und auch Ihr Arbeitsverhältnis hat zunächst weiterhin Bestand. Wichtig ist auch, dass die Insolvenz selbst kein legitimer Kündigungsgrund ist. Aufgrund eines laufenden Insolvenzverfahrens verlieren Sie Ihre Anstellung somit nicht – zumindest vorerst.

    In der Praxis geht mit der Insolvenz häufig die gänzliche Stilllegung eines Unternehmens oder zumindest eines Teils des Betriebs einher. Dies kann dann möglicherweise eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen, wenn einige Voraussetzungen erfüllt werden. Beispielsweise darf es keinen anderen, freien Arbeitsplatz geben, auf den Sie versetzt werden könnten.

    Lesen Sie dazu auch:

    Betriebsbedingte Kündigung: Gründe und Reaktion

  • Wie lang ist die Kündigungsfrist im Falle einer Insolvenz?

    Bis zum Eintreten der Insolvenz gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen oder (falls rechtmäßig) die individuellen Vereinbarungen zwischen Mitarbeiter und Unternehmen. Wird der Arbeitgeber insolvent, greift jedoch ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine besondere Regelung, die mögliche längere Kündigungsfristen ersetzt.

    Festgehalten wird diese gesonderte Kündigungsfrist in § 113 der Insolvenzordnung (InsO). Dort heißt es: Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist – wird also beispielsweise im Arbeitsvertrag eine Frist von weniger als drei Monaten vereinbart, greift diese weiterhin. Längere Fristen werden jedoch auf drei Monate verkürzt.

    Lesen Sie dazu auch:

    Kündigungsfristen: Beispiele, Informationen, Tipps

  • Muss ich bei einer Insolvenz weiterhin arbeiten?

    Wer glaubt, dass er ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nicht mehr zur Arbeit gehen muss, irrt sich. Wie bereits erläutert, bleibt das Arbeitsverhältnis zunächst weiterhin bestehen. Somit sind Sie sogar verpflichtet, weiterhin Ihrer Arbeit nachzukommen, da der Arbeitsvertrag und die darin getroffenen Vereinbarungen noch gültig sind. Erst wenn Sie offiziell von Ihrer Tätigkeit freigestellt sind, ändert sich dies.

    Auf der anderen Seite ist es nicht nur eine Pflicht, sondern auch Ihr gutes Recht, weiter beschäftigt zu werden, wenn Ihr Arbeitgeber insolvent ist. Während Ihr Arbeitsverhältnis weiter läuft, steht Ihnen schließlich auch weiterhin ein Gehalt zu. So erwerben Sie Ansprüche gegen den insolventen Arbeitgeber, die Sie (unter gewissen Umständen) einfordern können.

  • Was soll ich tun, wenn der Arbeitgeber kein Gehalt zahlt?

    Die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers bedeutet meist, dass auch die Gehälter von Mitarbeitern nicht mehr (oder zumindest nicht mehr vollständig) ausgezahlt werden können. Einen Anspruch auf Ihre Vergütung haben Sie, allerdings hängt es vom Einzelfall ab, ob und in welcher Höhe dieser vergolten werden kann.

    Dabei gilt grundsätzlich: Auch wenn Sie von der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens wissen und Ihnen klar ist, dass der insolvente Arbeitgeber keine Gehälter bezahlen kann, sollten Sie trotzdem schriftlich zur Zahlung auffordern und auf Ihre Ansprüche hinweisen. Wichtig ist zudem die Unterscheidung, wann Ihre Zahlungsansprüche gegenüber dem Arbeitgeber entstanden sind.

    • Forderungen vor Beginn des Insolvenzverfahrens: Konnte der Betrieb bereits vor Einleitung des Insolvenzverfahren die Gehälter nicht mehr zahlen, müssen Sie diese beim Insolvenzverwalter anmelden. Dafür gibt es vom Insolvenzverwalter in der Regel ein Formular, dass Sie ausfüllen müssen. Tun Sie dies so schnell wie möglich, da es eine Frist für die Anmeldung ausstehender Forderungen gibt.

      Leider dürfen Sie in diesem Fall nicht allzu schnell mit einer Zahlung rechnen. Solche Insolvenzforderungen, die vor dem Beginn des Verfahrens entstanden sind, werden erst zum Abschluss des Insolvenzverfahrens beglichen – und auch dann nicht vollständig, sondern nur zu einem gewissen, der während der Abwicklung bestimmt wird.

    • Forderungen nach Beginn des Insolvenzverfahrens: Die Ansprüche, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch das bestehende Arbeitsverhältnis entstehen, werden vom Insolvenzverwalter an die Mitarbeiter ausgezahlt. Sollte dies nicht der Fall sein, ist dieser unverzüglich zu kontaktieren und zur Zahlung aufzufordern. Es obliegt seiner Verantwortung, den Zahlungsverpflichtungen solcher Ansprüche – soweit möglich – nachzukommen.

      Allerdings kann der Fall eintreten, dass im Insolvenzverfahren nicht genügend Zahlungsmittel vorhanden sind, um die entstehenden Ansprüche zu decken.

  • Was ist das sogenannte Insolvenzgeld?

    Als Insolvenzgeld wird eine Leistung bezeichnet, die Sie bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen können. Um den Zahlungsausfall durch den Arbeitgeber auszugleichen, wird Mitarbeitern das Insolvenzgeld zur Verfügung gestellt, damit diese nicht sofort in finanzielle Schwierigkeiten rutschen.

    Innerhalb von zwei Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens können Sie das Insolvenzgeld bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen, dafür erhalten Sie vor Ort entsprechende Vordrucke, die Sie ausfüllen können. Informieren Sie sich vorher telefonisch, welche Unterlagen und Dokumente Sie benötigen und mitbringen sollten.

    Bei einem erfolgreichen Antrag können Sie durch das Insolvenzgeld die noch ausstehende Vergütung von bis zu drei Monaten vor der Insolvenzeröffnung erhalten.

  • Was passiert mit anderen Ansprüchen gegenüber dem Arbeitgeber?

    Neben den Gehaltsforderungen haben Mitarbeiter weitere Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber. Dies gilt beispielsweise für noch ausstehende Urlaubstage. Während der Insolvenz können Sie grundsätzlich Urlaub beantragen oder auch bereits eingereichten Urlaub nehmen. Sollten Sie aufgrund der Zahlungsunfähigkeit noch ausstehende Urlaubstage nicht nehmen können, haben Sie einen entsprechenden Anspruch auf Ausgleichszahlungen – all dies regelt auch hier der Insolvenzverwalter, der in allen Fragen und Punkten Ansprechpartner ist.

    Auch die Ansprüche aus einer betrieblichen Altersvorsorge bleiben bestehen, wenn ein Arbeitgeber insolvent wird. Hierfür ist der Pensions-Sicherungs-Verein zuständig, dessen Aufgabe es ist, die betriebliche Altersvorsorge im Insolvenzfall aufrecht zu erhalten.

    Neben finanziellen Ansprüchen sollten Arbeitnehmer nicht vergessen, dass ein Anspruch auf die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses besteht. Dies kann für den weiteren beruflichen Weg ein wichtiges Dokument sein.

    Lesen Sie dazu auch:

    Arbeitszeugnis: Anspruch, Urteile, Muster

  • Bedeutet die Insolvenz das Ende des Unternehmens?

    Ist ein Arbeitgeber insolvent, wird dies oftmals mit dem Ende des Unternehmens gleichgesetzt. Zu Unrecht! Ziel eines Insolvenzverfahrens ist anfangs immer auch eine mögliche Sanierung und die Prüfung verschiedener Optionen und Wege, um die Zahlungsunfähigkeit zu überwinden. Dafür können beispielsweise Gespräche mit Gläubigern geführt werden, um die Zahlungsverpflichtungen zu reduzieren, denkbar ist auch eine strategische Neuorientierung, beispielsweise durch die Abspaltung von einzelnen Betriebsteilen.

    Außerdem besteht die Möglichkeit, dass der Betrieb von einem Käufer und Investor übernommen wird. Dies wird als Betriebsübergang bezeichnet, wobei alle bestehenden Arbeitsverhältnisse übernommen werden und weiterlaufen. Sollte also während der Insolvenz ein Großinvestor Ihren Arbeitgeber übernehmen, ändert dies zunächst nichts am Status Ihres Arbeitsverhältnisses.

[Bildnachweis: Germania]

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