Barrierefreiheit: Was ist das? Bedeutung + Beispiele

Barrierefreiheit am Arbeitsplatz kommt allen zugute. Entsprechend gestaltete Arbeitsmittel und Räumlichkeiten tragen zur Gesundheitsprävention bei. Dennoch scheuen sich etliche Unternehmen, barrierefrei zu gestalten. Gründe sind oft Vorbehalte gegenüber Arbeitnehmern mit Behinderung, aber auch Unwissen bezüglich der Fördermöglichkeiten. Aber Barrieren gibt es in vielerlei Hinsicht, beispielsweise bei Websites. Was Barrierefreiheit bedeutet, Beispiele für barrierefreie Arbeitsplätze und wie Arbeitgeber sie umsetzen können…

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Definition: Was ist Barrierefreiheit?

Barrierefreiheit ist die Abwesenheit von Barrieren, also Hindernissen. Diese schränken Menschen in ihrer Freiheit ein, besonders solche mit Behinderung. Verschiedene Organisationen und Verbände haben sich zur Aufgabe gemacht, solche Barrieren abzuschaffen. Barrierefreiheit soll gewährleisten, dass sämtliche Bereiche des alltäglichen Lebens Menschen zugänglich und für sie benutzbar sind.

Verändert hat sich auch der Fokus: Früher ging es um die „behindertengerechte“ Gestaltung solcher Bereiche, heutzutage will man die Bedürfnisse aller Menschen gleichberechtigt berücksichtigen. Das schließt nicht nur Menschen mit verschiedenen Behinderungen, sondern auch Menschen unterschiedlichen Alters, mit Seh- oder Gleichgewichtsstörungen, mit Kinderwagen, im Rollstuhl oder mit Rollator ein.

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Barrierefreiheit: Beispiele am Arbeitsplatz

Um einen barrierefreien Arbeitsplatz zu ermöglichen, sind die Mittel individuell auf die Bedürfnisse der Betroffenen zuzuschneiden. Für jede Einschränkung gibt es passende Hilfsmöglichkeiten, hier einige Beispiele:

Hörbehinderung

Arbeit in einem schallisolierten Raum statt in einem Großraumbüro. Der Vorteil liegt darin, dass es keine ablenkenden Geräusche gibt und bessere Konzentration auf die Arbeit ermöglichst wird. Der Einsatz von Bild- und Schreibtelefonen oder Lichtsignalanlagen an Maschinen. Eine weitere Möglichkeit der persönlichen Ausgestaltung von Barrierefreiheit sind Arbeitsassistenten oder Gebärdendolmetscher.

Körperbehinderung

Beispielsweise lässt sich ein Arbeitsplatz so umbauen, dass ein handamputierter Mensch im Einhandbetrieb arbeiten kann. Rampen und Fahrstühle erleichtern gehbehinderten Menschen den Zugang zum Arbeitsplatz.

Sehbehinderung

Eine gute Beleuchtung und Belichtung ist für sehbehinderte Menschen Voraussetzung, da sie häufig nur starke Konturen und Kontraste wahrnehmen können. Ein Großbildmonitor oder eine extra große Tastatur am Computer erleichtern die Arbeit im Büro. Des Weiteren brauchen Sehbehinderte oft Vergrößerungshilfen. Hier sind (beleuchtete) Lupen denkbar.

Blindheit

Die Ausrüstung eines Computerarbeitsplatzes mit einer Braillezeile ist für blinde Menschen von Bedeutung. Blinde orientieren sich ausschließlich an ertastbaren oder akustischen Informationen. Visuelle Informationen lassen sich durch haptische oder hörbare Informationen ergänzen.

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Barrierefreiheit im Internet

Barrierefreiheit im Internet ermöglicht denjenigen soziale Teilhabe, die nicht uneingeschränkt mobil sind. Das hilft Menschen mit körperlichen Behinderungen, aber auch älteren Menschen. Die haben besondere Anforderungen an Soft- und Hardware. Meist haben sie Schwierigkeiten mit nachlassender Reaktionsschnelle und Sehvermögen, sowie Aufnahmefähigkeit und Kontrastempfinden. Aber auch blinde Menschen benutzen das Internet.

Barrierefreiheit Website

Suchmaschinen funktionieren so, dass sie kein Layout, sondern einen Code sehen. Je weniger verschachtelt und komplex eine Website aufgebaut ist, desto besser ist der Zugang zu Informationen von Menschen mit Behinderung. Barrierefreies Internet beachtet verschiedene Aspekte:

  • Programmierung der Website
  • Verwendung von einfacher Sprache
  • Untertitel bei Videos
  • Vorlesemöglichkeiten durch Audiodeskription
  • Hinterlegen von Bildbeschreibungen
  • Übersetzung in Gebärdensprache (DGS)

Leichte Sprache

Eine in leichter Sprache gestaltete Website lädt beispielsweise deutlich schneller durch vereinfachte Codes. Sie bietet zusätzlichen Mehrwert für andere Menschen, beispielsweise Menschen mit Leseschwäche oder Migranten. Studien zeigen, dass Menschen mit Migrationshintergrund häufig auf deutschsprachige Angebote zurückgreifen. Oftmals sind die Deutschkenntnisse allerdings eingeschränkt, so dass auch sie von vereinfachter Sprache profitieren.

Gebärdensprache

Für viele Gehörlose ist Gebärdensprache ein Gewinn, selbst bei bereits untertitelten Videos. Die deutsche Gebärdensprache ist nicht nur grammatikalisch anders strukturiert, sondern Gehörlose haben sie zuerst erworben. Meist fällt es ihnen dann leichter, den Inhalt eines Videos zu erfassen – und genau darum geht es bei Barrierefreiheit ja: Erleichterung und Zugänglichkeit.

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DIN Barrierefreiheit: Barrierefrei für Rollstuhlfahrer

Rollstuhlfahrer benötigen eine entsprechende bauliche Gestaltung des Arbeitsplatzes. Diverse Gesetze und Bestimmungen wie beispielsweise die Arbeitsstättenverordnung regeln die Anforderungen an barrierefreie Arbeitsplätze. Die zugrundeliegende Norm dafür ist DIN 18040-1. Beschäftigt ein Arbeitgeber Menschen mit Behinderung, muss er folgende Bereiche berücksichtigen:

  • Lage der Pkw-Stellplätze

    Die Parkplätze sollten so liegen, dass eine Verbindung zwischen Stellplatz und Gebäudezugang auf dem kürzesten Weg erfolgen kann. Für den Seitenausstieg ist eine Breite von mindestens 3,50 Metern und eine Länge von fünf Metern erforderlich.

  • Erreichbarkeit von Anlagen

    Das ist durch Rampen, Hebeplattformen und Aufzüge zu ermöglichen. Bei Rampen muss die Rutschgefahr (durch Regen beispielsweise) vermieden werden. Das ist durch Überdachung und/oder Verwendung bestimmter Beläge gewährleistet. Rampen sollen eine maximale Steigung von sechs Zentimetern haben.

  • Konstruktion des Gebäudes

    Spezielle Brandschutzkonzepte berücksichtigen Menschen, die sensorisch oder motorisch beeinträchtigt sind.

  • Bewegungsflächen im Gebäude

    müssen leicht zu reinigen und rutschhemmend sein. Da Rollstuhlfahrer Stufen und Steigungen, die höher als drei Zentimeter sind nicht überwinden können, sollte ein schwellenloser Zugang zu allen Gebäudeebenen (zum Beispiel durch einen Aufzug) möglich sein. Des Weiteren ist eine Breite von mindestens 1,50 Metern für Verkehrswege und eine Breite von mindestens 90 Zentimetern für Durchgänge erforderlich.

  • Gestaltung des Büros

    Das Büro benötigt Rangierplatz von mindestens 1,50 x 1,50 Metern. Ungestörte Beweglichkeit bedeutet auch, dass der Raum den Rollstuhlfahrer nicht durch hervorspringende Möbelteile oder bauliche Hindernisse eingeschränkt. Arbeitstische müssen mit mindestens 1,20 Metern unterfahrbar sein und 90 Zentimeter Beinfreiraum gewährleisten. Bodenbeläge müssen antistatisch sein.

  • Höhe der Bedienungsvorrichtungen

    Bei der Aufstellung der Arbeitsutensilien ist auf eine ergonomisch sinnvolle Griffhöhe zu achten. Aber auch Schalter, Türgriffe und andere Bedienungselemente müssen in 85 Zentimetern Griffhöhe sein.

  • Sanitäranlagen

    Toiletten und Waschräume erfordern aufgrund des höheren Rangierbedarfs von Rollstuhlfahrern eine Größe von mindestens 1,50 x 1,50 Metern. Türen öffnen sich nach außen. Armaturen, Seifenspender und Handtuchhalter müssen im Sitzen erreichbar und der Waschtisch unterfahrbar sein.

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Ausgleichsabgabe und Förderung für den Arbeitgeber

Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern müssen in fünf Prozent ihrer Stellen Schwerbehinderte oder ihnen gleichgestellte Arbeitnehmer einstellen. Geschieht dies nicht, sind sie zur Ausgleichsabgabe verpflichtet. Je nach Beschäftigungsquote fallen zwischen 145 und 360 Euro pro unbesetzten Arbeitsplatz an. Das Geld fließt wiederum den Integrationsämtern und Arbeitsagenturen zu, die davon Arbeitsplätze für Schwerbehinderte finanzieren.

Diese Ausgleichsabgabe können Unternehmen sich nicht nur sparen, sondern an vielen Stellen Fördermittel bekommen. Die Förderungen sind auch für befristete Beschäftigungsverhältnisse oder Teilzeitarbeitende bei Menschen mit Behinderung möglich.

Ansprechpartner für Unternehmen

Unternehmen können sich an verschiedene Einrichtungen wenden:

  • Integrations-/Inklusionsämter

    Als Bindeglied zwischen Unternehmen und Schwerbehinderten helfen sie bei Fragen rund um die Barrierefreiheit am Arbeitsplatz. Die Integrations- beziehungsweise Inklusionsämter fördern die behinderungsgerechte Arbeitsplatzgestaltung mit bis zu 100 Prozent. Bei festmontierten Hilfen stellt das Unternehmen einen Antrag auf Förderung, bei personenbezogenen Hilfen (zum Beispiel einen Dolmetscherdienst) der betroffene Angestellte.

  • Agentur für Arbeit

    Die Arbeitsagenturen haben spezielle Reha-Teams, die Unternehmen mit Fachwissen rund um die Beschäftigung von behinderten Arbeitnehmern zur Seite stehen. Gleichzeitig vermitteln sie potenzielle Mitarbeiter. Unternehmen können zudem verschiedene Zuschüsse erhalten, wenn sie behinderte oder schwerbehinderte Menschen einstellen. Im Rahmen einer Probebeschäftigung oder Wiedereingliederung kann die Arbeitsagentur oder das Integrationsamt die Personalkosten für drei Monate übernehmen.

  • Integrationsfachdienste

    Die Integrationsfachdienste (IDF) übernehmen ähnliche Aufgaben wie die Arbeitsagentur und sind meist in der Nähe angesiedelt. Sie sind Ansprechpartner für Arbeitgeber und für Arbeitnehmer mit Behinderungen verschiedenster Art. So unterstützen und begleiten sie beispielsweise die betriebliche Ausbildung schwer­behinderter, insbesondere seelisch und lern­behinderter Jugendlicher. Auch die begleitende Betreuung der Behinderten am Arbeitsplatz – beispielsweise Krisenintervention – fällt in den Aufgabenbereich.

Was zählt als Behinderung?
Die Scheu vieler Unternehmen, Schwerstbehinderte einzustellen, beruht meist auf Vorurteilen und Unwissenheit. Arbeitgeber denken automatisch an geistige Einschränkungen und befürchten eine geringere Leistungsfähigkeit als bei nichtbehinderten Menschen. Dabei ist der Status als Schwerbehinderter beispielsweise auch möglich bei:

  • Autismus
  • Blindheit/Sehbehinderung
  • Chronischen Herzerkrankungen
  • Diabetes I und II
  • Epilepsie
  • Gehörlosigkeit/Schwerhörigkeit
  • Geistige Behinderungen
  • Hirnschädigungen
  • HIV
  • Kleinwuchs
  • Krebs
  • Künstlichem Hüftgelenk/Kniegelenk
  • Nierenschädigungen
  • Psychischen Erkrankungen
  • Rheuma
  • Suchterkrankungen


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Vorteile von barrierefreier Gestaltung

Weit verbreitete Vorbehalte führen dazu, dass die Betroffenen selbst ihre Behinderung oftmals nicht angeben. Dabei hilft Barrierefreiheit am Arbeitsplatz allen Mitarbeitern – mit oder ohne Behinderung. Denn Maßnahmen zur Barrierefreiheit sind gleichzeitig betriebliches Gesundheitsmanagement. Ein höhenverstellbarer Schreibtisch und ein ergonomischer Stuhl helfen nicht nur Menschen mit anerkanntem Rückenleiden oder Rollstuhlfahrern, sondern auch anderen Mitarbeitern. Das wiederum ist auch im Sinne der Gesundheitsprävention.

Die Vorteile von Barrierefreiheit im Überblick:

  • Mehr Fachkräfte
    Etwa 60 Prozent der Schwerbehinderten verfügen über ein abgeschlossenes Studium oder eine Ausbildung. Mit barrierefreien Arbeitsplätzen können Unternehmen dem Fachkräftemangel entgegenwirken.
  • Hohe Motivation
    Menschen mit Behinderung sind häufig sehr motiviert. Dieser positive Effekt überträgt sich auch auf andere Mitarbeiter.
  • Weniger Ausfälle
    Die hohe intrisische Motivation zeigt sich auch in deutlich weniger Ausfällen durch Krankheit.
  • Stärkere Sozialkompetenz
    Durch Inklusion werden Empathie und soziale Kompetenzen der anderen Kollegen gefördert.
  • Mehr Entlastung
    Schwer- und schwerstbehinderte Mitarbeiter können Hilfs- und Nischentätigkeiten übernehmen und somit zur Entlastung der Fachkräfte beitragen.
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Barrierefreiheit im öffentlichen Raum

Im baulichen Bereich streben Städte und Kommunen beispielsweise an, dass öffentlicher Raum ohne fremde Hilfe oder besondere Erschwernis zugänglich und erreichbar ist. Diese Form der Barrierefreiheit ist nicht immer gewährleistet. In vielen Großstädten haben sogenannte Niederflurbusse bereits die Möglichkeit, die Einstiegsschwelle für Rollstuhlfahrer herabzusenken.

Dennoch können bauliche Besonderheiten oder Verkehrsbedingungen es erfordern, dass zusätzlich eine Rampe umgeklappt werden muss. Betroffene sind hier meist auf den Busfahrer oder (oft aus Zeitmangel) auf die Hilfsbereitschaft anderer Passagiere angewiesen.

Wandel in der Herangehensweise

Im Laufe der Jahre hat sich die Denk- und Herangehensweise der Gesellschaft geändert. Früher dachte man vom Behinderten aus: Das hatte eine behindertengerechte oder behindertenfreundliche Gestaltung der Umwelt zur Folge. Die behinderte Person erhielt alles, was sie zur Bewältigung des Alltags brauchte. Mittlerweile denkt man Barrierefreiheit von der Umwelt aus. Beim „Design für alle“ oder „universal design“ geschehen Veränderungen automatisch so, dass möglichst niemand ausgeschlossen wird.

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Denn die wenigsten Behinderungen sind angeboren. In der überwiegenden Zahl aller Fälle löst eine Krankheit oder ein Unfall eine Behinderung aus. Auch das Alter spielt eine Rolle bei Behinderungen: Die Hälfte aller Menschen mit Schwerbehinderung ist zwischen 55 und 75 Jahren alt – und damit zumindest teilweise noch vor Renteneintrittsalter. Da alle Menschen altern, profitieren also auch nachfolgende Generationen von Barrierefreiheit.

Barrierefreier Zugang im Gesetz

Verschiedene Gesetze und Bestimmungen regeln in Deutschland die selbstbestimmte Teilhabe behinderter Menschen. So besagt Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 des Grundgesetzes: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (BGG) setzt die Forderung aus dem Grundgesetz um. Damit sollen Gebäude, Verkehrsmittel, Straßen, Wege, Automaten, technische Gegenstände wie Handys ebenso barrierefrei sein wie akustische und visuelle Informationsquellen, beispielsweise Internetseiten.

Von der Barrierefreiheit ausgenommen sind natürliche Lebensbereiche, in die der Mensch bisher nicht eingegriffen hat, beispielsweise ein Wald, ein Sandstrand oder eine Felswand. Auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll behinderte Menschen vor Diskriminierung schützen. Das AGG ist im Prinzip die erweiterte Fassung des Zivilrechtlichen Antidiskriminierungsgesetzes (ZAG).



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