Wer mehr leistet, von dem wird auch mehr erwartet
Zunächst einmal: Zuverlässigkeit, Disziplin, Engagement und Eigeninitiative – das sind auch weiterhin Kardinaltugenden im Job, die häufig mit einem höheren Gehalt und Beförderungen belohnt werden. Aber eben nicht immer.
In jedem Team gibt es stärkere und schwächere Mitarbeiter. Chefs wissen und erkennen das – und handeln danach. Schließlich wissen sie bei den bewährten Pack-an-Typen, dass sie sich blind auf sie verlassen können. Diese halten Deadlines ein, bringen zuverlässig gute Ergebnisse oder übererfüllen die Anforderungen sogar. Kurz: Mit ihrer Selbstdisziplin machen das Leben ihrer Führungskräfte leichter.
Fluch der Arbeit: Zum Dank gibt’s Überforderung
Und das rächt sich. Denn zum Dank bekommen die Leistungsträger noch mehr Arbeit. Die muss schließlich gemacht werden. Und da auf die anderen kein Verlass ist, bekommen es die ohnehin schon eifrigen High Performer on top. Na, Danke!
Als Wissenschaftler um Christy Zhou Koval von der Duke’s Fuqua School of Business dieses Phänomen genauer untersuchten, stellte sich heraus: Fleißige Menschen mit hoher Selbstkontrolle sind zwar erfolgreich – persönlich wie zwischenmenschlich. „Sie sind besser darin, ihre Ziele zu erreichen. Auch als Partner sind diese Art von Menschen zu empfehlen“, sagt Koval. Sie zahlen dafür aber einen hohen Preis – sie werden Opfer des Vertrauens, das andere in sie stecken.
Der Fluch der Fleißigen
Weil sie viel leisten und zuverlässig sind, stellt das Umfeld prompt höhere Erwartungen an sie – egal, ob das realistisch ist oder nicht. „Durchaus nachvollziehbar“, findet die Forscherin das. Schließlich sei hohe Selbstkontrolle ein guter Indikator für Erfolg. Letztlich sei die Reaktion eine Art Anerkennung und positives Feedback an die Alleskönner, Motto: „Ich sehe, was du alles kannst und setze darauf!“
Für die Fleißigen ist das jedoch eine (selbstgebaute) Falle: Statt Wertschätzung erleben die Betroffenen eher Überforderung. Am Ende droht sogar ein Burnout.
Grenzen setzen: Was tun gegen den Fluch der Arbeit?
Einsatzbereitschaft und intrinsische Motivation sind kein Beweis dafür, dass den Betroffenen die Arbeit automatisch leichter von der Hand geht. Das sieht höchstens so aus. Arbeit bleibt auch für Leistungsträger Arbeit und auch genauso anstrengend und ermüdend. „Solche Menschen entwickeln nur bessere Strategien, um diese zu bewältigen“, sagt Koval. Dass immer noch einen Menge Zeit und Energie in dem Projekt stecken, erkennen nur wenige Chefs.
Bitte verstehen Sie das nicht falsch: Das ist ausdrücklich KEIN Plädoyer für Dienst nach Vorschrift und Faulenzerei. Langfristig zahlen sich Einsatzfreude und gute Leistungen noch immer aus.
Aber zum Ausnutzen gehören immer zwei: Einer, der es versucht. Und einer, der das mit sich machen lässt. Bevor Sie unter dem Fluch der Arbeit leiden, immer unzufriedener werden und sich über die falsch verstandene Form der Anerkennung ärgern, sollten Sie das Problem direkt ansprechen – mit dem Chef und unter vier Augen.
Was kann ich dem Chef sagen?
Danken Sie der Führungskraft für das entgegengebrachte Vertrauen, aber zeigen Sie auch klar Ihre Grenzen. Zum Beispiel, indem Sie Folgen verdeutlichen:
Danke, dass Sie mir so viel Vertrauen entgegen bringen. Aber ich habe bereits mehrere laufende Projekte, um die ich mich kümmern muss. Wenn ich diese Aufgabe zusätzlich übernehme, wird sich der Abgabetermin von Projekt XY nach hinten verschieben müssen.
Ich bin zurzeit enorm eingespannt, sodass ich diesem Projekt nicht die Aufmerksamkeit widmen kann, die es verdient hätte. Das würde dem Ergebnis schaden.
Sie wissen, ich arbeite gerade auch an X und Y. Um alles tiptop zu erledigen, bräuchte ich noch Unterstützung, sonst wird das nichts.
Der Vorteil dieser Strategie ist: Wenn Sie die zusätzliche Arbeitskraft gut begründen, die aber nicht greifbar ist, sucht der Chef womöglich selbst nach einer Alternative. Entscheidend bleibt aber, dass Ihr Umfeld – vor allem der Chef – mitbekommt, dass Ihre Arbeit Arbeit ist und dass Sie bereits mehr leisten als andere. Nur so behält das Ergebnis auch seinen Wert!
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