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Genogramm: Bedeutung, Vorlage, Symbole

Ein Blick in die familiäre Vergangenheit kann viele spannende Erkenntnisse liefern. Durch ein Genogramm können Sie Zusammenhänge über mehrere Generationen hinweg visualisieren und übersichtlich darstellen. So können Sie lernen, was Sie besonders geprägt hat, warum Sie sich in bestimmten Situationen wie verhalten und ob es wiederkehrende Muster gibt. Hier erfahren Sie, was ein Genogramm ausmacht, wie Sie es erstellen – inklusive kostenloser Vorlage zum Ausfüllen – und warum sich eine solche Darstellung lohnt…



Genogramm: Bedeutung, Vorlage, Symbole

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Was ist ein Genogramm?

Ein Genogramm ist die grafische Darstellung familiärer Zusammenhänge, verwandtschaftlicher Strukturen und den Beziehungen untereinander. Es ist weitaus detaillierter als ein reiner Stammbaum, der lediglich die Abstammung wiedergibt. Durch unterschiedliche Symbole oder Grafiken werden im Genogramm Rollen, Verhaltensweisen oder andere wichtige Erkenntnisse visualisiert, um Rückschlüsse auf die eigene Situation zu ziehen.

Typische Einsatzbereiche sind die Familienforschung, die Medizin (bei vererbten Krankheiten) und die Psychologie. Das Genogramm kann aber auch in Coachings oder zur Selbstanalyse genutzt werden, um die eigene Lage besser zu verstehen und in einem größeren Zusammenhang einordnen zu können.

Ziel eines Genogramms

Anders als bei einem Stammbaum geht es bei einem Genogramm nicht nur darum, die eigenen Vorfahren und die familiäre Abstammung aufzuzeigen. Entscheidend sind die Beziehungen untereinander, positive oder negative Eigenschaften einzelner Personen und daraus erkennbare Muster, die sich in der Struktur zeigen.

Mit diesen Informationen können Sie Ihre Situation analysieren. Hat eine Beziehung Sie besonders geprägt? Lässt sich das Verhalten Ihres Vaters Ihnen gegenüber erklären, besser verstehen und leichter verarbeiten? Sind Ihre eigenen Entscheidungen und Reaktionen direkt von Strukturen und Beziehungen im Genogramm beeinflusst?

Mögliche Antworten aus einem Genogramm

Das Genogramm als visualisierte Darstellung kann zahlreiche Antworten liefern und Ihnen eine tiefe Analyse eigener Verhaltensweisen, Charaktereigenschaften und Beziehungen geben. Fragen, die sich mit einem Genogramm möglicherweise beantworten lassen, sind beispielsweise:

  • Wieso habe ich Schwierigkeiten, mich auf Beziehungen einzulassen?
  • Wieso ist mit Anerkennung so wichtig?
  • Will ich wirklich, was ich tue – oder erfülle ich nur Erwartungen anderer?
  • Welche Verhaltensweisen / Eigenschaften erkenne ich in mir selbst wieder? Und wie beurteile ich diese?
  • Was kann ich aus den Fehlern / Erfolgen meiner Familie lernen?

Ursprung des Genogramms

Als Begründer des Genogramms gilt der Psychotherapeut Murray Bowen. Anfangs ging es um die Analyse psychischer Krankheiten und den Zusammenhang zum sozialen Umfeld. Aufgegriffen wurde die Idee von Ivan Boszormenyi-Nagy, der das Genogramm auf mehrere Generationen erweiterte. Die heutige Form geht jedoch auf die Familientherapeuten Randy Gerson und Monica McGoldrick zurück.

Erst durch diese Entwicklungen wurde das Genogramm zu einer wichtigen Methode in der Familienforschung und -therapie.


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Genogramm: Vorlage zum Ausfüllen

Ein Genogramm erinnert vom Aufbau an einen klassischen Stammbaum. Einzelne Symbole stehen für eine Person, geben jeweils das Geschlecht an und werden durch Linien miteinander verbunden. Zusätzlich sollten Sie weitere Symbole, kleine Grafiken oder Arten von Verbindungen nutzen, um Merkmale, Verhalten oder Besonderheiten hervorzuheben.

So wird Ihr Genogramm übersichtlicher und enthält alle wichtigen Informationen auf einen Blick. Orientieren Sie sich an den oben genannten Symbolen: Ringe können für ein verheiratetes Paar stehen, ein Herz symbolisiert eine liebevolle Beziehung, ein Blitz steht für Streit…

Die folgende Vorlage ist eine vereinfachte Version, die Sie selbst ausfüllen können. Dargestellt sind insgesamt drei Generationen – Sie selbst (plus mögliche Geschwister), Ihre Eltern und Großeltern.

Genogramm Vorlage Kostenlos Ausfüllen Download Erstellen Grafik

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Genogramm erstellen: So gehen Sie vor

Sie wollen ein Genogramm erstellen und nutzen? Dann können Sie sich bei der Erstellung an den folgenden fünf Schritten orientieren.

  1. Legen Sie Ihr Ziel fest

    Bevor Sie anfangen und familiäre Zusammenhänge visualisieren, sollten Sie ihr Ziel festlegen. Was genau wollen Sie herausfinden? Geht es um Ihre Beziehungen zu den Eltern? Wollen Sie mehr über Ihre eigene Persönlichkeit erfahren? Suchen Sie Erklärungen für Ihr Verhalten? Sie müssen wissen, wonach Sie suchen, um in den nächsten Schritten zielgerichtet vorgehen zu können.

  2. Sammeln Sie Informationen

    Einiges wissen Sie natürlich bereits, doch brauchen Sie für das Genogramm möglichst umfangreiche und genaue Informationen – auch zu älteren Generationen, die Sie selbst vielleicht nicht oder zumindest nicht so gut gehen. Sprechen Sie mit Familienmitgliedern, fragen Sie nach wichtigen Punkten, Beziehungen und Zusammenhängen. Je mehr Sie in Erfahrung bringen, desto aussagekräftiger ist das Ergebnis Ihrer Auswertungen.

  3. Erstellen Sie grundsätzliche Zusammenhänge

    Beginnen Sie das Genogramm mit den Personen, grundsätzlichen Zusammenhängen und Informationen. Wie heißt die Person? In welchem Verhältnis steht sie zu Ihnen und den anderen Menschen im Genogramm? Dieser Schritt ist eine Art detaillierter Stammbaum. Beginnen Sie bei sich selbst (oder der Person, für die Sie das Genogramm erstellen) und arbeiten Sie sich in die weiteren Generationen vor. Die Darstellung sollte mindestens drei Generationen (Sie, Ihre Eltern und Großeltern) umfassen, kann aber auch weiter in die Vergangenheit reichen.

  4. Fügen Sie wichtige Symbole ein

    Der wahrscheinlich wichtigste Schritt: Ergänzen Sie die Grafik mit Symbolen für Merkmale, Verhaltensweisen oder Besonderheiten, die Sie hervorheben wollen. Entscheidend ist dabei das anfangs definierte Ziel: Welche Beziehungen waren liebevoll, wo gab es viel Streit oder sogar häusliche Gewalt? Welche Charaktereigenschaften sind besonders auffällig? Wurden Paare geschieden? Gibt es komplett zerstrittene Personen im Genogramm? Sind Krankheiten, Alkohol oder Drogenmissbrauch bekannt?

    Überlegen Sie genau und nehmen Sie sich Zeit, um alle relevanten Aspekte darzustellen. Machen Sie sich eine Liste mit den Punkten, die aus Ihrem Genogramm hervorgehen sollen, um nichts zu vergessen.

  5. Analysieren Sie das Genogramm

    Im letzten Schritt können Sie das vollständige Genogramm analysieren. Was fällt Ihnen sofort auf? Welche Zusammenhänge werden durch die Darstellung deutlich? Welche Merkmale ziehen sich wie ein roter Faden durch das gesamte Genogramm? Gehen Sie anhand Ihrer anfangs gestellten Frage jede Beziehung durch und suchen Sie nach einer Antwort. Erklärt das Verhältnis zwischen Ihrem Vater und Ihrem Großvater, warum Sie selbst eine schwierige Beziehung zu Ihrem Vater haben? Gibt es viele Scheidungen oder zerrüttete Beziehungen, die Ihr eigenes Beziehungsleben geprägt haben?

Genogramm Symbole

Bei der Wahl für Symbole in Ihrem Genogramm sind Sie grundsätzlich frei. Einzige Voraussetzung: Sie sollten die gewählten Symbole leicht verstehen und voneinander unterscheiden können. Sonst leiden Struktur und Übersichtlichkeit unter allzu komplexen Grafiken. Einige Beispiele für Symbole:

  • ⭕ Kreis – Frau
  • 🔲 Quadrat – Mann
  • ❌ Durchgestrichenes Symbol – Verstorben
  • 💍 Eheringe – Verheiratet
  • ➖ Durchgestrichene Linie – Geschieden
  • ❤️ Herz – Glückliche Beziehung
  • ⚡ Blitz – Viel Streit

Die Auswahl lässt sich entsprechend weiterführen. Möglich sind auch unterschiedliche Farben, um einzelne Merkmale zu kennzeichnen.

Genogramm Fragebogen

Anfangs fällt es oft schwer, sich einem Genogramm anzunähern. Was soll ich aufnehmen und worauf kommt es wirklich an? Neben den wichtigsten Daten zu jeder einzelnen Person (Name, Familienstand, Alter, Beruf…) können die folgenden Fragen Ihnen helfen, wichtige Aspekte aufzunehmen.

Wichtig: Behalten Sie Ihre persönliche Zielsetzung im Hinterkopf. Diese gibt vor, welche Details und Besonderheiten Sie aufnehmen müssen. Beispiele für einen Fragebogen sind:

  • Wie ist/war die Beziehung zwischen den Personen?
  • Welche Schicksalsschläge oder Krisen gab es?
  • Was zeichnet einzelne Personen aus?
  • Gibt es Tabuthemen, über die nie gesprochen wird?
  • Welche Stärken und Schwächen sind über die Personen bekannt?
  • Welche Personen werden ausgeschlossen und gemieden?
  • Gibt es besonders prägende Ereignisse im Leben der Person?
  • Welche Ursachen gibt es für zerrüttete Beziehungen?
  • Wer war sehr erfolgreich? Wer war arbeitslos oder beruflich gescheitert?
  • Welche Person steht mir besonders nah und hat mich geprägt?
  • Wie habe ich selbst die Beziehungen zwischen den Beteiligten erlebt?

Genogramm: Welche Personen gehören rein?

Als Faustregel gilt: Das Genogramm umfasst alle Personen aus Ihrer (engeren) Familie. Gemeint sind damit blutsverwandte Personen. Die Familie Ihres Partners oder Ihrer Partnerin taucht deshalb im Normalfall nicht auf. Einzige Ausnahme: Wenn der Kontakt etwa zu den Schwiegereltern sehr eng ist und diese großen Einfluss auf Sie nehmen, kann es sinnvoll sein, das Genogramm um diesen Bereich zu erweitern.

Ansonsten gehören folgenden Personen in den erweiterten Stammbaum:

  • Großeltern (falls vorhanden: deren Geschwister)
  • Eltern (falls vorhanden: Stiefmutter / Stiefvater)
  • Tanten und Onkel
  • Eigene Geschwister
  • (Ehe-)Partner oder (Ehe-)Partnerin

Diese Menschen sind die Basis. Sie sollten auf keinen Fall fehlen. Sie können den Personenkreis aber um wichtige Menschen in Ihrer Familie erweitern. Haben Sie ein sehr enges Verhältnis zu einem Cousin? Dann sollte diese Beziehung unbedingt im Genogramm auftauchen.

Falls die nötigen Informationen vorhanden sind oder Sie glauben, dass es für die Aussagekraft wichtig ist, können Sie auch weitere Generationen hinzufügen. Spielt beispielsweise die Beziehung zwischen Ihrem Großvater und Ihrem Vater eine entscheidende Rolle, kann es sehr interessant sein, wie das Verhältnis zwischen Ihrem Opa und Uropa aussah. Vielleicht gibt es hier bereits Erklärungen für spätere Verhaltensweisen.


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Genogramm auswerten: Tipps für besseres Verständnis

Ein fertiges Genogramm sieht schön aus, bringt Sie aber noch nicht weiter. Erst die abschließende Analyse liefert die gesuchten Antworten. Manche Punkte sind vielleicht auf den ersten Blick ersichtlich, für andere müssen Sie genauer hinsehen und ins Detail gehen. Aber worauf sollte die Aufmerksamkeit liegen und worauf kommt es bei der Analyse an?

Die folgenden fünf Tipps helfen beim Verständnis:

  • Suchen Sie nach Mustern

    Besonders aussagekräftig im Genogramm sind wiederkehrende Muster, sich wiederholende Merkmale die einander auszulösen oder zu bedingen scheinen. Auf einer Seite kommt es immer wieder zu Trennungen und toxischen Beziehungen? Taucht dies an mehreren Stationen immer wieder auf, ist es mit Zufall nur schwer zu erklären.

    Gehen Sie hier weiter ins Detail: Gibt es bekannte Persönlichkeitsmerkmale, die eine Ursache sein können? Wann trat das Muster zuerst auf – wie hat das die folgenden Personen geprägt und deren Verhalten oder Denkweisen beeinflusst?

  • Schauen Sie sich wichtige Erlebnisse an

    In fast jedem Leben kommt es zu einschneidenden Ereignissen. Bei älteren Generationen kann das ein Krieg sein. Doch auch ein schwerer Verlust, eine Krankheit, eine Fehlgeburt oder andere Erlebnisse haben große Auswirkungen. Verfolgen Sie im Genogramm nach, wie sich solche Erlebnisse auswirken und welche Konsequenzen sie auslösen. Oft finden sich hier die Ausgangspunkte für spätere Muster.

  • Bleiben Sie neutral

    Gerade dieser Punkt fällt oft schwer. Bei der Auswertung Ihres Genogramms müssen Sie möglichst neutral bleiben und eine objektive Antwort suchen. Gehen Sie nicht mit der Einstellung „Ich weiß schon, wer das Problem in dieser Familie ist…“ an die Sache heran. Das verfälscht das Ergebnis und Sie werden immer einen Grund finden, genau der Person die Schuld zu geben, die Sie bereits vorher ausgemacht haben.

  • Analysieren Sie gemeinsam

    Sie können die Darstellung auch gemeinsam mit Ihrem Partner oder einer anderen vertrauten Person analysieren. Das erweitert Ihre eigenen Perspektive und fügt der Analyse einen neuen Blickwinkel hinzu. Denken Sie aber daran: Die Informationen sind sehr persönlich und sensibel. Überlegen Sie genau, mit wem Sie darüber sprechen können und wollen.

  • Ziehen Sie eine Lehre daraus

    Letztlich sollen Sie aus dem Genogramm etwas lernen. Fragen Sie sich: Was kann ich besser oder anders machen? Welche Verhaltensweisen will ich nicht wiederholen? Welche Stärken möchte ich ebenfalls zeigen? Wer ist ein Vorbild – von wem möchte ich mich abgrenzen? Es kann auch sinnvoll sein, sich einzelne Ziele zu setzen an denen Sie arbeiten wollen.

    Ein Beispiel: „Ich möchte glücklichere und harmonischere Beziehungen führen als meine Eltern.“ Führen Sie sich dieses Ziel regelmäßig vor Augen und passen Sie Ihr Verhalten entsprechend an. So lassen sich auch negative Muster durchbrechen und neue – bessere – für zukünftige Generationen etablieren.

Vor- und Nachteile eines Genogramms

Bevor Sie ein Genogramm erstellen, sollten Sie die Vor- und Nachteile der Methode kennen und abwägen:

Vorteile

  • Besseres Verständnis

    Durch ein Genogramm können Sie ein besseres Verständnis für Ihre eigene Situation gewinnen. Fragen Sie sich manchmal: Warum bin ich, wie ich bin? Dann kann die Methode bei der Antwort helfen. Sie verdeutlicht das eigene Rollenbild anhand prägender familiärer Beziehungen.

  • Mehr Selbstverantwortung

    Richtig angewendet verhilft das Genogramm zu mehr Selbstverantwortung. Es zeigt Zusammenhänge auf, aber eben auch, dass Sie Ihr eigenes Leben trotzdem selbst in der Hand haben. Egal, welche familiäre Struktur sich zeigt: Ihren eigenen Weg bestimmen Sie selbst.

  • Übersichtliche Darstellung

    Die Erkenntnisse können natürlich auch auf anderen Wegen gezeigt werden, doch ist die visuelle Darstellung besonders übersichtlich und gut verständlich. Durch einfache Symbole und klare Verbindungen erkennen Sie mit wenigen Blicken, wie wer zueinander steht.

Nachteile

  • Falsche Schuldzuweisungen

    Oft entsteht aus einem Genogramm eine Schuldzuweisung. Motto: „Wegen dir bin ich so unzufrieden“ oder „Eure kaputte Beziehung hat mein Liebesleben ruiniert“. Das hilft niemandem weiter und führt stattdessen zu mehr Frust und einer Opferhaltung.

  • Schwierige Informationen

    Schon das Gespräch über die Informationen, die Sie benötigen, kann sehr schwierig sein. In vielen Familien ist es schwer, über solche Themen zu sprechen. Eine bereits angeschlagene Beziehung kann so vollends in die Brüche gehen.

  • Falsche Auswertung

    Möglicherweise ziehen Sie die falschen Schlüsse aus Ihrem Genogramm. Ursache dafür können falsche oder unvollständige Informationen, aber auch Ihre Vorurteile sein. Wenn Sie ein Familienmitglied nicht mögen, neigen Sie unbewusst dazu, diese schlechter dazustellen.

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[Bildnachweis: Karrierebibel.de]