Habitus Definition – einfach erklärt
Unser Habitus ist eine Mischung aus äußerem Auftreten und innerer Einstellung. Daraus ergibt sich ein typisches, persönliches Verhalten, das andere mehr oder weniger bewusst wahrnehmen. Der Begriff selbst stammt aus dem Lateinischen von „habitus“ und bedeutet Gehabe, äußere Erscheinung oder persönliche Eigenschaft. Der Duden beschreibt Habitus zum Beispiel als „Gesamterscheinungsbild einer Person nach Aussehen und Verhalten.“
Häufige Synonyme zu Habitus sind: Attitüde, Aufführen, Betragen, Erscheinung, Gebaren, Haltung, Konstitution, aber auch Statur, Wuchs und Umgangsformen.
Habitus Bedeutung
Jeder Mensch erwirbt im Laufe seines Lebens eine Grundeinstellung, ein Menschen- und Weltbild sowie Vorlieben. Hinzu kommt die Sozialisation durch unsere Umgebung: Familie, Freunde, Kollegen, … All das prägt uns – und drückt sich schließlich in unserem Auftreten, Erscheinungsbild und Benehmen aus.
Der Habitus ist damit gleichzeitig eine Art Spiegel. Wir zeigen damit – bewusst oder unbewusst – wer wir sind (oder gerne wären). Gleichzeitig erkennt unsere Umwelt aber auch, ob dieses Gesamtbild stimmig ist. Oder anders formuliert: ob wir in unsere Umgebung passen. Es sind vor allem die kleinen Details, Merkmale und Verhaltensweisen, mit denen andere sofort unseren Status identifizieren und spüren, ob wir dazu gehören, fremd oder gar unsicher sind.
Habitus Beispiele
Wer beispielsweise eine hohe gesellschaftliche Position bekleidet, wird häufiger zum Gala-Diner oder Promi-Events eingeladen. Diese Erfahrungen führen dazu, dass die Person weiß, wie sie dort auftreten muss – in Sachen Kleidung, Etikette, Smalltalk. Das angemessene Verhalten sichert ihr den gesellschaftlichen Rang und ist zugleich die Eintrittskarte in weitere gesellschaftliche Kreise.
Das Gleiche gilt umgekehrt: Wer in einem sozialen Brennpunkt aufwächst, wird sich in der Regel anders verhalten: Die derbere Sprache, der Jargon („Soziolekt“), fehlende Manieren und lautes Auftreten verraten sofort die Herkunft – und verhindern mitunter den sozialen Aufstieg. Der Habitus wird zum Verräter und Handicap.
Habitus in der Soziologie
Den Begriff Habitus haben in der Soziologie maßgeblich Norbert Elias und Pierre Bourdieu geprägt. „Sozialer Habitus“ zeigt sich, laut Elias, vor allem im gleichen Denken, Fühlen und Handeln von Mitgliedern einer Gruppe. Bourdieu verwendet den Begriff für alles, was eine Person ausdrückt.
Beiden geht es um den Lebensstil. Also wie jemand spricht, welchen (stilistischen) Geschmack er oder sie hat. Dazu gehören Kleidung und sogar der Einrichtungsstil. Alles zusammen wiederum wird geprägt von der jeweiligen sozialen Klasse und familiären Herkunft.
Habitus nach Bourdieu
In seinem Buch „Die feinen Unterschiede“ sagt Bourdieu, dass unser Handeln vor allem durch unsere Position im sozialen Raum bestimmt wird, in dem wir uns gerade befinden. Bedeutet: Wir haben kaum Einfluss darauf, wie wir uns verhalten, sprechen oder bewegen. Nach Bourdieu setzt sich der Habitus aus vier sogenannten „Kapitalsorten“ zusammen:
Gestik, Mimik, Verhalten, aber auch der persönliche Geschmack, wie er sich beispielsweise in der Inneneinrichtung widerspiegelt, sind demnach keine Ausprägungen einer naturgegebenen Persönlichkeit oder Individualität, sondern vielmehr Ausdruck der eigenen Position im sozialen Raum. Oder kurz: Wir passen uns an.
Habitus in Pädagogik + Psychologie
Nochmal das Beispiel Gala-Diner: Das Wissen darum, wie man sich in welchem Raum zu verhalten hat, basiert auf unserem Selbstbewusstsein im Wortsinn. Der Habitus spiegelt danach ein „Urverständnis“ von Verhaltensweisen wider, die sich nicht ohne Weiteres in Benimmkursen lernen lassen.
Welche Gabel zu welcher Speise gehört und welche Besteckanordnung im Menü einzuhalten ist, lässt sich zwar lernen. Wer so etwas aber schon in der Kindheit erlernt und „mit der Muttermilch“ aufnimmt, verhält sich anders: unbewusst natürlicher und selbstbewusster. Das wiederum erkennen andere, die das genauso verinnerlicht haben. Oder salopper: Sie erkennen ihresgleichen schon am unbewussten Habitus und der damit verbundenen Selbstsicherheit.
Auftreten signalisiert den gesellschaftlichen Status
Nicht zufällig lautet eine Sprichwort, dass sich Menschen bereits „am Stallgeruch“ erkennen. Genau das ist der Habitus! Mit welchen Selbstverständnis jemand auftritt, seine Sprache, Haltung und Körperhaltung vermittelt anderen, aus welchem sozialen Milieu diese Person stammt.
Der Habitus ist aber nicht nur ein Schichtmerkmal. Gerade in höheren gesellschaftlichen Kreisen dient er der „Elite“ zur Distinktion – also zur Abgrenzung von anderen Schichten. Das Phänomen lässt sich durch Geschichte hindurch immer wieder beobachten: So sprach beispielsweise der europäische Adel überwiegend Französisch, während sich das einfache Volk in der Muttersprache verständigte. Die Abgrenzung erfolgt heute zwar wesentlich subtiler, aber nicht weniger wirksam. Und sie lässt sich schon bei Kindern beobachten: Wer die falschen Marken trägt, bei bestimmten Dingen nicht mitreden kann, gehört nicht dazu.
Veränderter Habitus als Folge des Aufstiegs
Eine bemerkenswerte Zahl: Ganze 70 Prozent der Vorstände der größten deutschen Unternehmen stammen aus der Oberschicht Deutschlands, der aber nur drei Prozent der Bevölkerung angehören. Die berufliche Position der Top-Manager lässt sich daher nicht mehr allein mit besonderen Qualifikationen erklären. Der Habitus und die damit einhergehenden Verhaltensweisen und Beziehungen (siehe: Vitamin B) spielen mindestens eine genauso große Rolle.
Auch andere Studien zeigen: Wer aus einer Akademikerfamilie stammt, hat eine wesentlich höhere Chance ebenfalls zu studieren als umgekehrt. Zwar ist auch ein Aufstieg aus einer eher bildungsfernen Schicht in eine gebildete möglich. Aber der benötigt wesentlich größere Anstrengungen und Veränderungen und dauert länger als umgekehrt.
Beruflicher Habitus: Tipps fürs Weiterkommen
Wer beruflich aufsteigen möchte, muss an sich arbeiten. Insbesondere beim Habitus lohnt sich die Mühe massiv. Dazu können Sie sich einerseits an Personen aus dem Ziel-Milieu orientieren und Beziehungen zu Menschen aus diese Umfeld aufbauen, die später als Mentoren und Wegbereiter dienen können. Ihr Feedback und ihre Motivation können zu einem veränderten Status führen (siehe: Pygmalion Effekt).
Gleichzeitig benötigen Sie für diese Form des beruflichen Vorankommens und den gesellschaftlichen Aufstieg noch weitere Eigenschaften:
Veränderungswille
Beruflich oder gesellschaftlich aufzusteigen, kann man nicht wirklich planen. Aufsteiger erklimmen die Karriereleiter weniger nach einem langfristigem Plan, sondern eher nach Gelegenheit – Stufe um Stufe. Gemeinsam ist allen aber der Veränderungswille und ein guter Sinn für Gelegenheiten, die sich bieten.
Fleiß
Fleiß alleine ist zwar keine Garantie – es gibt einige Berufsbiographien, die trotz großen Engagements nicht weiterkamen. Aber ohne Fleiß, wird sich genauso wenig verändern. An sich zu arbeiten und sich zu verändern, bedeutet immer Anstrengung und führt einen raus aus der Komfortzone. Sie wissen: Ohne Fleiß, kein Preis.
Frustrationstoleranz
Die meisten Aufsteiger verfügen über eine hohe Frustrationstoleranz. Dadurch können Sie Unsicherheiten aushalten und auch mit Niederlagen besser umgehen oder Trennungen verarbeiten. Denn das soziale Umfeld wird sich ebenfalls zwangsläufig verändern, wenn sich Ihre Interessen und Verhaltensweisen ändern.
Anpassungsfähigkeit
Sich im neuen Umfeld bewegen zu können, erfordert Anpassungsfähigkeit. Für den Beruf, aber auch für die sozialen Kreise bedeutet das: Sie passen Ihren Habitus jeweils an beziehungsweise richten ihn je nach Umfeld neu aus – und müssen zugleich alte Verhaltensmuster ablegen. Das ist anstrengend, ja. Aber nur anfangs…
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