Definition: Was bedeutet Working Out Loud?
Working Out Loud (WOL) ist eine Arbeitsmethode und Mentalität der Zusammenarbeit, bei der die eigene Arbeit, Fortschritte und Erkenntnisse offen und sichtbar gemacht sowie aktiv mit anderen geteilt werden, um den Wissensaustausch, das gemeinsame Lernen und die Teamarbeit zu fördern.
Der Begriff „Working Out Loud“ wurde 2010 von dem IT-Spezialisten Bryce Williams geprägt, der WOL als Gleichung definierte:
Working Out Loud = Observable Work + Narrating Your Work
Das bedeutet, dass Arbeit nicht einfach nur erledigt, sondern gleichzeitig für andere sichtbar gemacht wird – etwa durch Blogs, soziale Medien oder interne Plattformen (z.B. Wiki). So entsteht ein Netzwerk, in dem Wissen geteilt und gemeinsam weiterentwickelt wird.
Working Out Loud als Lernmethode
WOL wurde 2015 von John Stepper weiterentwickelt durch das gleichnamige Buch populär. Stepper beschreibt Working Out Loud als einen Weg, Beziehungen aufzubauen, die einem helfen, Ziele zu erreichen, Fähigkeiten zu entwickeln oder neue Themen zu entdecken.
Weg vom Silodenken, hin zu Kollaboration und geteiltem Know-how. Dabei geht Stepper nicht um reines Netzwerken zum Eigennutz, sondern um das Investieren in Beziehungen durch Teilen von Arbeit, Wissen und Erfahrungen.
Welche Ziele verfolgt Working Out Loud?
Working Out Loud will in erster Linie die Zusammenarbeit fördern, Netzwerke aufbauen und Wissen sichtbar machen. Im Mittelpunkt steht dabei, dass Menschen ihre Arbeit, Fortschritte und Erkenntnisse offen teilen, um voneinander zu lernen und gemeinsam erfolgreicher zu werden.
Die Methode setzt auf Transparenz, kollaboratives Arbeiten und den Aufbau von Beziehungen, um sowohl individuelle als auch gemeinsame Ziele effektiver zu erreichen.
Die wichtigsten Ziele von Working Out Loud sind:
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Förderung der Zusammenarbeit
Durch das Teilen von Wissen und Erfahrungen wird die Teamarbeit gestärkt und Silodenken abgebaut.
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Aufbau und Pflege von Netzwerken
Beziehungen werden gezielt aufgebaut, um sich gegenseitig zu unterstützen und voneinander zu profitieren.
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Sichtbarmachen von Wissen und Arbeit
Arbeitsergebnisse, Prozesse und Lernfortschritte werden für andere sichtbar, um Feedback und neue Impulse zu erhalten.
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Persönliche und berufliche Weiterentwicklung
Die Methode unterstützt die individuelle Entwicklung durch kontinuierliches (lebenslanges) Lernen und Reflexion.
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Kulturwandel zur Offenheit und Großzügigkeit
Wissen wird nicht mehr gehortet, sondern aktiv geteilt, um gemeinsam bessere Ergebnisse zu gewinnen.
Was sind die 5 Working Out Loud Prinzipien?
Working Out Loud wird auf Deutsch oft als „offenes Arbeiten“ oder „Arbeiten in Sichtbarkeit“ übersetzt und ist Teil moderner Arbeitskulturen, die auf Transparenz, Kollaboration und gemeinsames Lernen setzen. Dabei basiert WOL auf 5 zentralen Prinzipien:
- Beziehungen aufbauen
- Großzügigkeit
- Sichtbare Arbeit
- Wachstumsorientiertes Denken
- Zielgerichtetes Verhalten
Große Unternehmen wie Bosch nutzen die WOL-Methode, um das bisherige Silodenken zu überwinden und eine vernetzte, unterstützende Arbeitsumgebung zu schaffen.
Die 5 WOL-Prinzipien im Detail:
1. Beziehungen aufbauen (Relationships)
Beim Working Out Loud geht es zuerst um Beziehungen und ein aktives Netzwerk. Die Gruppe tauscht sich regelmäßig aus und teilt Erfahrungen, Meinungen und Ideen. Wichtig ist, dass sich jeder einbringt, selbst mit ersten Entwürfen oder unfertigen Ideen.
2. Großzügigkeit (Generosity)
Damit WOL funktioniert, müssen alle bereit sein, ihr Herrschaftswissen zu teilen – ohne eine Gegenleistung zu erwarten! Das Konzept setzt auf gegenseitiges Vertrauen und Großzügigkeit, weil davon letztlich alle profitieren (siehe: Kooperation).
3. Sichtbare Arbeit (Visible Work)
Hierbei geht es nicht um Selbstdarstellung oder einen guten Ruf. Vielmehr meint das Prinzip, die eigene Arbeit für die anderen sichtbar und damit verständlich zu machen. Durch die sichtbare Arbeit werden Zusammenhänge deutlich und es entsteht größeres Verständnis.
4. Zielgerichtetes Verhalten (Purposeful Discovery)
Jeder Teilnehmer verfolgt beim Working Out Loud ein bestimmtes Ziel. Das kann die Lösung eines Problems sein, der Erwerb von neuem Wissen oder einer neuen Fähigkeit. Das eigene Verhalten sollte stets auf dieses Ziel ausgerichtet sein und die Frage verfolgen: Wie komme ich meinem Ziel näher?
5. Wachstumsorientiertes Denken (Growth Mindset)
WOL will über den eigenen Tellerrand schauen. Deshalb sollten die Teilnehmer Offenheit mitbringen und sich auf die Gedanken und Erkenntnisse der anderen einlassen. Es ist beim WOL sogar erwünscht, kreativ zu werden und neue Wege zu gehen, wenn Teilnehmer dabei ihre Komfortzone verlassen und von einem Fixed Mindset zum Growth Mindset gelangen.
Ablauf: Die 12 Schritte des WOL-Circle
Die Umsetzung von Working Out Loud erfolgt in einem sogenannten WOL-Circle. Dieser Kreis besteht aus einem selbstorganisiertem Team von 3-5 Teilnehmern. Diese treffen sich 12 Wochen lang einmal wöchentlich – digital oder analog – für eine Stunde.
Beim Working Out Loud Circle verfolgt zwar jeder sein individuelles Ziel. Mit den Übungen aus den sog. „Circle-Guides“ entwickeln alle Beteiligten aber gemeinsam Ansätze für die jeweils individuellen Ziele der anderen.
Um diesen Prozess zu strukturieren, gibt es im WOL-Circle 12 Schritte – jede Woche steht dabei unter einem eigenen Thema und baut methodisch auf den fünf WOL-Prinzipien auf. Die 12 Schritte bzw. Wochen im Überblick:
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Zielsetzung & Einführung
In der ersten Woche definiert jeder sein persönliches Ziel. Die Gruppe lernt sich darüber kennen und es wird eine Erste „Beziehungsliste“ erstellt – Kernfrage: Wer kann bei welchem Ziel helfen?
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Erste Beiträge anbieten
Es werden Personen und Ressourcen benannt, die beim Ziel helfen können und erste kleine Beiträge für diese Personen geleistet und geteilt, um die Beziehungen zu vertiefen.
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Sichtbar werden
In der dritten Woche geht es um die aktive Vernetzung und Sichtbarkeit. Die drei Schritte dazu: Zeitmanagement anpassen, weitere Kontakte knüpfen, zusätzliche Beiträge anbieten.
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Aufmerksamkeit erregen
Ziel ist jetzt, die Aufmerksamkeit von jemandem aus dem Netzwerk zu gewinnen, z.B. durch gezielte Fragen oder Beiträge.
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Großzügigkeit zeigen
Ab jetzt werden die Beziehungen noch mehr durch Geben gestärkt. Beispiele: anderen helfen, Wissen teilen, Feedback geben.
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Feedback einholen
Der umgekehrte Weg ist aber genauso wichtig: Die Teilnehmer nutzten und bitten um Rückmeldungen, um das eigene Vorgehen zu verbessern.
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Beziehungen vertiefen
Eine weitere Woche, in der Kontakte – persönlich oder digital – intensiviert werden. Das Wichtigste ist, noch mehr Vertrauen aufzubauen.
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Neues ausprobieren
Denn ist das Vertrauen da, gehen alle umso bereitwilliger neue Wege der Zusammenarbeit oder testen neue Formen der Kommunikation, um das Netzwerk zu erweitern.
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Reflexion & Anpassung
Inzwischen wird es Zeit für einen ersten Rückblick auf bisherige Fortschritte. Gegebenenfalls sind Ziele oder Vorgehen anzupassen.
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Wissen teilen
Eigene Erkenntnisse, Erfahrungen oder Ressourcen mit anderen teilen, um Mehrwert zu schaffen.
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Erfolge feiern
Noch einmal werden erreichte Meilensteine reflektiert und gemeinsam gefeiert. Aus dem Netzwerk ist inzwischen eine feste Gemeinschaft geworden.
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Abschluss & Nachhaltigkeit
Zum Schluss folgt Schritt 12 – Rückblick und Ausblick: Wie lässt sich WOL langfristig integrieren? Was plant der WOL-Circle für die Zukunft – und wollen Sie WOL weiterleben?
Sie merken schon: Praktisch jede Woche beinhaltet Übungen zur Reflexion sowie kleine Aufgaben, die das Lernen und die Entwicklung der Beziehungen untereinander fördern. Diese Treffen können persönlich oder virtuell stattfinden, wobei digitale Tools heute oft nur unterstützend eingesetzt werden. Physische Treffen bringen nach wie vor mehr.
Wo finde ich die Circle Guides?
Zur Orientierung bietet John Stepper auf seiner Homepage kostenlose Circle-Guides, die zeigen, womit sich die Teilnehmer Woche für Woche beschäftigen können.
Working Out Loud Vor- und Nachteile
Die WOL-Methode bietet zahlreiche Vorteile, die zum Teamerfolg sowie echten Innovationen führen können:
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Neue Kompetenzen
Working Out Loud fördert Einstellungen und Fähigkeiten, die in der heutigen Arbeitswelt gefragt sind: zielstrebiges Vorgehen, selbstständiges Arbeiten, Problemlösungskompetenz. WOL unterstützt dabei eine offene und neugierige Arbeitsweise und fördert Werte wie altruistisches Verhalten und mehr Miteinander statt Ellbogenmentalität.
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Geschützte Atmosphäre
In einem WOL-Circle gibt es eine geschützte Atmosphäre. Die Teilnehmer können Neues ausprobieren, üben, Ideen testen und herausfinden, was funktioniert. Dabei können Rückschläge und Fehler passieren, ohne dass diese größere Auswirkungen haben.
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Direktes Feedback
Die kleine Gruppe liefert direktes Feedback: Was ist gut? Woran sollte ich noch arbeiten? Was habe ich vergessen? Dank der Instant-Rückmeldungen lassen sich Entwicklungen schnell optimieren und Ziele schneller erreichen.
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Langfristige Beziehungen
Beim Working Out Lound entstehen oft stabile und vertrauensvolle Beziehungen, die über die 12 Schritte und Wochen im WOL-Circle bestehen bleiben. Ein echter Netzwerk-Gewinn!
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Weniger Fehler
Für Arbeitgeber ist Working Out Loud eine profitable Methode, weil sie das Know-how nicht auf einzelne Mitarbeiter begrenzt, sondern einem größeren Teil der Belegschaft zugänglich macht. So lassen sich zum Beispiel die immer selben Fehler vermeiden und künftig bessere Entscheidungen treffen.
Nachteile und WOL-Kritik
Zugegeben, es lässt sich nur wenig Kritisches zu Working Out Loud finden. Dennoch gibt es ein paar Kritikpunkte und Nachteile:
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Schwierige Planung
Müssen sich 3-5 Teilnehmer aus unterschiedlichen Bereichen organisieren und abstimmen, wird die Terminfindung oft zum größten Handicap. Vor allem bei bis dato völlig fremden Personen setzt WOL eine hohe Motivation voraus.
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Halbgare Ideen
Ähnlich wie beim Brainstorming wird dazu ermutigt, offen jede Idee zu teilen. Das kann zu einer regelrechten Informationssflut führen, die jedoch nur unausgegore Fragmente liefert.
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Verschleierte Interessen
Gegenseitiges Unterstützen ist ein Zeichen hoher Sozialkompetenz. So ganz uneigennützig ist es aber meist nicht. Praktisch jeder knüpft heimliche Erwartungen an seine Hilfe – auch dann, wenn er oder sie in Vorleistung geht.
Hinzu kommt, dass die „Working Out Loud“-Methode – auch wenn es nicht um „lautstarkes Arbeiten“ im Wortsinne geht – dennoch eher extrovertierte Persönlichkeiten anspricht. Schüchterne Personen tun sich damit eher schwer.
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