Definition: Was ist Gewalt am Arbeitsplatz?
Gewalt am Arbeitsplatz umfasst alle Formen von aggressivem oder destruktivem Verhalten gegen eine oder mehrere Personen im beruflichen Umfeld. Dazu zählen nicht nur körperliche Angriffe, sondern auch psychische und verbale Gewalt – schon die Androhung von möglichen Attacken ist eine Form.
Dies gilt für Übergriffe von Kollegen sowie bei Angriffen von Außenstehenden. Laut International Labour Organization (ILO) ist Gewalt am Arbeitsplatz: „Jede Handlung, Begebenheit oder von angemessenem Benehmen abweichendes Verhalten, wodurch eine Person im Verlauf oder in direkter Folge ihrer Arbeit schwer beleidigt, bedroht, verletzt, verwundet wird.“
Beispiele: Arten von Gewalt am Arbeitsplatz
Gewalt am Arbeitsplatz ist weit mehr als eine Ohrfeige oder andere tätliche Angriffe. Es gibt zahlreiche Arten und Beispiele für gewalttätiges Verhalten im Job:
- Schlagen
- Treten
- Spucken
- Würgen
- Beleidigung
- Drohung
- Diskriminierung
- Rassismus
- Sexismus
- Mobbing
- Bossing
- Staffing
- Stalking
- Gaslighting
- Unangemessene Berührungen
- Anzügliche Bemerkungen
- Unerwünschtes Flirten
- Ungerechte Verteilung von Aufgaben
- Intransparente oder willkürliche Entscheidungen
- Klarer Machtmissbrauch
Körperliche Gewalt
Das offensichtlichste Beispiel ist körperliche Gewalt. In extremen Fällen sogar mit Gegenständen oder Waffen.
Beispiel: Nach einem Streit schlägt ein Kollege einem anderen die Tür absichtlich vor dem Kopf zu.
Verbale Gewalt
Auch verletzende Worte und bewusste verbale Angriffe sind eine Form von Gewalt am Arbeitsplatz:
Beispiel: Ein Kollege beleidigt einen anderen Mitarbeiter aufgrund seiner Herkunft oder seines Geschlechts.
Psychische Gewalt
Besonders nachhaltig belastend wirkt psychische Gewalt im Job. Betroffene werden hierbei gezielt ausgegrenzt, unter Druck gesetzt und benachteiligt. Auch das hat viele Formen:
Beispiel: Eine Mitarbeiterin wird täglich ignoriert, ihre Arbeit wird ohne Grund kritisiert, und sie wird gezielt von Meetings ausgeschlossen.
Sexuelle Belästigung
Unangemessene Annäherungsversuche und sexuelle Belästigung sind ebenfalls eine strafbare Form von Gewalt im Job:
Beispiel: Ein Vorgesetzter macht zweideutige Bemerkungen über das Aussehen einer Mitarbeiterin.
Strukturelle Gewalt
Bei struktureller Gewalt werden Hierarchien und Machtverhältnisse ausgenutzt. Führungskräfte mit Weisungsbefugnissen üben Druck aus und behandeln Mitarbeiter schlecht:
Beispiel: Ein Teammitglied wird mit Aufgaben überhäuft, die nicht zum Tätigkeitsbereich gehören.
Ursachen für Gewalt am Arbeitsplatz
Im Job sollte es stets professionell zugehen. Erfahrungen und Studien zeigen jedoch: Gewalt am Arbeitsplatz ist keine Seltenheit! In Umfragen geben rund 30 Prozent der Beschäftigten an, bereits unterschiedliche Formen im Beruf erlebt zu haben.
Wie aber kommt es zu Gewalt am Arbeitsplatz? Die häufigsten Ursachen:
-
Stress und Druck
Je größer der Stress, desto rauer wird der Umgang untereinander. Mit wachsender Überforderung sinkt die Impulskontrolle.
-
Führungsstil
Führungsschwäche vom Vorgesetzten begünstigt Gewalt am Arbeitsplatz. Vor allem ein autoritärer Führungsstil kann Ursache sein. Die strikte Hierarchie führt zu Machtmissbrauch.
-
Kommunikation
Schlechte Kommunikation führt zu Missverständnissen und Konflikten. Werden diese nicht gelöst, kommt es zur Eskalation.
-
Unternehmenskultur
In der Unternehmenskultur wird nicht aktiv gegen Gewalt am Arbeitsplatz vorgegangen. Es gibt zu wenig Unterstützung und keine klare Linie, die das Verhalten unterbindet.
Folgen von Gewalt am Arbeitsplatz
Für alle Beteiligten ist Gewalt am Arbeitsplatz ein ernstes Problem. Betroffene leiden direkt unter den Angriffen. Auch Täter und Unternehmen spüren die Konsequenzen. Hier ein Überblick der möglichen Folgen:
- Psychische Erkrankungen (Depressionen, Angststörungen, Burnout)
- Körperliche Symptome (Schmerzen, Schlafstörungen, Bluthochdruck)
- Leistungseinbruch
- Rückzug und soziale Isolation
- Jobverlust oder freiwilliger Jobwechsel
- Möglicherweise Arbeitsunfähigkeit
- Abmahnung oder Kündigung
- Disziplinarmaßnahmen und Versetzung
- Strafrechtliche Konsequenzen (z.B. Geld- oder Freiheitsstrafen)
- Zivilrechtliche Klagen auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld
- Leistungsverlust im Team
- Erhöhte Fluktuation und Krankmeldungen
- Schlechtes Betriebsklima
- Rufschädigung
- Kosten durch Fehlzeiten
Folgen für Betroffene
Folgen für Täter
Folgen für Unternehmen
Gewalt am Arbeitsplatz: Was tun?
Unternehmen haben Mitarbeitern gegenüber eine Fürsorgepflicht. Arbeitgeber müssen Angestellte schützen und Maßnahmen treffen, die Gewalt am Arbeitsplatz verhindern.
Aber wie funktioniert das? Wichtig ist, dass ein Unternehmen eine klare Linie gegen Gewalt in jeglicher Form fährt. Dies muss deutlich nach innen und außen kommuniziert und umgesetzt werden. Hier einige Tipps und Möglichkeiten:
- Klare Werte und Verhaltenskodex definieren
- Verpflichtende Schulungen zu Kommunikation, Diversity und Konfliktmanagement
- Ansprechpersonen oder Beschwerdestellen benennen
- Anonyme Meldesysteme schaffen
- Vorbildfunktion wahrnehmen
- Konflikte frühzeitig erkennen und ansprechen
- Führungskräfte-Trainings zu emotionaler Intelligenz
- Gespräche mit Vertrauenspersonen, HR oder Betriebsrat suchen
- Beweise sichern (Protokolle, Screenshots, Zeugen)
- Psychologische Beratung oder Coaching
- Rechtliche Schritte prüfen
- Definition von Gewalt und Null-Toleranz-Politik
- Festgelegte Abläufe bei Meldung und Untersuchung
- Sanktionsmöglichkeiten und Schutz für Whistleblower
1. Prävention im Unternehmen
2. Führungskräfte sensibilisieren
3. Betroffene unterstützen
4. Klare Regelungen im Arbeitsvertrag
Wichtig ist vor allem: Betroffene müssen sich Hilfe holen und diese auch bekommen – durch unbeteiligte Kollegen, den direkten Vorgesetzten oder den Betriebsrat. Jeder Vorfall muss ernst genommen und aufgearbeitet werden.
Beispiel für eine Erklärung der Unternehmenspolitik
Teil der Prävention und Kommunikation ist ein klares Statement gegen Gewalt im Leitbild des Unternehmens. Das Unternehmen verpflichtet sich dazu, nimmt die Werte in die Unternehmenskultur auf und handelt entsprechend.
Die Formulierung sollte das Thema direkt ansprechen und die Stellung des Arbeitgebers deutlich machen. Ein Beispiel:
Jegliche Form von Gewalt, Belästigung oder Diskriminierung am Arbeitsplatz wird nicht toleriert. Bei Bekanntwerden entsprechender Vorfälle erfolgt eine umgehende Prüfung durch die zuständige Stelle. Betroffene erhalten Unterstützung und werden nicht benachteiligt.
Eine umfangreichere Formulierung liefert die „Initiative Neue Qualität der Arbeit“ (INQA). Sie hat ein Beispiel erarbeitet, wie eine Erklärung der Unternehmenspolitik aussehen kann:
Unsere Einrichtung, die Beispiel GmbH, ist um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten besorgt. Ein besonderes Problem stellen die in letzter Zeit vermehrt beobachteten Übergriffe durch Kunden dar. Wir weigern uns, Gewalt am Arbeitsplatz zu tolerieren, und unternehmen alles, um das Auftreten von Gewaltvorfällen zu vermeiden.
Dazu werden wir das Präventionsprogramm „Gewaltfreier Arbeitsplatz“ umsetzen. Das Programm wird unsererseits angemessen fachlich und finanziell unterstützt, sodass seine Ziele, die Verhinderung gewaltsamer Übergriffe und die Betreuung Betroffener, erreicht werden können. Alle Geschäftsführer und Vorgesetzten sind für die Umsetzung und Aufrechterhaltung des Präventionsprogramms „Gewaltfreier Arbeitsplatz“ zuständig.
Die Mitwirkung der Beschäftigten bei der Gestaltung und Umsetzung des Programms ist erwünscht und wird gefördert. Es wird eine unverzügliche und genaue Berichterstattung von allen gewaltsamen Geschehnissen, ob physische Verletzungen aufgetreten sind oder nicht, erstellt. Opfer von Gewalt am Arbeitsplatz dürfen nicht diskriminiert werden.
Alle Beschäftigten erhalten ein Exemplar dieser Grundsatzerklärung und des Präventionsprogramms „Gewaltfreier Arbeitsplatz“. Gemäß unserem Programm setzen sich alle Beschäftigten einschließlich der Geschäftsführer und Leiter dafür ein, den eigenen Arbeitsplatz und den ihrer Kollegen zu schützen. Verbale Bedrohungen oder physische Handlungen, die eine Sicherheitsgefahr am Arbeitsplatz darstellen, werden unterbunden.
Alle Beschäftigten, einschließlich der Geschäftsführer und Vorgesetzten, sind verpflichtet, sich dafür einzusetzen und das Programm zu unterstützen. Die Vorgesetzten der Beispiel GmbH sind dafür zuständig, dass alle Sicherheits- und Gesundheitserklärungen und Handlungsweisen, welche zur Sicherheit des Arbeitsplatzes beitragen, klar kommuniziert und einheitlich durchgeführt werden.
Unser Programm wird jährlich geprüft und aktualisiert. Datum:
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