Neuer Chef: Neue Chancen – aber auch Risiken
Zuerst einmal: Bitte keine Panik! Das Wichtigste ist, dass Sie jetzt schnell sein Vertrauen gewinnen und zügig eine Beziehung zum neuen Chef aufbauen. Vorgesetzte, gerade die neuen, schätzen Mitarbeiter, die Sie bei Ihren Aufgaben unterstützen, entlasten, Informationen teilen und so die eigene Einarbeitungszeit als Chef verkürzen.
Aber wie gewinnt man das Vertrauen des neuen Chefs?
Ganz einfach: Machen Sie Ihre Hausaufgaben!
Damit ist nicht nur gemeint, dass Sie exzellente Leistungen zeigen und bereitwillig Ihre Hilfe anbieten sollten (ohne zu Schleimen!). Sondern auch, dass Sie möglichst viel über Ihren neuen Chef in Erfahrung bringen: Hat er etwa ein Xing-Profil? Oder gibt es Presseberichte über ihn, Fachartikel von ihm?
Forschen Sie im Internet nach, was für ein Typ Ihr neuer Chef ist, wen er kennt, was ihn interessiert und bewegt, welchen Führungsstil er bevorzugt. So verringern Sie die Gefahr, später in einen Fettnapf zu treten und verstehen besser, wie er denkt und können vielleicht auch manche seiner Entscheidungen antizipieren.
Manche Manager treten ihre neue Ära allerdings nicht alleine an, sondern holen kurzfristig ein paar alte Vertraute nach – insbesondere bei heiklen Sanierungsmissionen. In diesem Fall ist es ratsam, ebenfalls in Erfahrung zu bringen, wer das sein könnte und ob derjenige vielleicht auf Ihrem Posten landen soll. Das wäre natürlich schlecht für Ihre Position.
Das alles ist aber nur wichtige Vorarbeit. Entscheidender ist, auf den neuen Chef einen brillanten ersten Eindruck zu machen, zum Beispiel im ersten gemeinsamen Meeting oder im ersten Vier-Augen-Gespräch.
Dazu ist diese Vorarbeit essenziell. Denn dabei sollten Sie gute Antworten auf seine potenziellen Fragen parat haben. Oder ihm subtil Ihre Loyalität und Ihr Engagement versichern – freilich ohne sich anzubiedern! Schleimer machen sich an der Stelle nur verdächtig – meist zurecht.
Kurz: Bieten Sie sich an – ohne sich anzubiedern.
Insbesondere in turbulenten Zeiten ist Vorsicht geboten. Hier haben kurzfristig eingewechselte Manager nicht viel Zeit zu entscheiden, wer zum künftigen Team zählt und wer nicht. Der erste Eindruck ist deswegen oft ausschlaggebend. Und der prägt Ihr Image noch sehr lange.
Chefwechsel: Tipps für die Übergangsphase
Bei jedem Chefwechsel gibt es eine sogenannte Übergangsphase: Der „Alte“ geht, der „Neue“ kommt – und wird kurz gebrieft. Es gibt eine offizielle Übergabe und meist auch eine Art Antrittsrede. Danach ist der neue Chef offiziell im Amt.
So wäre es zumindest wünschenswert. Manchmal kommt es aber auch vor, dass der alte Chef schon weg ist und der neue noch nicht da. Eine solche Übergangszeit ist besonders heikel. Meist entsteht in dieser Phase eine Art Machtvakuum – und so mancher Kollege nutzt die Gelegenheit vielleicht, um sich neu zu positionieren oder seine eigenen Karriereziele zu verfolgen. Folge: Krallen und Ellenbogen werden heraus geklappt…
Versuchen Sie sich aus diesen Machtspielen und -kämpfen so gut wie möglich herauszuhalten. So etwas bleibt selten ohne Folgen – auch im Team. Zudem soll Sie der neue Chef als Leistungsträger identifizieren – nicht als potenziellen Stuhlbeinsäger oder gar Königsmörder, weil er glaubt, übergangen worden zu sein.
In solchen Übergangsphasen ist „abwarten und beobachten“ oft die bessere Strategie. Bleiben Sie aber bitte nicht zu passiv. Sie als Mitarbeiter mit all Ihren Stärken und Talenten kennenzulernen, ist nicht nur eine Holschuld des neuen Chefs, sondern auch eine Bringschuld!
Nicht wenige (langjährige) Mitarbeiter entwickeln in dieser Zeit divenhafte Züge und meinen, der neue müsste sie doch bitte umgarnen, hofieren, wertschätzen – schließlich ist er der „Neue“. Fehler! Der „Neue“ ist zunächst einmal neuer Chef – und darf deshalb mit Ihrer Leistung und Loyalität rechnen.
Andersrum wird eher ein Schuh daraus: Nutzen Sie die erste Kennenlernphase für eine Art Mini-Bewerbung. Zeigen Sie, wofür Sie stehen, was in Ihnen steckt und dass man sich auf Sie verlassen kann – und Sie gelangen schnell in den Status eines vertrauten Verbündeten und in den engeren Kreis.
Neuer Chef: Auf keinen Fall schauspielern!
Sie dürfen davon ausgehen, dass auch Ihr neuer Chef seine Hausaufgaben gemacht hat, Ihre Personalakte gelesen, sich über Ihre vergangenen Leistungen informiert und Sie vielleicht ebenfalls ausgegoogelt hat.
Er kennt also Ihre Referenzen, mögliche Schwächen und vergangene Fehler – und wird Sie vielleicht sogar darauf ansprechen.
Dann ist es wichtig, dass Sie Kritikfähigkeit beweisen und zeigen, aus Ihren Fehlern gelernt zu haben.
Die Kombination aus Vorabrecherche, Offenheit, Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft und Leistungswillen zählt mehr als schauspielerisches Talent. Das ist der Humus, auf dem gegenseitiger Respekt und Vertrauen wachsen können.
Neuer Chef? Fragen, die Sie ihm stellen sollten
Darüber hinaus ist ein regelmäßiger Austausch und Dialog mit dem neuen Vorgesetzten das A und O für eine intakte Beziehung. Stellen Sie Ihrem neuen Chef daher (regelmäßig) Fragen – kluge Fragen vor allem. Die dokumentieren Interesse an einem Sachverhalt, Lernwillen und die Bereitschaft, sich zu verbessern – natürlich mit der Einschränkung, dass die Fragen keine Lappalien behandeln.
Wenn Sie gerade denken: Ich weiß aber nicht, was ich den Chef fragen soll…, dann ist das kein Problem: Wir haben die wichtigsten Fragen gesammelt, die Sie Ihrem Chef (immer wieder mal) stellen sollten:
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Wie sehen Sie mich aktuell?
Eine Frage, die Mitarbeiter regelmäßig stellen sollten, um den aktuellen Stand im Unternehmen und gerade auch beim neuen Chef persönlich auszuloten. Es schadet nie zu hören, als welchen Teil des Teams ein neuer Chef Sie sieht. Anhand der Einschätzungen kann man bereits gut erkennen, ob man sich auf einem guten Weg befindet, um sich möglicherweise für zukünftige Beförderungen zu empfehlen oder den eigenen Verantwortungsbereich zu vergrößern.
Allerdings sollte man dann auch bereit sein, die Antwort zu hören, wenn diese nicht so positiv ausfällt, wie man vielleicht erhofft hatte. Aber auch das ist natürlich eine Chance, die Erkenntnis, dass man nicht alleine für den Erfolg des Teams verantwortlich ist, kann aber schmerzhaft sein und das Ego ankratzen. -
Was macht für Sie besonders gute Mitarbeiter aus?
So wie sich Führungsstile von Chef zu Chef unterscheiden, variieren auch die Prioritäten was die Fähigkeiten und Eigenschaften der Mitarbeiter angeht. Die einen setzen auf Kreativität, andere auf Sorgfalt und große Konzentration und wieder andere sind von Ehrgeiz und großem Arbeitswillen beeindruckt. Achten Sie darauf, den richtigen Zeitpunkt für eine solche Frage zu finden, denn für die Kaffeeküche oder den Büroflur ist sie ungeeignet.
Mit dieser Frage zeigen Sie ganz konkret: Ich möchte zu einem der besten Mitarbeiter gehören und mich dementsprechend weiterentwickeln. Versteifen Sie sich aber nicht zu sehr darauf, sondern bleiben Sie auch weiterhin sich selbst treu. Alles andere wirkt gespielt und unautenthisch. -
Welchen Kommunikationsstil bevorzugen Sie?
Direkte vis-a-vis Gespräche, E-Mails, Telefonate oder Meetings in der größeren Gruppe? Unterschiedliche Chefs bevorzugen auch unterschiedliche Kommunikationskanäle. Wissen Sie, wie Ihr neuer Chef sich am liebsten austauscht und was er für besonders effizient hält? Wenn nicht sollten Sie ihn danach fragen und sich entsprechend anpassen.
Gerade für Vorgesetzte macht Kommunikation einen wichtigen Teil der Arbeit aus, da sie im ständigen Austausch mit vielen verschiedenen Parteien stehen. Anstatt ihm die Arbeit zu erschweren, sollten Sie auf Ihren Vorgesetzten zugehen – auch stellen Sie so sicher, dass Informationen auf jeden Fall ankommen und auch Beachtung finden. -
Was erwarten Sie im nächsten Jahr von mir?
Als Personalverantwortlicher hat Ihr neuer Chef vermutlich eine mehr oder weniger konkrete Vorstellung davon, was er in nächster Zeit von seinen Mitarbeitern erwartet. Leider machen aber nur wenige den Schritt und teilen dies aktiv mit. Stattdessen wird stumm vorausgesetzt, dass die Mitarbeiter wissen, was von ihnen erwartet wird. Genau das ist aber in den meisten Fällen nicht der Fall und so sind am Ende beide Seiten frustriert.
Wenn der Boss nicht auf Sie zu geht, machen Sie den ersten Schritt und erkundigen Sie sich nach seinen Erwartungen für die kommenden Monate oder das nächste Jahr. Wünscht er sich mehr Eigeninitiative, neue und frische Ideen oder sollen Sie sich einbringen und mehr Verantwortung übernehmen? Nur wenn Sie wissen, was erwartet wird, können Sie auch gezielt daran arbeiten, diesen Anforderungen gerecht zu werden. -
Wo kann ich mich verbessern?
Nein, damit zeigen Sie keine Schwäche oder erinnern den Chef daran, dass Sie in manchen Bereichen noch Nachholbedarf haben. Vielmehr demonstrieren Sie Ehrgeiz und den Wunsch, noch besser zu werden und den Anforderungen nicht hinterherzuhecheln, sondern mit Ihren Fähigkeiten voranzugehen. Man drückt sich gerne davor, doch Feedback zum eigenen Potenzial sollte regelmäßig erfolgen, um sich nicht einfach auszuruhen und auf der Stelle zu treten.
Nachdem das Thema zur Sprache gekommen ist, sollten Sie aber auch Taten folgen lassen. Sonst wird Ihr neuer Chef sich möglicherweise wundern, was aus dem anfänglichen Elan geworden ist. Wenn Sie wissen, wo Sie noch an sich arbeiten können, dann sollten Sie dies nicht auf die lange Bank schieben, sondern handeln und so den Chef überzeugen. -
Kann ich mich an diesem Projekt beteiligen?
Zu entscheiden, welcher Kollegen welches Projekt und welche Aufgabe übernimmt, obliegt dem Chef und den Teamleitern. Falsch wäre es jedoch, sich immer einfach damit abzufinden, sich aber insgeheim doch darüber zu ärgern. Fragen Sie stattdessen einfach nach, wenn ein Projekt Ihr Interesse geweckt hat oder Sie das Gefühl haben, mit Ihren Fähigkeiten oder Ihrem Wissen dazu beitragen zu können.
Eventuell weiß Ihr neuer Chef gar nicht, dass Sie sich auch für diesen Bereich interessieren – eben weil Sie das bisher noch nie angesprochen haben. Und natürlich ist es nie verkehrt, seine Motivation offen zu zeigen und dem Vorgesetzten zu sagen, dass man gerne über den eigenen Tellerrand hinaus blicken möchte. -
Inwieweit wollen Sie in Entscheidungen einbezogen werden?
Die Antwort auf diese Frage wird Ihnen Auskunft über den Führungsstil Ihres Vorgesetzten geben. Nimmt er es sehr genau, will über alles informiert werden und erwartet, dass Sie bei jeder Entscheidung und jeder Anpassung der Vorgehensweise Rücksprache halten? Oder lässt er Ihnen freiere Hand, kann Verantwortung abgeben und setzt darauf, dass seine Mitarbeiter auch in Eigenregie erfolgreich arbeiten können?
Mit diesem Wissen können Sie besser mit dem Chef zusammenarbeiten, wissen aber auch, worauf Sie sich dabei einlassen. Nicht jeder Mitarbeiter kommt mit jedem Führungsstil zurecht, vielleicht brauchen Sie die Freiheiten und selbstständigen Entscheidungen. Bei möglichen Differenzen können Sie auch gleich versuchen, gemeinsam eine Lösung zu finden. -
Wie regelmäßig können Sie mir Feedback geben?
Eigentlich sollten regelmäßige Feedbackgespräche zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem normal sein, in der Praxis sieht das allerdings oft anders aus. Meist liegt es in den Händen der Angestellten, sich um regelmäßige Rückmeldungen zu kümmern. Das sollten Sie aber auch unbedingt tun. Nur weil Ihr neuer Chef das Thema nicht anspricht, sollten Sie es nicht auf sich beruhen lassen.
Am besten ist hier von Anfang an eine Regelmäßigkeit einzuführen, beispielsweise ein Gespräch im Abstand von drei Monaten. Damit ersparen Sie sich auch das erneute zur Sprache bringen. Wenn der neue Chef sich an die Absprache hält, reicht eine kurze Erinnerung per Mail aus. -
Sehen Sie Chancen für einen beruflichen Aufstieg?
Manchmal muss man die Dinge einfach gerade heraus ansprechen und beim Namen nennen. Sie wollen sich in Zukunft beruflich weiter und genauer gesagt nach oben entwickeln? Dann fragen Sie Ihren Chef, ob diese Chancen in der nächsten Zeit gegeben sind. Nicht in jedem Unternehmen sind entsprechende Aufstiegschancen gegeben und es ist besser, dies möglichst früh und rechtzeitig zu erfahren, um die eigene Planung anpassen zu können.
Sollte Ihr neuer Chef versuchen, sich aus dem Thema herauszureden, liefern Sie Beispiele. Etwa, dass Ihnen aufgefallen ist, dass die letzte Beförderung in der Abteilung schon eine ganze Weile her ist. Doch auch das Schweigen des Vorgesetzten können Sie als Antwort interpretieren, da es keinen Grund gibt, tatsächlich bestehende Chancen auf einen beruflichen Aufstieg zu verschweigen. -
Welchen Wert habe ich für das Unternehmen?
Die Frage ist – zugegeben – heikel. Wenn die Antwort „keinen“ lautet, sind Ihre Tage in dem Laden womöglich gezählt. Deshalb sollten Sie natürlich für sich schon vorab prüfen, welchen Mehrwert Sie tatsächlich bieten.
Darüber hinaus aber ist die Antwort aufschlussreich. Sie bietet Ihnen die Chance, zu erkennen, wie der Chef Ihre Arbeit in der Gesamtorganisation bewertet und wo Sie sich vielleicht in Zukunft noch wertvoller und unentbehrlicher machen können. Davon abgesehen bieten diese Erkenntnisse natürlich auch eine gute Basis für das nächste Gehaltsgespräch. -
Was halten Sie von (dieser) Idee?
Vorschläge und Ideen sollten der Motor in jedem Team sein, leider entwickelt sich jedoch oft eine falsche Einstellung in diesem Bereich. Gerade wenn der Chef den Eindruck vermittelt, neue Anreize würden ohnehin nicht ernst genommen und schon gar nicht umgesetzt, werden Anregungen nicht mehr geäußert, sondern gleich für sich behalten.
Dennoch sollten Sie den neuen Chef immer nach seiner Meinung fragen und Ihre Ideen vorbringen. Das kann frustrierend sein, wenn einige davon abgelehnt werden oder wenig Beachtung finden, aber nur so können Sie selbst mitgestalten, in welche Richtung sich das Team entwickelt und zeigen dem Chef gleichzeitig, dass Sie sich ernsthafte Gedanken über Verbesserungen machen. -
Wie geht es Ihnen?
Eine simple Frage, sicher. Die meisten Kollegen stellen sie aber nur untereinander – nicht dem Chef gegenüber. Schade. Denn der ist schließlich auch ein Mensch.
Überdies ist es eine einfache und effektive Gelegenheit, etwas für die Atmosphäre am Arbeitsplatz zu tun, eine freundliche Beziehung zum Chef aufzubauen und vielleicht sogar die ein oder andere Information zu erhalten, weil man darüber in ein Gespräch einsteigt. Gleichzeitig beweisen Sie Ihre Empathie und guten Manieren, sich auch mal nach dem Wohlbefinden Ihres Gesprächspartners zu erkundigen.