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Retromanie: Warum wir glauben, dass früher alles besser war


Früher war alles besser. Die Kindheit unbeschwerter, der Urlaub sonniger und für eine Mark gab es noch richtig was zu kaufen. Retromanie, Nostalgie oder einfach Gegenwartsflucht könnte man das nennen. Denn was wir im Rückblick als positiv und bereichernd wahrnehmen, muss mit der tatsächlichen Vergangenheit gar nichts zu tun haben. Doch die Retromanie hat eine ganze Reihe von Vorteilen und hilft uns sogar dabei, die eigene Gegenwart besser auszuhalten…


Retromanie: Warum wir glauben, dass früher alles besser war

Retromanie: Was versteht man darunter?

Retromanie, Nostalgie und Sehnsucht – diese Wörter hängen eng zusammen und lassen sich durch eine alltagssprachliche Definition nur schwer voneinander trennen.

In der Sozialpsychologie ist man sich aber einig, dass Retromanie und Nostalgie noch einen Schritt weiter gehen, als die herkömmliche Sehnsucht. Wer mit nostalgischen Gedanken seiner Vergangenheit nachhängt, der ist in diesem Moment emotional ergriffen und hat dabei eine lebhafte, manchmal sogar intensive Sehnsucht.

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Wie entstehen Erinnerungen?

Wie Erinnerungen konkret entstehen, wird noch erforscht. Unstrittig ist dabei aber, dass wir unsere Erinnerungen selbst kreieren. Ebenso unzweifelhaft ist, dass wir dabei die wichtigen Punkte unserer Biographie abspeichern. Das müssen nicht nur die einschneidenden Erlebnisse wie das erste eigene Gehalt oder die erste Kündigung sein, es gibt auch kollektive Erinnerungen, die wir alle uns teilen. Das 7:1 von Deutschland gegen Brasilien im Halbfinale der Fußball-WM 2014 ist eine solche Erinnerung.

Wie wir uns später an bestimmte Ereignisse erinnern, hängt mit unserer Stimmung zusammen, in der wir sie abspeichern. Aber auch das ist nicht in Fels gemeißelt. Wir können die Erinnerung an unser erstes Praktikum mit einem guten Gefühl in unserem Oberstübchen ablegen und uns später trotzdem über die fehlende Bezahlung oder das unbrauchbare Praktikumszeugnis ärgern. Je öfter wir mit einem schlechten Gefühl und Ärger daran zurückdenken, umso negativer färben wir die Erinnerung ein.

Anders gesagt: Was heute noch eine schöne und positive Erinnerung ist, kann in einigen Jahren schon ganz anders aussehen. Es gibt also nicht die eine Erinnerung an die Vergangenheit, sondern jedes Mal, wenn wir an etwas Bestimmtes denken, verändern wir es ein Stückchen in eine andere Richtung.

Dabei beeinflussen nicht nur wir, sondern auch die Anderen unsere Eindrücke. Die Stimmung unseres Gesprächspartners und die Art und Weise, wie er oder sie sich an das Geschehene erinnert, drücken unserem Gedächtnisbild einen Stempel auf.

Das alles gilt nur für diejenigen Menschen, die keine psychischen Verstimmungen haben oder gar unter einer Depression leiden. Denn hier zeigt sich ein anderes Bild: Depressive Menschen verklären die Vergangenheit nicht, sondern neigen eher dazu, sie so wahrzunehmen, wie sie ist. Mit anderen Worten: Depressive haben realistischere Erinnerungen als wir.

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Wieso glauben wir, dass früher alles besser war?

Ein paar Gründe werden in der Forschung diskutiert, die dafür verantwortlich sind, dass wir uns mit einem behaglichen, wohligen Gefühl an die gute, alte Zeit erinnern:

  1. Die Vergangenheit wirkt auf die Gegenwart.

    Denken wir an unsere Kindheit zurück, erinnern wir uns hauptsächlich an die positiven Seiten. Psychologen vermuten darin einen wichtigen Effekt: Wir sehen die Vergangenheit besser als sie war, um an der Gegenwart nicht zu verzweifeln. Hätten wir ein realistisches Gedächtnis, würden wir Erinnerungen so abspeichern, wie sie waren – und das bedeutet eben nicht immer positiv. Mit schlechten Erinnerungen in die Zukunft zu starten, kann uns aber belasten und uns sogar davon abhalten, neue Erfahrungen zu machen aus Angst davor, etwas Negatives zu erfahren und/oder zu scheitern.

    Ein Beispiel: Sie haben bei Ihrem vorherigen Arbeitgeber schlechte Erfahrungen gemacht. Die Mehrzahl der Überstunden, die Sie geleistet haben, wurde Ihnen nicht vergütet und einen Überstundenausgleich gab es auch nicht dafür. Das hat Sie derart verärgert, dass Sie schließlich gekündigt haben.

    Natürlich beschäftigt Sie diese Erfahrung noch einige Wochen und Monate, aber nach einiger Zeit, wird sie langsam verblassen – und das ist auch gut so. Wenn Sie damit nämlich nicht abschließen, belasten Sie ihr neues Arbeitsverhältnis damit.

  2. Ein prägendes Jahrzehnt bestimmt unsere Erinnerung.

    Das hängt damit zusammen, dass das zweite Lebensjahrzehnt uns so prägt wie kein anderes davor oder danach. In den Jahren zwischen 18 und 28 machen wir wichtige Erfahrungen und erleben viele einschneidende Erlebnisse zum ersten Mal: Berufsausbildung, Studium, erster Job und vielleicht auch erster Jobwechsel gehören dazu. Diese Dinge bleiben im Gedächtnis und dienen uns im weiteren Leben und während unserer weiteren Erwerbsbiographie als Blaupause für zukünftige Erlebnisse.

    Der Befund, dass wir die Vergangenheit mit steigendem Alter immer positiver betrachten, hat einen einfachen Hintergrund: Jedes Mal, wenn wir uns an etwas aus unserer Vergangenheit erinnern, schreiben wir unsere Erinnerung daran um. Das Schülerpraktikum in der Eventagentur wirkt wenige Wochen später vielleicht noch als Zeitverschwendung, nach einigen Monaten oder Jahren wird es aber zu einer tollen und wichtigen Erfahrung, die wir nicht mehr missen möchten – obwohl wir nur Kaffee gekocht haben.

    Je älter wir werden, desto häufiger überschreiben wir unsere Erinnerungen selbst. Das ist ein Grund dafür, warum gerade Senioren so häufig von der guten, alten Zeit reden, obwohl sie im Einzelfall gar nicht so toll gewesen ist. Das bestätigen ganz aktuelle Ergebnisse: Laut einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung denken zwei Drittel aller befragten Europäer in Deutschland, Spanien, Polen, Italien und Frankreich, dass früher tatsächlich vieles – und manchmal auch alles – besser war.

  3. Retromanie ist eine Form der Realitätsflucht.

    Untersuchungen zeigen, dass wir uns öfter in unsere Erinnerungen flüchten, je unangenehmer und bedrohlicher wir die Gegenwart empfinden. Studienergebnisse zeigen, dass wir unsere eigene Kindheit als positiver und glücklicher wahrnehmen, je bedrückender wir die aktuelle Realität wahrnehmen.

    Dauerstress, Druck und eine enorme Auswahl an verschiedenen Optionen machen uns also nicht glücklicher, sondern sind handfeste Stressfaktoren. Der Glaube an die gute als Zeit hat also auch mit Überforderung zu tun.

Zu viel Auswahl stresst uns

Dass uns ein Überangebot an Auswahl nicht glücklich, sondern eher ratlos macht, ist auch unter dem Namen Marmeladen-Paradoxon oder Marmeladen-Experiment bekannt. Denn die Ergebnisse wurden tatsächlich im Supermarkt im Rahmen einer kleinen Studie mit verschiedenen Marmeladensorten gefunden.

Und das ging so: Die Forscher stellten zwei Stände mit Marmeladen zum Probieren auf. An einem Stand konnten die Supermarktbesucher aus 24 Marmeladen wählen, an dem anderen nur aus sechs. Der Stand mit 24 Marmeladen erhielt die größere Aufmerksamkeit. Vermutlich deshalb, weil uns ein großes Angebot anspricht – zunächst jedenfalls. Am Ende des Tages zeigte sich nämlich, dass an dem Stand mit nur sechs Sorten mehr Käufer Marmeladen ausprobiert haben, als an dem anderen.

Der Grund dafür liegt in unserem Belohnungszentrum. Haben wir die Wahl zwischen einer großen, mittleren und kleinen Auswahl, springt unser Belohnungszentrum bei der mittleren Auswahl am ehesten an. Dahinter steckt eine einfache Kosten-Nutzen-Rechnung: Eine große Auswahl ist zwar schön, fordert bei der Entscheidung aber zu viele Ressourcen. Der Aufwand für das Gehirn ist viel größer als bei der mittleren Menge und zeigt im Vergleich zum Ertrag keinen wirklichen Mehrwert.

Sind wir also permanent mit einer riesigen Auswahl konfrontiert, überfordert das unsere psychologischen Ressourcen. Das Ergebnis: Am Ende sind wir mit dem Auswahlprozess eher unzufrieden und bereuen unsere Entscheidung gar.

Die Retromanie ist in dieser Hinsicht ein guter Helfer: Wie schön war es doch früher, als wir im Tante-Emma-Laden um die Ecke lediglich zwischen Himbeer- und Erdbeermarmelade wählen mussten – und die Befunde der Neurobiologie geben uns Recht.

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Welche Vorteile hat der verklärte Blick auf die Vergangenheit?

Eine überschreibbare Erinnerung kann auch Vorteile haben. So gehen einige Forscher davon aus, dass wir ohne die rosarote Vergangenheitsbrille schlechter von anderen lernen könnten. Eine fluide Erinnerung bedeutet nämlich auch, dass wir nicht zwingend auf unserer Meinung und Sichtweise beharren. Mit einem Auge auf die gute, alte Zeit zu linsen, macht uns anderen gegenüber also gewogener.

Zum anderen trägt unser wechselhaftes Gedächtnis auch zu unserer psychischen Gesundheit bei. Wir Menschen kommen schlecht damit zurecht, wenn unsere Erinnerungen widersprüchliche Gefühle in uns hervorrufen. In der Sozialpsychologie wird dieser Zustand als kognitive Dissonanz bezeichnet. Und diese Dissonanz wollen wir mit allen Mitteln überwinden.

Der verklärte Blick auf die Vergangenheit ist einer davon. Indem wir unsere Erinnerungen in eine Richtung ändern, die eher unseren Vorstellungen entspricht, können wir die Dissonanz auflösen.

Eine Studie der Universität von Southampton kommt zu dem Ergebnis, dass wir ein positiveres Selbstbild und Fremdbild haben, wenn wir uns gerne an unsere Vergangenheit erinnern. Denn das gute Gefühl, das sich dabei einstellt, überträgt sich auf das Hier und Jetzt und macht uns zufriedener und glücklicher.

Dabei machten die Forscher eine interessante Entdeckung: Wenn es kalt ist, hängen wir eher unseren Gedanken nach und rufen uns schöne Erlebnisse in Erinnerung.

Das Verblüffende: Wir werden dadurch nicht nur besser gelaunt, das schöne Andenken macht die Kälte erträglicher. Eine schöne Erinnerung verbreitet also Wärme – und das auch im metaphorischen Sinne.

Bekannt ist das auch als sogenannter Nostalgie-Effekt. Menschen, die kurz zuvor an eine erfreuliche Episode aus ihrer Vergangenheit gedacht haben, schätzen ihre Fähigkeiten, auf andere Menschen zuzugehen, deutlich besser ein.

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[Bildnachweis: Dmytro Zinkevych by Shutterstock.com]

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