Definition: Was ist Fachkräftemangel?
Fachkräftemangel ist ein Zustand auf dem Arbeitsmarkt, bei dem gut ausgebildete Arbeitnehmer für verschiedene Berufe und Branchen fehlen. Es gibt mehr freie Arbeitsstellen und Personalbedarf als Fachkräfte mit passender Qualifikation (Ausbildung oder Studium).
Wichtige Merkmale für den Mangel an qualifizierten Arbeitnehmern sind:
-
Vakanzzeit
Die Vakanzzeit misst die Dauer von der Ausschreibung einer offenen Stelle bis zur Besetzung mit einem geeigneten Mitarbeiter. Eine große Vakanz spricht für Fachkräftemangel.
-
Unbesetzte Stellen
Unternehmen melden regelmäßig, dass Stellen nicht besetzt werden können. Positionen bleiben frei, weil kein passender Arbeitnehmer gefunden wird.
-
Bewerbermangel
Auf freie Stellen gibt es keine oder nur wenige Bewerbungen. Arbeitgeber warten lange auf passende Kandidaten und haben wenige Auswahlmöglichkeiten.
-
Gehaltssteigerungen
Arbeitgeber bieten höhere Gehälter, um begehrte Fachkräfte zu gewinnen. Das Gehaltsniveau steigt teilweise deutlich und in kurzer Zeit.
-
Auszubildendenmangel
Bei Fachkräftemangel fehlt der Nachwuchs. Es gibt nicht genügend Azubis und Ausbildungsplätze werden nicht besetzt.
Gibt es Fachkräftemangel in Deutschland?
In Deutschland gibt es seit vielen Jahren einen Fachkräftemangel. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen 520.000 und 570.000 qualifizierte Arbeitnehmer fehlen – in den nächsten Jahren soll diese Zahl deutlich steigen.
Die Bundesagentur für Arbeit spricht bisher zwar nicht von einem flächendeckenden Fachkräftemangel in Deutschland, Unternehmen merken aber zunehmend Schwierigkeiten. In Umfragen geben mehr als 50 Prozent der Arbeitgeber fehlende Fachkräfte als Risiko für das eigene Unternehmen an.
Welche Branchen sind betroffen?
Viele Branchen spüren den Fachkräftemangel, einige Berufe sind aber besonders stark betroffen. Unsere Übersicht zeigt die Bereiche und Jobs mit dem größten Fachkräftemangel in Deutschland:
- Pflegefachkraft
- Altenpfleger
- Gesundheitspfleger
- Krankenpfleger
- Elektroinstallateur
- Zerspanungsmechaniker
- Bauelektriker
- Dachdecker
- Sanitär-, Heizungs- und Klimatechniker
- Softwareentwickler
- Technischer Informatiker
- Cloud-Engineer
- IT-Sicherheitsspezialist
- Maschinenbauingenieur
- Elektroingenieur
- Bauingenieur
- Informatikingenieur
- Lehrer
- Erzieher
- Sozialarbeiter
- Sozialpädagogen
Pflege
Handwerk
IT
Ingenieurwesen
Bildung
Ist der Fachkräftemangel Lüge oder Realität?
Oft wird der Fachkräftemangel kleingeredet oder als Lüge abgetan. Häufiges Argument: Es gibt viele Arbeitslose (aktuell rund 3 Millionen) – also sind grundsätzlich genug Fachkräfte vorhanden. Ein Trugschluss, weil Menschen ohne Beschäftigung nicht automatisch die benötigten Fähigkeiten besitzen.
Fachkräftemangel bezieht sich auf das Fehlen von Ausbildung, Kompetenzen und Schlüsselqualifikationen. Auch bei hoher Arbeitslosigkeit und vielen Jobsuchenden bleiben Stellen unbesetzt, weil Berufsausbildung und Know-how fehlen.
Ursachen für den Fachkräftemangel
Es gibt nicht nur einen einzelnen Grund für den Fachkräftemangel in Deutschland. Die Ursachen sind ein Zusammenspiel zahlreicher Faktoren:
-
Demografischer Wandel
Die Bevölkerung wird immer älter. Geburtenstarke Jahrgänge gehen in Rente, es kommen deutlich weniger junge Arbeitnehmer nach. So steigt der Fachkräftemangel jedes Jahr weiter an.
-
Technologischer Wandel
Schnelle technologische Entwicklungen verändern die Arbeitswelt. Digitalisierung, Automatisierung und künstliche Intelligenz verlangen nach Weiterbildungen und neuen Qualifikationen. Die Nachfrage ist groß, gefragte Fähigkeiten aber (noch) nicht vorhanden.
-
Globalisierung
Gut ausgebildete Fachkräfte sind nicht nur in Deutschland, sondern weltweit gefragt. Bieten internationale Arbeitgeber bessere Rahmenbedingungen, wandern Arbeitnehmer ins Ausland und gehen dem deutschen Arbeitsmarkt verloren.
-
Weniger Ausbildungen
Die Zahl der Studenten steigt, gleichzeitig machen immer weniger junge Menschen eine Ausbildung. Das verzögert den Berufseinstieg und verstärkt den Fachkräftemangel in zahlreichen Ausbildungsberufen.
-
Attraktivität von Berufen
Schlechte Arbeitsbedingungen, geringes Gehalt und schlechte Zukunftsperspektiven – manche Berufe gelten als unattraktiv. Es fehlen Anreize, um junge Menschen für die Berufswahl zu begeistern.
Welche Folgen hat der Fachkräftemangel?
Die erste Folge vom Fachkräftemangel ist das Personalproblem. Unternehmen finden keine geeigneten Mitarbeiter für freie Stellen. Das ist jedoch längst nicht das einzige Problem. Die Konsequenzen sind weitreichend:
- Kein Wachstum
Ohne qualifizierte Mitarbeiter ist kein Ausbau von Geschäftsbereichen und Aufträgen möglich. - Hohe Lohnkosten
Fachkräfte werden mit hohen Gehältern angelockt. Für Unternehmen steigen die Kosten für Personal teils drastisch. - Mehr Belastung
Fehlen neue Arbeitnehmer, muss die vorhandene Belegschaft mehr Aufgaben und Arbeit übernehmen. Die Belastung für jeden einzelnen wächst. - Kaum Innovation
Durch den Fachkräftemangel geht Innovationskraft verloren. Es mangelt an Kompetenzen, neuen Ideen, Perspektiven und auch Geld, das nicht verdient oder für teures Personal investiert wird. - Engpässe
Gefährliche Folge gerade in sozialen Berufen. Es kommt zu Engpässen bei der Versorgung in der Pflege oder im Gesundheitsbereich.
Lösungen gegen den Fachkräftemangel
Schon jetzt ist der Fachkräftemangel ein Problem, in den kommenden Jahren sollen je nach Schätzung und Studie mehr als drei Millionen qualifizierte Arbeitnehmer in Deutschland fehlen. Die entscheidende Frage: Welche Lösungen gibt es?
Politik und Arbeitgeber arbeiten gemeinsam an verschiedenen Wegen. Das Ziel: Nicht nur einzelne Maßnahmen durchführen, sondern ein umfangreiches Paket umsetzen, um den Fachkräftemangel an verschiedenen Stellen zu bekämpfen. Hier sind die wichtigsten Aspekte dabei:
-
Berufe attraktiver machen
Bessere Arbeitsbedingungen, höheres Gehalt und Karrierechancen machen Berufe zu einer attraktiveren Jobwahl. Mögliche Maßnahmen umfassen die Einführung flexibler Arbeitszeiten, besseren Aufstiegschancen und Weiterbildungsmöglichkeiten.
-
Frauen stärker einbinden
Viele Frauen mit Top-Qualifikationen stehen dem Arbeitsmarkt nicht oder nur teilweise zur Verfügung. Hauptsächlich kümmern sich Mütter um Kindeserziehung oder die Pflege von Angehörigen. Es fehlt in vielen Bereichen an einer wirklichen Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
-
Potenziale besser nutzen
Arbeitssuchende oder Geringqualifizierte haben viel Potenzial, das bisher ungenutzt bleibt. Durch Fortbildungen und Umschulungen werden wichtige Fachkräfte aufgebaut und Personallücken geschlossen. Auch Menschen mit Behinderung entwickeln durch individuelle Qualifizierungsmaßnahmen gefragte Kompetenzen.
-
Fachkräfte international gewinnen
Deutsche Unternehmen brauchen qualifiziertes Personal aus dem Ausland. Schwierigkeiten gibt es hier vor allem auf politischer Ebene. Es braucht Aufenthaltstitel, Arbeitserlaubnis und Anerkennung von Ausbildung oder Qualifikationen.
-
Arbeitskräfte länger binden
Die Frührente von Arbeitnehmern beschleunigt den Fachkräftemangel. Das Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung ermittelte: 1,1 Millionen Arbeitskräfte zwischen 55 und 64 Jahren könnten reaktiviert werden – durch altersgerechte Gestaltung der Arbeit, betriebliches Gesundheitsmanagement und Weiterbildungen.
-
Unternehmenskultur langfristig verbessern
Arbeitgeber bekämpfen den Fachkräftemangel mit einer guten Unternehmenskultur und Employer Branding. Es braucht Wertschätzung für Mitarbeiter, einen transparenten Bewerbungsprozess und respektvollen Umgang mit Kandidaten sowie Angestellten. Gefragte Arbeitgeber ziehen Fachkräfte an.
-
Ausbildung praktischer gestalten
Experten fordern mehr Praxisorientierung in Studiengängen und mehr Informationen zu Ausbildungsangeboten. Das bereitet besser auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes vor und stärkt personalschwache Bereiche. Gerade die duale Ausbildung muss wieder stärker in den Fokus rücken, um die Nachfrage in vielen Berufen in den nächsten Jahren zu decken.
Lösungen zum Fachkräftemangel gelingen nur durch strukturelle Veränderungen in der Politik und Maßnahmen in Unternehmen. Wichtig ist zudem schnelles Handeln, bevor Millionen Arbeitnehmer fehlen.
Was andere dazu gelesen haben