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Die Kunst, seine Feinde zu lieben

„Viel Feind, viel Ehr“, lautet ein Sprichwort. Ein paar gut gepflegte Feindschaften und Konkurrenzdenken machen erfolgreicher als moralinsaure Wir-haben-uns-alle-lieb-Parolen. Denn Feinde spornen an. Noch besser aber ist, seine Feinde zu lieben…



Die Kunst, seine Feinde zu lieben

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In aller Feindschaft

Feinde sind manchmal die interessanteren Zeitgenossen. Sie fordern uns am meisten: Wirkliche Gegner kennen uns gut genug und unsere Schwachstellen. Das Wissen setzen sie zwar gegen uns ein, man kann die Sache aber auch positiv sehen: Feinde (oder Rivalen) halten uns einen Spiegel vor und geben uns die Chance, an unseren Fehlern zu arbeiten und zu wachsen.

Unsere Feinde sind oft unsere größten Wohltäter, ohne es zu wollen: Sie machen uns aufmerksam auf Fehler, die unsere eigene Eitelkeit und die Nachsicht unserer Freunde und die Gefälligkeit der Schmeichler vor uns verbergen. Schon Honoré de Balzac sinnierte klug: „Wo es keine Feinde gibt, können keine Siege gefeiert werden.“

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Liebet eure Feinde!

Ganz anders, geradezu provokant der Appell von Jesus Christus an seine Jünger: „Liebet eure Feinde!“ Er hatte dabei sogar mehr im Sinn als persönliches Wachstum und kurzfristige Siege. Gleichzeitig bleibt die provokante Aussage eine der größten Herausforderungen des Lebens: Seine Feinde zu lieben – wer kann das schon?!

Mit der Feindesliebe ist weder eine Form von romantischer Zuneigung, noch sexuelle Attraktion gemeint. Es bedeutet schlicht, in dem anderen – trotz oder gerade wegen seiner offenkundigen Feinseligkeit – einen liebenswerten Mitmenschen zu sehen, der genauso Macken und Kanten hat wie wir alle und deshalb auch das Recht, respektiert zu werden. Das macht die Sache zwar nicht leichter. Und je nachdem welche Tat dem vorausging, sogar nahezu unmöglich. Aber es ist auch nicht völlig unmöglich…

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Warum es klug ist, seine Feinde zu lieben

Es spricht sogar einiges dafür, seine Feinde zu lieben! Das klingt latent pathetisch, pastoral, nach Blog-Predigt und Buße 2.0. Aber das macht es nicht weniger wahr. Und zur Beruhigung: Selbst wenn Sie kein Christ sind – die meisten Religionsstifter, Philosophen und Psychologen kommen zu ähnlichen Einsichten. Denn wer seine Feinde liebt…

  • …findet Frieden.

    Rache hat noch nie ein Unrecht gut gemacht. Hass heilt keine Wunden, er betäubt allenfalls kurzfristig den Schmerz. Wer seine Ressentiments pflegt und seine Feinde bekämpft, läuft große Gefahr, dass er dabei ausbrennt, dass ihn seine Wut und Verbitterung innerlich auffressen und sich beides am Ende sogar gegen jene Menschen richtet, die er eigentlich liebt. Vergebung dagegen beendet die Wutspirale, schließt die Vergangenheit ab und lässt einen wieder Frieden finden.

  • …gewinnt Selbstachtung.

    Die Leute zu lieben, die einem Wohl wollen, ist kinderleicht. Reife erlangt aber nur, wer Herausforderungen bewältigt, die über seine bisherigen Grenzen hinausgehen. Und stärker zu sein als seine Instinkte (erst recht den niederen davon zu widerstehen), verleiht enorme Selbstachtung.

  • …wird zum Vorbild.

    Wer sofort zurückschlägt, weil er oder sie verletzt wurde, beweist nicht gerade einen souveränen Charakter. So jemand reagiert nur, statt zu agieren – er wird geführt (vom Aggressor), statt selbst die Führung zu übernehmen. Jemand, der seinen Leidenschaften jedes Mal erliegt, taugt nicht zum Vorbild. Wer dagegen Nonchalance und Ruhe bewahrt, gibt die noblere Figur ab.

  • …verändert seinen Feind.

    Jeder würde erwarten, dass Sie feindselige Attacken retournieren. Allen voran Ihr Feind. Indem Sie aber das Unerwartete und völlige Gegenteil davon tun, zerstören Sie das Spiel – und gewinnen den Krieg. Oder, um noch ein Bild zu bemühen: Sie entziehen dem Feuer das Öl. Damit bekommt Ihr Counterpart zugleich mehr Zeit über sie beide nachzudenken oder gar auf Sie zuzugehen, statt seinen nächsten Angriff vorbereiten zu müssen. Nicht selten leitet allein das einen Sinneswandel auf beiden Seiten ein.

  • …schafft sich einen Freund.

    Da wo große Emotionen im Spiel sind, können aus besten Freunden Todfeinde werden. Oder umgekehrt: Die Geschichte ist voll von Kriegen, aber auch von großen Versöhnungen aus denen tiefe Freundschaften entstanden. So soll der US-Präsident Abraham Lincoln noch während des Bürgerkriegs über die verfeindeten Südstaaten gefragt haben: „Zerstöre ich nicht meine Feinde, wenn ich sie zu meinen Freunden mache?“ Und gerade jemand, der bisher erbittert anderer Leute Schwächen verfolgte, hat oft genug Talent, diese als Freund auszugleichen.

Feindesliebe zu praktizieren, ist voller Vorteile – aber schwer, keine Frage. Deshalb zum Abschluss noch ein paar Tipps, wie auch Sie Ihre Feinde lieben lernen können…

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Tipps: Wie kann ich meine Feinde lieben?

Sich mit seinen Feinden zu versöhnen, ist ein kleines Kunststück. So kann Feindesliebe funktionieren:

Durchatmen

Bevor man irgendetwas Unüberlegtes tut: erst einmal tief durchatmen! Zorn ist ein schlechter Ratgeber. Psychologen raten unisono in Krisensituationen erst einmal drei Gänge zurückzuschalten und sich seiner eigenen Gefühle bewusst zu werden: Was fühle ich genau? Warum? Ist das gut und vernünftig? Es geht darum, die Situation zunächst zu objektivieren. Das verlangt viel Disziplin, keine Frage. Bewahrt aber womöglich vor einer noch größeren Dummheit.

Vergeben

Gemeint ist hier kein sentimentaler Ausbruch. Aber ohne Vergebung kann niemand seine Feinde lieben. Irgendwann muss man die Situation akzeptieren, wie sie ist und sich versöhnen – unabhängig davon, wie sehr man verletzt wurde. Die Vergangenheit kann man eh nicht mehr ändern. Aber die Zukunft – und damit hat jeder die Chance, wieder über sein Leben zu bestimmen. „Wenn wir unsere Feinde hassen, geben wir ihnen große Macht über unseren Schlaf, unseren Appetit, unsere Gesundheit und unsere Geistesruhe“, schrieb Andrew Carnegie. Warum sollte das so bleiben?

Vergessen

Das hängt eng mit dem Vergeben zusammen. Mit der Vergangenheit abzuschließen bedeutet auch, alte Wunden nie mehr aufzureißen. Sowohl im eigenen Interesse, aber auch, weil es Teil der Abmachung ist, sich wirklich zu versöhnen und zu vergeben.

Umdenken

Unsere Wahrnehmung ist alles andere als objektiv, sondern meist recht einseitig. Wer anfängt, in seinem Feind einen Menschen zu erkennen, der Motive hat und Fehler, wer sich in seine Lage versetzt, entwickelt eine viel klarere Sicht der Dinge, baut eigenen Stress ab und gewinnt Verständnis. „Wir vergeben fast immer, wenn wir verstehen“, erkannte auch Michail Lermontow.

Suchen

Egal, wie böse die Tat war – sie definiert den anderen nie völlig. Jeder Mensch hat auch seine guten Seiten. Zugegeben, bei manchen muss man sie länger suchen. Aber es gibt sie. Indem man seinen Blick darauf fokussiert, verändert man zwar noch nicht den anderen, aber sich selbst. Oft bemerkt man dabei, dass die Feinseligkeit nur auf Stolz, Angst, Ignoranz, Vorurteilen oder Missverständnissen beruhte. Und womöglich erkennt man darin sogar etwas von sich selbst. Die Erkenntnis baut Feindschaft ab: „Was nicht in uns selber ist, das regt uns nicht auf“, wusste Hermann Hesse. Wie wahr!

Auch wenn es schwer fällt: Versuchen Sie Ihre Feinde zu lieben. Es lohnt sich!


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[Bildnachweis: Karrierebibel.de, KI]