Wenn-Dann-Regel Bedeutung: Was ist das?
Wer mit Excel arbeitet, kennt die Wenn-Dann-Regel als Wenn-Dann-Formel oder Wenn-Funktion.
Sie ermöglicht beispielsweise bei Serienbriefen eine möglichst individuelle Anrede oder bei einer Umsatzliste das Errechnen von Rabatt, wenn nötig. Die Wenn-Dann-Regel kann aber auch für völlig andere Bereiche eingesetzt werden. Teilweise heißt sie auch:
- Wenn-Dann-Satz
- Wenn-Dann-Beziehung oder
- Bedingung-Folge-Satz.
In allen Fällen geht es um eine Ursache-Wirkungsbeziehung zwischen zwei Variablen: Die Wenn-dann-Regel besagt, wenn eine bestimmte Bedingung gegeben ist, dann agiere ich auf eine bestimmte Art und Weise:
- WENN ein konkreter Fall gegeben ist,
- DANN wird dies oder jenes geschehen.
Ähnlich wie bei einem Excel-Befehl können Sie noch ergänzen:
- SONST muss dies oder jenes folgen.
Aus sprachlicher Sicht handelt es sich bei den mit wenn eingeleiteten Nebensatz um einen sogenannten Konditionalsatz, denn es wird eine bestimmte Kondition, also Bedingung vorausgesetzt. Er wird daher auch als Bedingungssatz bezeichnet.
Zusammen mit dem Hauptsatz ergibt die Wenn-Dann-Regel ein Konditionalgefüge. In der Wirtschaft zählen Wenn-Dann-Regeln als regelbasierte Systeme, die beispielsweise in der Produktionsplanung und -steuerung eingesetzt werden.
Wenn-Dann-Regel als Motivation für eigene Ziele
Die Wenn-Dann-Regel lässt sich auf alle möglichen Lebensbereiche anwenden. Wer kennt das nicht – vor allem zum Jahreswechsel setzen sich Menschen immer wieder Ziele: Endlich abnehmen, endlich mehr Sport machen, endlich weniger rauchen. Nicht selten verpuffen die hehren Ziele nach wenigen Wochen.
Es ist frustrierend, wenn selbst klein und realistisch gesteckte Ziele nicht erreicht werden können. Wie lassen sich solche Ziele aufrechterhalten? Diese Frage ist besonders interessant, wenn es um ehrgeizigere Zielvorhaben geht, etwa bezogen auf das Arbeitsleben.
Die Hamburger Motivationspsychologin Gabriele Oettingen fand in zahlreichen Studien heraus, dass längst nicht alle Techniken zielführend sind. Übertrieben positives Denken etwa führt dazu, dass Menschen sich in der vermeintlichen Gewissheit, etwas zu schaffen, ausruhen und dann im Prinzip sämtliche (notwendigen!) Anstrengungen gleich bleiben lassen.
Was hingegen funktioniert, ist die Wenn-Dann-Regel; in der Psychologie wird von solchen Plänen als Durchführungsvorsätze gesprochen. Hilfreich ist diese vor allem für Menschen, die lageorientiert sind. Denn im Gegensatz zu handlungsorientierten Menschen kreisen Lageorientierte viel zu sehr um ihre derzeitige Situation, statt einen gefassten Vorsatz schnell umzusetzen.
Entwickelt werden die benötigten Wenn-Dann-Regeln anhand einer Technik, die Oettingen als mentales Kontrastieren bezeichnet. Dazu müssen Sie zunächst an das denken, was Sie sich wünschen.
Als nächstes denken Sie an die Hindernisse, die der Erfüllung Ihres Wunsches entgegenstehen. Nun lassen sich Wenn-Dann-Regeln aufstellen, die Ihnen bei der Überwindung des Hindernisses helfen.
Beispiele
Sie möchten eigentlich mehr Sport treiben, erliegen aber immer wieder der Versuchung von Süßigkeiten. Dann könnten Sie formulieren:
- Wenn ich ein Stück Schokolade essen möchte, dann mache ich anschließend zehn Liegestützen.
Oder Sie möchten beispielsweise mehr joggen, landen aber nach dem Feierabend meistens direkt auf dem Sofa. Dann könnte die Wenn-Dann-Regel lauten:
- Wenn ich Feierabend habe, dann gehe ich direkt 30 Minuten joggen.
Wenn-Dann-Sätze: Psychologie weist Effizienz nach
Die Wenn-Dann-Regel ist nicht etwa irgendein Chichi, sondern lässt sich wissenschaftlich beweisen. Der deutsche Sozial- und Motivationspsychologe Peter Gollwitzer fand in zahlreichen Studien mit Kollegen heraus, dass diejenigen, die ihre Zielvorhaben mit Wenn-Dann-Regeln kombinieren, deutlich erfolgreicher sind als solche, die es nicht tun.
Bestätigt wird dies auch von einer Meta-Analyse von 94 voneinander unabhängigen Studien: Es war eine mittlere bis starke Effektstärke bezüglich der Wirkung der Wenn-Dann-Regel nachweisbar. Das Faszinierende daran ist, dass die Wenn-Dann-Regel sogar bei Menschen mit Hirnverletzungen am Frontallappen funktioniert.
Diesen Menschen fallen bewusste Handlungen häufig schwer, in dem Moment jedoch, wo sie automatisiert werden, können sie sie problemlos ausführen. Gollwitzer schließt daraus, dass mit Hilfe der Wenn-Dann-Regel gefasste Vorsätze schnell zu einem automatisiertem Handeln verhelfen.
So empfehlen Gollwitzer und seine Kollegin Tanya Faude-Koivisto Wenn-Dann-Regeln auch fürs Coaching. Zur Illustration führen sie das Beispiel eines Coachees an, der sportlicher werden möchte. Die dazugehörige Wenn-Dann-Regel lautet: Wenn der Wecker um 6.20 Uhr klingelt, dann stehe ich auf und gehe 30 Minuten im Park laufen!
Neben der Hürde an sich, dem Joggen, kommen teilweise noch weitere Widrigkeiten hinzu: Je nach Wetterlage steigt der Wunsch, das Joggen doch lieber zu verschieben, etwa bei Regen und Kälte.
Wichtig ist an dieser Stelle, die Wenn-Dann-Regel dennoch vollzogen wird – sie muss also so formuliert sein, dass sie realisierbar ist. Und man sollte sich dem Ziel genügend verpflichtet fühlen und entsprechend motiviert sein.
Wo die Wenn-Dann-Regel hilft:
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Hohe Hürden
Psychologen konnten nachweisen, dass selbst unangenehme Aufgaben und solche, die Überwindung erfordern, häufig gemeistert werden können, da die Wenn-Dann-Regel dazu beiträgt, neues, erwünschtes Verhalten zu initiieren.
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Leichtes Vergessen
Ebenfalls ließen sich Erfolge bei solchen Zielen nachweisen, die leicht vergessen werden können – beispielsweise die reguläre Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln.
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Schlechte Selbstkontrolle
Menschen, die über eine geringe Selbstkontrolle verfügen, erzielen mit der Wenn-Dann-Regel ebenfalls bessere Erfolge. Die Wissenschaftler konnten Erfolge nachweisen beispielsweise bei Süchtigen, die auf Entzug sind, schizophrenen Patienten und Kindern mit ADHS.
Wenn-Dann-Regeln helfen bei der Selbstregulation
Nicht wenige Arbeitnehmer kennen ähnliche Probleme bei der Arbeit. Einfach nur einen bestimmten Plan zu haben ist keine Garantie dafür, das Ziel zu erreichen. Das liegt Gollwitzer und seinem Kollegen Paschal Sheeran zufolge daran, dass viele Menschen ein Problem mit der Selbstregulation haben, während sie ihre Ziele erreichen wollen.
Sie tun sich schwer, Gefühle und Emotionen zu kontrollieren, Geduld bei langwierigen oder herausfordernden Aufgaben aufzubringen, da die Bedürfnisbefriedigung an vorderster Stelle steht. Hinlänglich bekannte Zeitfresser wie langwierige Telefonate mit Kunden, Plausche in der Büroküche mit Kollegen oder das Surfen am Smartphone lenken vom eigentlichen Ziel ab.
Mit der Wenn-Dann-Regel gelingt auch das besser. Das Schöne daran ist, dass Erfolg damit planbar wird. Sie haben Schwierigkeiten, sich gegen Ablenkungen auf der Arbeit zur Wehr zu setzen? Dann steigern Sie doch Ihre Konzentration mit entsprechenden Vorhaben:
- Wenn ich meine Ruhe brauche, dann arbeite ich von einem freien Konferenzraum aus.
- Wenn der Kollege vom Urlaub erzählen möchte, dann bitte ich ihn bis zur Mittagspause damit zu warten.
- Wenn eine Aufgabe länger dauert als erwartet, dann frage ich einen Kollegen um Hilfe.
- Wenn ein Kunde um einen Termin an einem Tag voller Terminen bittet, dann verschiebe ich ihn auf einen leeren Tag.
- Wenn ich mit dem Smartphone surfen will, dann wähle ich dafür festgelegte Zeiten – beispielsweise die ersten fünf Minuten meiner Pause.
Wenn-Dann-Regeln gegen Vorurteile und Stereotype
Mit Wenn-Dann-Regeln lässt sich sogar die Anwendung von Stereotypen und Vorurteilen unterbinden. Ein Team von Psychologen um Gollwitzer und Sheeran untersuchten die die Benachteiligung weiblicher Bewerber auf Arbeitsplätze in technischen Bereichen. Informatikstudenten wurden dafür Bewerbungsunterlagen und ein Anforderungsprofil für die Stelle eines Informatikers gegeben.
Jeweils die Hälfte der Unterlagen war mit weiblichen beziehungsweise männlichen Namen versehen. Zuvor waren in einer Vorstudie den Unterlagen ausschließlich männliche Namen zugeordnet gewesen. In diesem Fall wurden sie als gleichwertig beurteilt, das heißt, sie waren gleichermaßen für die ausgeschriebene Stelle geeignet.
Es zeigte sich jedoch, dass Bewerberinnen klar benachteiligt wurden, wenn nach dem Zufallsprinzip männliche und weibliche Namen auf den Bewerbungsunterlagen verteilt wurden: Dann entschieden sich die Informatikstudenten in der Regel zugunsten der männlichen Bewerber.
Diese Voreingenommenheit wurde bei einer Gruppe von Informatikstudenten überwunden, die sich folgende Wenn-Dann-Regel überlegt hatten: Wenn ich die Eignung eines Bewerbers oder einer Bewerberin beurteilen muss, ignoriere ich deren Geschlecht!
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