Andere Menschen verändern – wie sinnvoll ist das?
Hand aufs Herz: Haben Sie schon versucht, Ihren Partner zu ändern? Oder den Kollegen nervige Marotten abzugewöhnen? Und: Waren Sie dabei erfolgreich? Eher nicht…
Andere Menschen verändern zu wollen, sodass Sie unseren Vorstellungen und Erwartungen entsprechen, funktioniert nicht: Wir können andere nicht ändern! Das ist so, als wollten Sie einem Depressiven sagen: „Sei doch mal wieder froh!“
Veränderung von Verhalten, Macken oder Marotten gelingt nur, wenn Betroffene das selber wollen und dazu von sich aus motiviert sind. Eine Einwirkung von außen führt nur zu Widerstand, Rechtfertigung und Verteidigung.
Psychologie: Menschen ändern funktioniert nicht
Grundsätzlich können wir uns bemühen, schlechte Gewohnheiten abzulegen oder negative Verhaltensmuster zu verändern. Auch Glaubenssätze und tief sitzende Meinungen lassen sich mit viel Mühe und mit der Zeit anpassen. Voraussetzung dafür ist aber stets, dass die Betroffenen das selber wollen – dazu intrinsisch motiviert sind.
Moderne Studien sagen, dass rund 40 Prozent der Persönlichkeit genetisch festgelegt sind. Der größere Teil geht auf soziale Umwelteinflüsse (Eltern, Freunde, etc.) zurück. Spätestes im Alter von 30 Jahren ist unsere Persönlichkeit ausgereift und stabil. Eine komplette Veränderung der Persönlichkeit ist dann kaum noch möglich – allerdings können wir selbst an einzelnen Charaktereigenschaften arbeiten.
Menschen verändern sich mit den Jahren vor allem körperlich. Auch eine gezielte Persönlichkeitsentwicklung ist in Teilen möglich. Studien kommen zum Ergebnis, dass Menschen alle 10 Jahre einige Charakterzüge verändern bzw. vorhandene Wesenszüge – positive wie negative – stärker werden.
Allzu große Veränderungen darf man nicht erwarten. Geht es aber um schlechte Gewohnheiten, brauchen wir im Schnitt 66 Tage (mehr als 2 Monate), um diese abzulegen und ein neues Verhalten anzutrainieren. Dazu braucht es jedoch eine innere Überzeugung sowie Ausdauer und Disziplin.
Man kann Menschen nicht ändern: Sprüche und Zitate
- „Du kannst die Menschen um dich herum nicht verändern, aber du kannst verändern welche Menschen um dich herum sind.“
- „Auffällig, dass Menschen, die alles besser wissen, nie etwas besser machen.“
- „Jeder denkt darüber nach, die Welt zu verändern, aber niemand denkt darüber nach, sich selbst zu verändern.“ (Leo Tolstoi
- „Du kannst nicht ändern, wie andere Menschen dich behandeln, oder was sie über dich sagen. Alles was du verändern kannst, ist deine Reaktion darauf.“ (Mahatma Gandhi)
Deshalb können wir andere nicht ändern
Werte, Erfahrungen und Überzeugungen formen unseren Charakter und schaffen Identität: „Ich weiß, wer ich bin!“ Es ist ein wichtiger Teil der Selbstakzeptanz und Selbstliebe, sich mit allen seinen Stärken und Schwächen anzunehmen.
Wollen Sie einen Menschen verändern und den eigenen Vorstellungen anpassen, ist das, als würden Sie ihm einen Teil seiner Identität wegnehmen. Gleichzeitig sagen Sie damit (indirekt): „Du bist nicht in Ordnung, so wie du bist!“ Das ist ein persönlicher Angriff, verbunden mit einer schweren Kränkung. Wie würden Sie selbst darauf reagieren?
Indiz für eine toxische Beziehung
Nicht selten steckt hinter dem vermeintlich gut gemeinten Appell zur Veränderung pure Arroganz. Wenigstens kommt es so an. Sie beanspruchen die Deutungshoheit, wie ein anderer Mensch zu sein hat, statt die Person in ihrer Andersartigkeit anzunehmen.
Und was sagt das indirekt in der Liebe, Beziehung und Partnerschaft aus? „Ich liebe dich nicht so wie du bist, sondern erst, wenn du wirst, wie ich das will.“ Ein solches Verhalten ist eher Anzeichen für eine toxische Beziehung – und damit der Anfang vom Ende.
Warum überhaupt wollen wir Menschen ändern?
Der Wunsch, andere zu ändern, entsteht oft aus dem Bedürfnis nach Harmonie: Wir wünschen uns einen Seelenpartner – einen Menschen, der mit uns ganz im Einklang ist. Und was nicht passt, wird eben passend gemacht.
Gleichzeitig versuchen viele, sich dadurch das Leben leichter zu machen: Wenn sich andere uns anpassen, müssen wir uns nicht verändern oder mit den eigenen Schwächen und „blinden Flecken“ auseinandersetzen. So steckt hinter dem Versuch, Menschen zu ändern, häufig die Angst vor eigener Veränderung.
Darum beurteilen wir andere lieber als uns selbst
Neue Kollegen, neuer Chef, Kunden, Geschäftspartner oder neue Kontakt: Noch bevor diese „Hallo“ sagen, beurteilen wir andere bereits. Unser Urteil über andere ist schnell – und häufig vorschnell. Dahinter steckt mehr als die Macht des ersten Eindrucks oder Menschenkenntnis.
Aus psychologischer Sicht beurteilen wir andere vor allem nach zwei Kategorien: Wärme und Kompetenz. Wir mögen Menschen, die warmherzig und kompetent wirken. Gleichzeitig verraten wir uns mit dem Urteil selbst: Persönlichkeit ist nicht, wie du denkst, wie du bist, sondern wie du bist! Oder wie es ein anderer schöner Spruch sagt: „Was Peter über Paul sagt, sagt mehr über Peter als über Paul.“
Wir beurteilen andere deshalb so gerne, weil wir uns damit selbst aufwerten („Ich kann das beurteilen!“) – ohne zu merken, dass wir dabei nur über das eigene Denken und mögliche Vorurteile sprechen. Vor allem unreife Persönlichkeiten lassen sich gut daran erkennen, dass sie sich vor allem über Abgrenzung definieren. Sie brauchen die Abwertung anderer, um sich ihrer selbst sicherer zu sein. Oder um sich besser zu fühlen (siehe: Profilneurose). „Wer sich dagegen positiv über andere äußert, verrät einen positiven Charakter“, sagt der Sozialpsychologe Dustin Wood.
Nicht andere verändern – mich selbst ändern!
Generell gilt: „Du kannst andere nicht ändern – aber du kannst dich ändern: deine Perspektive, deinen Maßstab, deine Bewertung!“ Statt die Eigenschaften unseres Gegenübers den eigenen Vorstellungen anzupassen, können wir versuchen, darin eine Bereicherung für uns zu sehen: Jede Medaille hat zwei Seiten – und jeder Mensch hat auch gute Seiten. Allein wir entscheiden, worauf wir fokussieren!
Es ist ein Zeichen wahrer Größe, das Gute im Menschen zu sehen und zu fördern. Statt also an den Schwächen unseres Gegenübers zu laborieren, können Sie ebenso dessen Stärken stärken. Oft zieht die positive Veränderung noch weitere nach.
Der Trick ist die positive Grundhaltung dahinter: Wenn ein Kollege zum Beispiel immer zu laut telefoniert oder Fragen stets umständlich beantworten und nie zum Punkt kommt, können Sie sich darüber aufregen – oder einfach das lebhafte Temperament und die vielen Details schätzen lernen…
Was kann ich überhaupt tun, wenn ich etwas ändern will?
Der Schlüssel zu einer positiven Veränderung ist die richtige Kommunikation und Haltung: Wollen Sie nur etwas Besseres für sich – oder steckt hinter Ihrer Formulierung echtes Wohlwollen für den anderen? Beides wird von Menschen – unbewusst – bemerkt. Mit entsprechenden Reaktionen: Widerwillen im ersten Fall, Interesse im zweiten…
Begegnen Sie anderen – dem Partner, Freund, Kollegen – mindestens auf Augenhöhe. Besser ist sogar, wenn Sie sich dabei klein machen und zeigen, dass Sie den anderen bei der Kurskorrektur und seinem Aufstieg eher noch stützen und unterstützen wollen. Ansonsten gilt:
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Ändern Sie die Ansprache
Starten Sie niemals mit Kritik, sondern mit Wertschätzung und Empathie. Sagen Sie, was Sie am anderen gut finden und dass Sie die Person gut verstehen. Grundsätzlich ist es besser, Fragen zu stellen, statt zu be- oder verurteilen – Beispiel: „Was beschäftigt dich gerade?“, „Was würde dir helfen?“.
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Ändern Sie die eigene Reaktion
Wie leicht gelingt es Ihnen, zum Beispiel mehr Sport zu machen, gesünder zu essen oder weniger Schokolade zu essen? Eben. Eine Lebensveränderung ist schwer – für Sie wie andere. Lassen Sie anderen also Zeit und seien Sie barmherzig, wenn sich so schnell nichts ändert. Auch diese Reaktion wirkt sich motivierender aus, als zusätzlicher Druck.
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Ändern Sie den Blickwinkel
Versuchen Sie sich auf das zu konzentrieren, was harmonisch funktioniert und wie Sie sich Ihrem Kollegen oder Partner anpassen können, um dessen gute Seiten zu fördern und mit den Macken besser zu leben. Indem Sie sich selber ändern, verändern Sie viel leichter auch Ihr Umfeld. Es ist wie beim Gesetz der Anziehung: Gutes zieht Gutes an.
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