Definition: Was ist das Pausen-Paradox?
Als Pausen-Paradox wird der scheinbar widersprüchliche Zusammenhang zwischen Arbeitszeit und erbrachter Leistung von Arbeitnehmern bezeichnet.
Entgegen der scheinbar logischen Annahme, dass mit steigender Arbeitszeit auch die Leistung zunimmt, belegen Studien, dass regelmäßige Pausen und Arbeitsunterbrechungen zu größerer Produktivität und besseren Ergebnissen führen.
Das Paradoxe daran: Wer weniger arbeitet, schafft und leistet mehr. Und liefert qualitativ bessere Arbeit ab. Mitarbeiter, die hingegen pausenlos arbeiten und den gesamten Arbeitstag ohne Unterbrechung an Aufgaben sitzen, erreichen am Ende nachweisbar weniger.
Ursachen: Wie kommt es zum Pausen-Paradox?
Die Gleichung „Mehr Arbeit gleich mehr Leistung“ stimmt schon deshalb nicht, weil sich menschliche Leistung nicht linear steigern lässt. Der Mensch ist nunmal keine Maschine. Mehr Zeit-Input führt daher nicht zu mehr Output.
Eine OECD-Studie über die Korrelation von Arbeitsstunden und Arbeitsergebnissen kommt zu dem Ergebnis, dass ab 50 Wochenstunden die Produktivität sogar rapide abnimmt. Alles, was über 56 Stunden Wochenarbeitszeit hinaus geht, bezeichneten die Forscher gar als pure „Zeitverschwendung“ (siehe Grafik):
Konzentration nimmt nach 90 Minuten ab
Selbst an einem 8-Stunden-Tag sind Sie nicht gleichbleibend produktiv. In unserer Leserumfrage gaben knapp 40 Prozent an, am Tag maximal 5-6 Stunden wirklich produktiv zu arbeiten.
Der Hauptgrund hierfür ist die nachlassende Konzentration. Nach spätestens 90 Minuten nimmt die mentale Leistungskraft dramatisch ab. Wir werden müde, lassen uns leichte ablenken, machen mehr Fehler.
Wer jetzt eine kurze Verschnaufpause von 5-10 Minuten macht, wirklich abschaltet und sich auch gedanklich von der Arbeit löst, vielleicht sogar körperlich bewegt, kann danach mit deutlich mehr Energie weiterarbeiten. Und schafft am Tag wesentlich mehr.
BRAC-Prinzip als Erklärung für Pausen-Paradox
Zahlreiche Studien und auch Zeitmanagement-Methoden bestätigen das bzw. nutzen die Erkenntnisse daraus.
Schon vor einiger Zeit konnte der Begründer der Schlafforschung, Nathaniel Kleitmann, nachweisen, dass der menschliche Körper mehrere Zyklen durchläuft (siehe: Biorhythmus) – angefangen bei den unterschiedlichen Schlafphasen bis hin zur typischen Leistungskurve am Tag.
Dabei durchläuft unser Gehirn Phasen von hoher Aktivität und Konzentration sowie Tiefphasen und Müdigkeit. Nathaniel Kleitmann entwickelte hierzu das sog. BRAC-Prinzip – das Akronym steht für „Basic Rest – Activity Cycle“. Dessen Kerngedanke: Alle 90-100 Minuten braucht der Mensch eine Pause, nach 4 Stunden sogar eine längere Erholungspause.
Selbstmanagement-Methoden wie etwa die Pomodoro-Technik oder das Timeboxing haben sich das Prinzip zunutze gemacht.
Laut Studien der lettischen Draugiem Group entspicht die 52-17-Methode (auch: 52-17-Regel) sogar dem optimalen Arbeitsrhythmus. Danach können sich Menschen nur 52 Minuten am Stück konzentrieren und benötigen danach rund 17 Minuten Pause.
Pausen-Paradox: Vorteile regelmäßiger Unterbrechungen
Leider werden in vielen Unternehmen Pausen unterschätzt oder vernachlässigt. Egal, ob Sie im Berufsleben stehen oder für eine Prüfung lernen: Machen Sie regelmäßige Pausen! Nur so profitieren Sie von den zahlreichen Vorteilen, die hinter dem Pausen-Paradox und den regelmäßigen Ruhepausen stecken:
-
Bessere Ergebnisse
Ihre Arbeitsproduktivität und Leistungsfähigkeit bekommen einen Motivationskick, wenn Sie sich Zeit zur mentalen Regeneration nehmen.
-
Größere Kreativität
Ihr Gehirn braucht den mentalen Freiraum, um neue Gedanken und Ideen zu finden. Die Kreativität ist oft am größten, wenn wir nicht angestrengt nach einer Lösung suchen. Wollen Sie mehr Geistesblitze, sollten Sie regelmäßig die Arbeit pausieren.
-
Weniger Fehler
Je länger Sie ohne Pause arbeiten, desto häufiger passieren unnötige Fehler. Sie sind unkonzentriert, weniger aufmerksam und nicht mehr aufnahmefähig. Die Folge sind Patzer oder sogar Arbeitsunfälle mit schweren Folgen. Insgesamt leidet die Qualität der Arbeitsergebnisse.
-
Bessere Gesundheit
Wer Pausen macht, baut Stress ab und sorgt für geistige und körperliche Entspannung. Die wiederum fördert das Immunsystem und beugt zahlreichen Krankheiten sowie Verspannungen und gefährlichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor..
Wann ist es Zeit für eine Pause?
Nach dem BRAC-Prinzip sollten Sie rund alle 90 Minuten eine Pause machen, nach der 52-17-Regel schon nach rund einer Stunde. Besser aber ist es, Sie hören auf Ihren Körper! So gibt es klare Anzeichen und Symptome dafür, dass es dringend Zeit für eine Pause ist:
- Nachlassende Konzentration
- Zunehmende Müdigkeit
- Erhöhte Reizbarkeit
- Sinkende Motivation
- Steigende Fehlerzahl
- Geringe Kreativität
Merke: „Im Gegensatz zum Gehirn meldet sich der Magen, wenn er leer ist.“
Gesetzliche Pausenregelung: Recht auf Pausen
Überdies gibt es im Arbeitsrecht klare Vorgaben und eine gesetzliche Pausenregelung, wonach Arbeitnehmern feste Pausenzeiten zustehen (siehe Tabelle):
Arbeitszeit |
Gesetzliche Pausenzeit |
Bis 6 Stunden | Keine Pause vorgeschrieben |
6 bis 9 Stunden | Min. 30 Minuten Pause |
Über 9 Stunden | Min. 45 Minuten Pause |
Pausenregelung für Minderjährige
Für Jugendliche Arbeitnehmer und Azubis unter 18 Jahren gelten nach § 11 des Jugendarbeitschutzgesetz ( JArbSchG) besondere Pausenregelungen:
Arbeitszeit |
Gesetzliche Pausenzeit |
Bis 4,5 Stunden | Keine Pause vorgeschrieben |
4,5 bis 6 Stunden | Min. 30 Minuten Pause |
6 bis 8 Stunden | Min. 60 Minuten Pause |
Mehr als 8 Stunden pro Tag dürfen Jugendliche nicht arbeiten. Dies dient u.a. dem Schutz vor Überarbeitung und Ausbeutung.
Richtig Pause machen — bewährte Tipps
Sobald Sie das Gefühl haben, dass Sie eine Pause brauchen, sollten Sie darauf hören. Dagegen anzukämpfen, macht es nur schlimmer. Mit den folgenden Tipps können Sie ebenso entspannt wie gesunde Pausen machen:
-
Pausen regelmäßig einplanen
Planen Sie im Alltag feste Pausenzeiten in Ihrem Tagesablauf ein – inklusive Mittagspause. Am besten mit Erinnerungen oder Kalendereinträgen, damit Sie diese nicht vergessen. Besonders im Homeoffice ist eine klare Struktur hilfreich.
-
Arbeitsplatz wirklich verlassen
Verlassen Sie während der Pause möglichst den Arbeitsplatz – vor allem mental! Essen am Schreibtisch oder während der Pause E-Mails schreiben, sind tabu. Der Abstand zur Arbeit fördert die Erholung.
-
Auszeit zur Bewegung nutzen
Nutzen Sie eine längere Pause am Tag zur Bewegung – idealerweise an der frischen Luft und zu einem kurzen Spaziergang. Falls das nicht möglich ist: Stehen Sie auf, dehnen und strecken Sie sich oder machen Sie leichte Gymnastik.
-
Unbedingt Technikpausen einlegen
Das gilt besonders für Büroarbeiter: Vermeiden Sie in Ihrer Pause Bildschirme und digitale Geräte! Lassen Sie das Smartphone liegen und üben Sie eine medienfreie Zeit, in der Sie wirklich auf andere Gedanken kommen und buchstäblich abschalten.
-
Für Abwechslung sorgen
Verbringen Sie nicht jede Pause gleich. Wechseln Sie vielmehr die Art der Pausenaktivität: mal ein Gespräch mit Kollegen, mal Musik hören, mal Meditation üben oder einfach nur bewusst atmen. Wer viel sitzt, sollte sich bewegen; wer viel redet, sollte Ruhe suchen.
-
Achtsame Mikropausen nutzen
Auch sogenannte Mikropausen können zur Entspannung enorm förderlich sein. Die Minipausen bedeuten, dass Sie sich einmal bewusst vom Bildschirm oder der Arbeit abwenden, durchatmen und den Blick in die Ferne lenken – und sich danach wieder dem Job zuwenden.
Grundsätzlich gilt: Finden Sie heraus, was Ihnen persönlich gut tut – ob Powernapping, Musik hören, ein Buch lesen oder einfach nur das Fenster öffnen und durchatmen… Ziel der Pause ist immer, kurz Distanz zur Arbeit zu gewinnen und den Kopf frei zu bekommen.
Was ist besser: Aktive oder passive Pause?
In der Pausenforschung werde passive und aktive Pausen unterschieden:
- Aktive Pause
Bei der aktiven Pause gleichen Sie den Arbeitsstress durch körperliche Aktivitäten aus – also z.B. durch Sport oder einen Spaziergang sowie Entspannungsübungen wie die progressive Muskelentspannung. - Passive Pause
Die passive Pause beinhaltet dagegen nur allgemeines Ausruhen und Entspannen – etwa bei einem Kaffee auf der Couch oder einem kurzen Nickerchen (max. 20 Minuten).
Laut Studien wirkt die aktive Bewegungspause kurzfristig am effektivsten, dafür hält die passive Entspannungspause länger – über 20 Minuten nach der Pause. Entscheidend ist jedoch stets, was Ihnen am besten tut und was den jeweils besseren Ausgleich zur Arbeit darstellt (sog. komplementäre Pausen).
Was andere dazu gelesen haben