Bedeutung: Was ist das Permission Paradox?
Der Begriff „Permission Paradox“ bezeichnet eine typische Zwickmühle, die vor allem Berufsanfänger betrifft: In Stellenanzeigen werden „einschlägige Berufserfahrung“ vorausgesetzt. Die aber kann man schlecht ohne Job sammeln. Es entsteht ein logisches Dilemma: Ohne Erfahrung keinen Job und ohne Job keine Erfahrung – unlösbar?!
Ein Paradoxon oder „Catch22-Problem“ ist ein logischer Widerspruch, der seine eigene Lösung unmöglich macht. Benannt wurde das nach Joseph Hellers gleichnamigem Roman. Das beste Beispiel ist die Aufforderung: „Falls Ihre Tastatur nicht reagiert, drücken Sie die Escape-Taste.“
Wie entsteht das Permission Paradox?
Ein Hauptgrund für das sogenannte Permission Paradox ist die Suche vieler Personaler nach der sprichwörtlichen „eierlegenden Wollmilchsau“ – sie wollen zwar möglichst junge Nachwuchstalente einstellen, weil die billig sind, die sollen dafür aber bitteschön die Erfahrungen eines Seniors mitbringen. Hübsche Vorstellung, aber eben auch genauso unrealistisch.
Das Problem betrifft aber keinesfalls nur Berufsanfänger, sondern genauso Young Professionals oder Berufstätige, die schon einige Jahre im Job arbeiten – zum Beispiel, wenn sich diese auf eine höhere Position oder erstmals als Führungskraft bewerben.
Auch von vielen (Nachwuchs-)Führungskräfte wird häufig erwartet, dass Sie schon einschlägige Berufserfahrungen aus Führungsjobs mitbringen, zum Beispiel aus dem Projektmanagement oder als Teamleiter. Aber reicht das wirklich aus?
Was steckt wirklich hinter der Berufserfahrung?
Genau genommen ist „Berufserfahrung“ nur ein Codewort. Dahinter steckt tatsächlich die Annahme: Wer den Job schon ein paarmal erfolgreich gemacht hat, wird ihn auch in Zukunft erfolgreich meistern. Das aber ist vor allem eines: eine Wette.
Hinzu kommt, dass sich hinter Erfahrungen meist ein ganzes Sammelsurium an Soft Skills verbirgt, die letztlich etwas über das Potenzial einer Bewerberin oder eines Bewerbers aussagen sollen. So stecken in Erfahrungen zum Beispiel Skills, wie:
- Einsatzbereitschaft
- Lernfähigkeit
- Kommunikationsstärke
- Analytisches Denken
- Problemlösungskompetenz
- Arbeitsmoral und -ethos
Und genau darin steckt bereits die Lösung des Permission Paradox: Über Berufserfahrungen verfügen Sie vielleicht nicht, aber sehr wohl über diese Skills – und diese können Sie stattdessen in der Bewerbung und im Vorstellungsgespräch nennen und damit punkten.
Ausnahme: Relevante Berufserfahrungen
Es gibt allerdings auch Berufserfahrungen, an denen kommen Berufsanfänger und -einsteiger nicht vorbei. Dazu zählen beispielsweise Erfahrungen mit bestimmten Techniken, Maschinen oder Software-Tools. Hier wollen Arbeitgeber kein langes Onboarding mit Einarbeitung, sondern Mitarbeiter, die sofort voll einsetzbar sind.
Wie kann ich das Permission Paradox überwinden?
Grundsätzlich gilt: Lassen Sie sich von überzogenen Anforderungen weder einschüchtern, noch abschrecken! Allgemein haben selbst Kandidaten, die nur 70 Prozent des Anfoderungsprofils in der Stellenanzeige erfüllen, immer noch beste Chancen auf den Job.
Umso wichtiger ist, dass Sie in Ihrem Bewerbungsschreiben und Lebenslauf Biss zeigen und eine hohe Motivation für Job und Arbeitgeber mitbringen.
Niemand hat „keine Erfahrungen“ – Sie haben diese vielleicht nicht so ausgeprägt und nicht in diesem speziellen Bereich. Dafür andere, die Sie zum Beispiel in Studentenjobs, Praktika, privaten Projekten oder in der Freizeit gewonnen haben. Wählen Sie aus, was davon für die angestrebte Position relevant ist – und betonen Sie diese Fähigkeiten…
So können Sie das Permission Paradox lösen
-
Auf die richtigen Stellen bewerben
Wählen Sie genau aus, auf welche Stelle Sie sich bewerben. Personaler, die die eierlegende Wollmilchsau suchen, stellen auch sonst hohe Anforderungen. Ein Indiz für einen Schleudersitz und Job mit vielen Überstunden und oft auch schlechter Bezahlung. Gleichzeitig sollten Sie überlegen, ob Sie sich am Anfang nicht erst bei einem kleinen und mittelständischen Unternehmen statt in einem internationalen Konzern bewerben. Kleine Firmen bieten oft große Chancen und setzen weniger Erfahrungen voraus als große.
-
Wichtige Erfahrungen nachholen
Wenn Sie im Studium zu wenig Zeit für ein Praktikum oder Jobs als Werkstudent hatten, können Sie versuchen, das kurzfristig nachzuholen. Bewerben Sie sich statt direkt für einen Job erst noch für ein längeres Praktikum, einen Nebenjob oder machen Sie ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ). Dabei sammeln Sie zwangsläufig wichtige Erfahrungen und werten den Lebenslauf nochmal auf.
-
Strategische Kompromisse eingehen
Um das Permission Paradox zu überwinden, sollten Sie bereit sein, kalkulierte Einbußen hinzunehmen. Natürlich ist das anfangs enttäuschend, wenn Sie frisch von der Uni mit einem Master kommen und eine Stelle antreten sollen, für die ein Bachelor ebenso gereicht hätte. Trotzdem kann das sinnvoll sein, um einen Fuß in die Tür des Wunschunternehmens zu bekommen, sich dort zu beweisen und nach der Probezeit oder nach einem Jahr schon in den Traumjob aufzusteigen. Oft führen solche vermeintlichen Umwege schneller zum Ziel!
-
Netzwerke und Kontakte nutzen
Gutes Networking ist die halbe Miete. Das gilt ganz besonders bei der Jobsuche: Finden Sie Fürsprecher, die Ihnen wichtige Kompetenzen bestätigen – das gleicht fehlende Erfahrungen unmittelbar aus. Auch finden Sie über die Kontakte oft Jobs auf dem verdeckten Stellenmarkt – und der ist rund doppelt so groß wie der offizielle. Jobs über gute Beziehungen hebeln jedes Permission Paradox aus.
-
Relevante Arbeitsprobe anbieten
Der Kern des Permission Paradox ist ja, dass potenzielle Arbeitgeber Zweifel haben, ob Bewerber den neuen Job wirklich können und den Herausforderungen gewachsen sind. Indem Sie hierzu Arbeitsproben anbieten – die nicht mal aus bisherigen Jobs stammen müssen – zerstreuen Sie diese Zweifel. Beispiel: Sie bewerben sich auf einen Job als Online-Redakteur/in haben aber noch nie Artikel geschrieben? Dann schreiben Sie 2-3 Probeartikel speziell für dieses Portal! So kann der Chef in spe gleich sehen und beurteilen, ob Sie die nötigen Fähigkeiten und Talent besitzen.
-
Überzeugende Expertise aufbauen
Das Internet macht es möglich: Schalten Sie das Permission Paradox aus, indem Sie sich online als Experte auf Ihrem Sachgebiet präsentieren – auf Linkedin oder im eigenen Blog. Verfassen Sie dort regelmäßig Beiträge oder schreiben Sie kluge Kommentare, die zeigen, dass Sie sich in Ihren Fachgebiet perfekt auskennen. Damit locken Sie zwangsläufig auch andere Experten, Personaler und Headhunter an.
Im Kern geht es darum, dass Sie gegenüber skeptischen Arbeitgebern möglichst maximale Glaubwürdigkeit aufbauen – durch authentische Kommunikation, transparente Expertise und übertragbare Soft Skills, die manch fehlende Berufserfahrungen locker ausgleichen können.
Später dann im Arbeitsalltag sollten Sie Ihre Verlässlichkeit weiter beweisen, indem Sie sich engagieren und halten, was Sie zusagen sowie kontinuierlich das Vertrauen in Sie stärken. Damit überwinden Sie das Permission Paradox. Und haben Sie erstmal einschlägige Erfahrungen, spielt das Phänomen kaum noch eine Rolle.
Was andere dazu gelesen haben