Erfolg kostet Kompromisse
Beruflicher Erfolg stellt sich in der Regel dann ein, wenn man mehr und besseres leistet als andere, wenn man mehr gibt als verlangt, Einsatz zeigt, Mehrwert schafft. Im Gegenzug allerdings bleiben Freiräume für eigene Belange auf der Strecke – die Familie, Kinder, Freunde, Hobbys.
Anfangs fällt das noch nicht auf, weil der Job sich so gut anfühlt. Wir surfen auf einer Woge des Erfolgs. Die Freunde und Partner teilen vielleicht sogar ähnliche Ambitionen oder bewundern uns für die Karriere.
Der Verzicht aufs Privatleben – eine heroische Geste, ein Tribut.
Doch irgendwann mehren sich die Absagen. Die Partys fallen aus, weil man noch arbeiten muss. Auf den Elternsprechtag muss der Partner, weil kurzfristig ein wichtiges Meeting angesetzt wurde. Am Wochenende mit den Kindern spielen? Da wäre eigentlich noch was zu tun… Achja, für Entspannung bliebe noch ein Termin am Sonntag, so zwischen 15:15 und 16 Uhr.
Gute Freunde und die Familie machen das eine Weile mit, aber nicht ewig.
Auf dem Weg nach oben opfern viele Teile ihrer Werte und Grundsätze:
- Welches Spiel spielt man noch mit?
- Über welche Leichen geht man?
- Wozu schweigt man sehenden Auges?
- Wozu sagt man noch „Ja“, obwohl das Gewissen schon lange „Nein“ schreit?
In der Regel ist das ein schleichender Prozess. Konzessionen beginnen meist mit der Sprache, dann werden Verhaltensweisen angeglichen, zum Schluss folgt die moralische Rechtfertigung über den Brauch: Das machen hier alle so!
Wer solche Kompromisse zu oft schließt, wird sich selbst irgendwann immer fremder, bis er nur noch eine Hülle ist – so kalt und dickfellig, dass sie auch ohne Rückgrat aufrecht stehen kann. Chapeau!
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Karriere bleibt eine Frage der Balance eigener Ziele
Was trotzdem bleibt, ist der Druck, die Angst zu versagen und die Sehnsucht nach Nähe und Anerkennung. In der Fachliteratur spricht man dabei auch von der Déformation Professionell – der deformierten Persönlichkeit.
Soweit haben es diese bedauernswerten Erfolgstypen gebracht: Sie bilden eine eigene Gattung.
Will man der weltbeste Manager werden oder der weltbeste Kinderfürsorger? Und muss es überhaupt Weltspitze sein?
Beides zu vereinen – Karriere und privates Glück – ist ein Drahtseilakt. Der Tag hat nur 24 Stunden, also müssen Prioritäten gesetzt werden. Für eine Woche genauso wie für einen Monat oder ein Jahr.
Klar, es gibt Zeiten, da hat der Job Vorrang. Soll aber der Rest nicht auf der Strecke bleiben, braucht auch der seine Zeit, sonst folgt auf Dauer Einsamkeit.
Die droht allerdings auch so. Menschen zu führen, Verantwortung zu übernehmen, ist etwas Großartiges. Es verändert aber auch den Charakter. Die Frage ist: Wohin?
Es ist schwer zwischen Effizienz und Menschlichkeit zu oszillieren, ohne dabei innerlich zu zerreißen.
Je höher einer in der Hierarchie aufsteigt, desto mehr isoliert er sich deshalb. Die Entfernung von der Basis wächst, ebenso wie die Zahl der Neider und der Schleimer. Parallel sinkt die Zahl verlässlicher Informationsquellen, weil die eigene Macht bei anderen zahlreiche Begehrlichkeiten weckt.
Der permanente Leistungsdruck und die häufig offenen wie versteckten Anfeindungen bleiben zudem nicht folgenlos. Viele Führungskräfte schotten sich deshalb irgendwann seelisch ab, meiden Kritik und entwickeln ein übergroßes, aufgeblähtes Ego. Ein reiner Selbstschutz zwar, aber nicht weniger gefährlich.
Sich für unfehlbar zu halten, seine Austauschbarkeit zu ignorieren und nicht mehr zwischen Rolle und Mensch, zwischen Sein und Schein zu unterscheiden, entkoppelt von der Realität. So jemand hebt irgendwann ab. Und das ist bekanntlich die Vorstufe zum Fall.
Das Gegenmittel?
Klingt leichter als es ist: Seine eigenen Entscheidungen immer wieder reflektieren, Kritik zulassen, eine gesunde Distanz zum eigenen Status bewahren, Bodenhaftung behalten, so was.
Vor allem aber den Preis, den man gerade noch bereit ist zu zahlen, im Auge behalten.
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