Work-Life-Integration: Definition, Beispiele, Kritik

Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen zunehmend – und vielen macht das Sorgen oder Probleme. Work-Life-Integration versucht erst gar nicht gegenzusteuern oder eine Work-Life-Balance zu schaffen, sondern vielmehr beide Bereiche zu harmonisch zu integrieren und so wieder zu echter Lebensbalance zurückzufinden. Der neue Begriff ist ein modernes Konzept – hat aber auch Vor- und Nachteile. Work-Life-Integration einfach erklärt…

Work Life Integration Balance Blending Grafik

Work-Life-Integration vs. Work-Life-Balance?

Work-Life-Balance Modelle gibt es inzwischen viele. Die Kritik daran aber bleibt: Schon der Begriff suggeriert einen Gegensatz, den es nicht gibt: Wer arbeitet, der lebt ebenfalls – da gibt es nichts auszugleichen! Mehr noch: Leben und Arbeit können sich wunderbar symbiotisch ergänzen und so zu einem erfüllten Leben führen.

Der neue Begriff Work-Life-Integration setzt genau hier an: Statt beide Pole – Leben und Arbeit – permanent auszubalancieren (was in der modernen Arbeitswelt kaum noch gelingt), sollten Sie diese integrieren und harmonisch miteinander verbinden (siehe auch: Work-Life-Blending). Ziel ist nicht zuletzt eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Work-Life-Integration Definition

Weil sich das Verständnis von „Work“ und „Life“ wandelt, ist Work-Life-Integration die moderne Antwort auf die kaum noch realistische Work-Life-Balance, die Arbeit und Freizeit strikt trennt. Work-Life-Integration will durch neue (digitale) Arbeitsformen den aktuellen Anforderungen der Arbeitnehmer gerecht werden. Mehr Flexibilität, Familienfreundlichkeit und Gesundheit bekommen mehr Bedeutung. Das wird schon am Begriff deutlich:

  • Balance bedeutet, einen Ausgleich finden zu müssen, um beide Bereiche – Arbeit und Leben – in Waage zu bringen.
  • Integration bedeutet, beide Bereiche miteinander zu verbinden beziehungsweise besser zu vereinbaren.


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Wie funktioniert Work Life Integration?

Trotz moderner Arbeitszeitmodelle verschmelzen Beruf und Freizeit zusehends. Gegensteuern? Kaum noch möglich! Bei der Work-Life-Integration geht es deshalb darum, Arbeit und Arbeitszeiten sowie Freizeit den jeweiligen Bedürfnissen und dem Privatleben anzupassen. Man könnte auch sagen:

Bei erfolgreicher Work Life Integration können Arbeitnehmer ihre Lebenszeit freier gestalten und gewichten und sind im Job nicht an starre Strukturen oder eine Anwesenheitspflicht gebunden. Der Wechsel von Arbeit und Privatleben wird fließend und lässt sich täglich flexibel gestalten.

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Work-Life-Integration Beispiele

Bei einem solch modernen Modell könnten Sie beispielsweise zuhause geschäftliche Telefonate führen – im Job und Büro aber ebenso private, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen. Sie können tagsüber spontan einkaufen gehen und dafür abends noch ein paar Stunden arbeiten – oder am Wochenende. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Mitarbeiter verantwortungsbewusst mit diesen Freiheiten umgehen und ein gutes Selbstmanagement beherrschen.

Konzerne wie Adidas haben den „“nine to five“-Job längst abgeschafft und sogar schon eine eigene „Work-Life-Integrations-Abteilung“ (WLI) eingerichtet. Ziel ist eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der sich die Mitarbeiter wohlfühlen und flexibel berufliche Interessen mit familiären Bedürfnissen in Einklang bringen können. Zu den Modellen und Konzepten gehören zum Beispiel:

Arbeitszeitprogramme

Arbeitszeiten, die der jeweiligen Lebensphase angepasst werden können, sind eine wichtige Voraussetzung für Work-Life-Integration. Bedeutet konkret: Es gibt eine echte Vertrauensarbeitszeit. Zudem können die Arbeitnehmer flexibel zwischen Homeoffice, Teilzeit- und Vollzeitarbeit wechseln. Überstundenausgleich, Sabbaticals oder Zeiten für gezielte Weiterbildungen sind jederzeit möglich.

Familienkonzepte

Kinder sind in Deutschland – leider – oft noch ein Karrierekiller. Nicht nur in Zeiten des Fachkräftemangels können Unternehmen aber nicht auf qualifizierte Frauen (oder Männer) verzichten. Entsprechend gehören zur Work-Life-Integration ebenso Entlastungen bei KITAs (oder Betriebskindergärten), Stillräume, Eltern-Kind-Büros oder gar Beratungsangebote für die Elternzeit und den Wiedereinstieg dazu.

Gesundheits- und Freizeitangebote

Eine der 4 Säulen im Lebensbalance Modell ist die Gesundheit. Dabei geht es aber nicht nur um gesündere und somit produktivere Mitarbeiter, sondern auch um eine Stärkung des Gemeinschaftsgefühls außerhalb der Arbeitswelt. Dafür bieten Arbeitgeber zum Beispiel Sportgruppen, Yoga, Betriebsfußball oder regelmäßige Mitarbeiter-Events wie After-Work-Partys im Unternehmen an, die auch während der Arbeitszeit genutzt werden können.

Sonstige Angebote

Work-Life-Integration-Angebote können vielfältig sein. Denken Sie beispielsweise an Rückzugsorte für Arbeitnehmer oder Schlafmöglichkeiten für einen Powernap im Unternehmen. Adidas bietet zum Beispiel zusätzlich zu diversen Arbeitszeit- und Familienkonzepten auch Lebenshilfe an – etwa rund um die Pflege eines Familienmitglieds und einer Reduzierung der Arbeitszeit.

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Work-Life-Integration Vorteile und Nachteile

Natürlich gibt es auch bei gelebter Work-Life-Integration weiterhin einen Feierabend sowie Unterschiede zwischen Arbeit und Privatleben. Allerdings sind diese Grenzen nicht mehr strikt vorgegeben, sondern können den individuellen Bedürfnissen aktuelle angepasst werden. Das hat allerdings Vor- und Nachteile:

Vorteile

  • Sie können Ihre Lebenszeit flexibler nutzen.
  • Der akute Stress sinkt.
  • Sie haben keine Schuldgefühle gegenüber dem Chef.
  • Sie arbeiten nach Ihrem Biorhythmus.
  • Sie leben gesünder, sind ausgeglichener.
  • Die Leistungsbereitschaft steigt.
  • Die Produktivität ebenfalls.
  • Während Sie arbeiten, sind Sie maximal motiviert.

Nachteile

  • Sie müssen sich stärker selbst organisieren.
  • Und müssen sich vor Selbstausbeutung schützen.
  • Sie müssen sich mit Kollegen mehr abstimmen.
  • Die Anforderungen an das Management steigen.
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Wie können Unternehmen Work-Life-Integration fördern?

Schon heute gibt es Arbeitgeber und Führungskräfte die eine Unternehmenskultur schaffen, in der Work-Life-Integration möglich ist und sich die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens mit den familiären Bedürfnissen der Arbeitnehmer vereinen lassen.

Entscheidend hierfür ist, die Arbeitsflexibilität permanent zu verbessern sowie Mitarbeiter anzuleiten und zu fördern, wie Sie mit der neuen Freiheit optimal umgehen können.

Work-Life-Balance hat ausgedient

Das Modell der Work-Life-Balance gilt inzwischen als überholt. Jüngere Generationen suchen längst nach anderen Arbeitskonzepten – nicht zuletzt durch die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt. Menschen arbeiten heute zunehmend von zuhause aus – teils sogar zusammen mit anderen Kollegen (siehe: Hoffice). Die Privatsphäre wird kleiner. Eine Trennung ist oftmals nicht mehr möglich, teil aber auch nicht gewollt.

Ist Work-Life-Balance überhaupt möglich, wir zuhause berufliche E-Mails lesen oder im Job private Social Media Kanäle nutzen?

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Gerade jüngere Arbeitnehmer der Generation Z achten bei ihrer Berufswahl weniger auf Geld und Gehalt, dafür umso mehr auf Freiräume und Flexibilität, auf eine sinnvolle und nachhaltige Tätigkeit und die Möglichkeit, Freizeit und Beruf besser zu verbinden.

Ist Work-Life-Integration ein Widerspruch?

Vielen macht der Begriff Work-Life-Integration neue Sorgen: Wird dadurch am Ende nicht das Privatleben zum Berufsleben? Zugegeben, die Frage ist berechtigt und die Gefahr besteht. Aber nur, wenn wir dabei aufhören, weiterhin Grenzen zu setzen.

Work-Life-Balance erzeugt nur Stress. Wir müssen im Büro etwas fertig schaffen und dürfen nichts mit nachhause nehmen… Durch die Integration verschwimmen zwar die Grenzen. Wir können dafür aber die Arbeit besser einteilen – ausbalanciert und frei von Schuldgefühlen. Durch die Integration müssen wir in keinem der Lebensbereiche Abstriche machen und ermöglichen das, was wir ohnehin anstreben: eine Balance.

Diversen Studien zufolge verplempern Arbeitnehmer unzählige Stunden mit ausufernden Meetings – oder mit Nichtstun und Langeweile, nur um beschäftigt auszusehen. Statt diese Arbeitszeit ineffektiv im Büro totzuschlagen, könnten Arbeitnehmer völlig akzeptiert früher nach Hause gehen und die gewonnene Zeit für private Belange einsetzen. Allerdings auch im umgekehrten Fall – bei drängenden Deadlines oder Hochphasen – Berufliches in der Freizeit erledigen.

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Kritik an Work-Life-Balance und Work-Life-Integration

Das Work-Life-Integration Modell verspricht deutlich mehr Flexibilität in Zukunft. Je digitaler Unternehmen werden, desto flexibler können Sie Arbeit anbieten und gestalten. Damit steigt zugleich die Work-Life-Quality und der Spaß an der Arbeit. Schöne Aussichten!

Übersehen wird dabei allerdings oft, dass dies nicht in allen Berufen und Jobs möglich ist. Ein Pilot kann nicht einfach Feierabend machen, wenn 250 Menschen in der Maschine in den Urlaub fliegen wollen; ein Mechaniker am Band kann seine Arbeit nicht zuhause fortsetzen. Und auch nicht alle Menschen können und wollen ihren beruflichen Verpflichtungen in der privaten Freizeit nachkommen. Nicht jeder Mensch ist ein geborener Selbstmanager – manche brauchen eine klare Führung und das passende Umfeld.

Work Life Integration fügt zwei getrennte Komponenten zusammen und integriert, was sich längst nicht mehr trennen lässt. Aber wollen wirklich alle Meetings von zuhause abhalten oder permanent mit ihrem Job vernetzt sein? Mehr Flexibilität kann Fluch und Segen zugleich sein.


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[Bildnachweis: Golden Sikorka by Shutterstock.com]