Gegangen werden: Was tun, wenn der Chef mit Kündigung droht?

Manchmal spürt man es kommen. Manchmal kommt es überraschend. Wie ein Schlag ins Gesicht: „Es wäre wohl besser, wenn Sie sich nach einem anderen Job umsehen…“ – Wenn der Chef so das Gespräch beginnt, droht eine Kündigung. Oder wie es umgangssprachlich heißt: Sie sollen gegangen werden. Was jetzt? Was können Sie da noch tun, wie reagieren, vielleicht den Job noch retten? Wir zeigen Ihnen professionelle Auswege, wenn eine Kündigung ansteht…

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Gegangen werden: Was sind die Gründe?

Wenn Sie spüren, dass Sie gegangen werden sollen, analysieren Sie zuerst die Ursachen. Die drohende Kündigung ist ja nur das Symptom. Meist gehen ihr veritable Warnzeichen voraus, dass der Job in Gefahr ist.

  • Haben Ihre Leistungen nachgelassen?
  • Zeigen Sie in jüngster Zeit weniger Engagement?
  • Machen Sie mehr und schwere Fehler?
  • Haben Sie sich ungebührlich verhalten?
  • Oder gar das Vertrauensverhältnis beschädigt?

In all den genannten Fällen, haben Sie die Chance, gegenzusteuern. Zum Beispiel durch eine offene Aussprache im 4-Augen-Gespräch, durch eine Entschuldigung. Oder durch Leistungssteigerungen.

Warum gegangen werden und nicht kündigen?

Machen Sie sich klar: Wenn der Chef anregt, dass Sie sich selbst beruflich neuorientieren sollen, ist das zwar ein Warnschuss, der eine Eigenkündigung provozieren soll. Im Subtext verrät der Chef damit aber zugleich: „Einen triftigen und wirksamen Kündigungsgrund habe ich (noch) nicht.“ Andernfalls müssten Sie nicht „gegangen werden“ (passiv!), sondern könnten gleich gefeuert werden (aktiv!). Womöglich sogar fristlos.

Tatsächlich macht es einen großen Unterschied, ob Sie gegangen werden oder eine Kündigung ausgesprochen wird. Sind Sie länger als sechs Monate beschäftigt, fällt Ihr Arbeitsverhältnis unter den Kündigungsschutz. Bedeutet: Der Arbeitgeber braucht für eine Entlassung einen „wichtigen Grund“ und muss Kündigungsfristen einhalten. Arbeitnehmer wiederum können sich dagegen wehren und eine Kündigungsschutzklage einreichen. Alles sehr aufwendig, zeit- und kostenintensiv. Dem weichen Arbeitgeber deshalb gerne aus.

Kündigungsarten und -gründe im Überblick

Im Arbeitsrecht werden zwei Formen der Kündigung unterschieden:

1. Ordentliche Kündigung
Fristgemäße Kündigung, die die gesetzlichen Kündigungsfristen einhält. Hierunter fallen:

2. Außerordentliche Kündigung
Übergeht und verkürzt geltende Kündigungsfristen aus triftigem Grund. Hierunter fallen:

All diese Kündigungsarten sind an unterschiedliche formale und arbeitsrechtliche Voraussetzungen gebunden. Werden diese nicht erfüllt, ist die Kündigung unwirksam.
Kuendigungsgruende Liste Arbeitsrecht Grafik



Gegangen werden, ist kein offizieller Weg. Wählen Arbeitgeber diese Strategie, verraten Sie damit de facto eine Schwäche. Für eine offizielle Kündigung fehlen zulässige Voraussetzung oder belastbare Beweise. Das stärkt umgekehrt Ihre Verhandlungsposition. Zum Beispiel für eine höhere Abfindung.

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Gehen oder gegangen werden: Was ist besser?

Wer merkt, dass er oder sie gegangen werden soll, steht vor einer Grundsatzentscheidung: Lieber gehen oder gegangen werden? Sie können warten, bis man Ihnen kündigt – oder die eigene Kündigung vorbereiten und mit einem Kündigungsschreiben besiegeln. Aber was ist besser?

Selber gehen und kündigen: Vor- und Nachteile

Vorteile:

  • Wenn Sie selber kündigen, behalten Sie die Zügel in der Hand. Sie selbst bestimmen den optimalen Zeitpunkt für den Abgang.
  • Die Eigenkündigung ist ein Jobwechsel aus einer Position der Stärke: Jobsuche und Bewerbung betreiben Sie aus ungekündigter Stellung. Sie haben also Zeit und können wählerisch sein.
  • Auch wenn Sie einen Headhunter oder eine Outplacement Beratung einschalten, müssen die nicht wissen, dass Sie gegangen werden sollen. Sie sind eine Fachkraft, die sich beruflich verändern will. Punkt. Das macht Sie attraktiv.

Nachteile:

Gegangen werden: Vor- und Nachteile

Vorteile:

  • Wenn Sie warten, bis man Sie rausschmeißt, haben Sie vollen Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALG 1).
  • Eventuell gibt es auch keine Kündigung, weil Sie praktisch unkündbar sind, solange Sie sich nichts zuschulden kommen lassen.
  • Stand hinter der Drohgebärde des Chefs nur kurzfristiger Ärger, lassen sich die Wogen wieder glätten. Sie behalten Ihren Job oder können sich intern verändern.

Nachteile:

  • Wenn Sie das Problem aussitzen und abwarten, gibt es zum Zeitpunkt der Kündigung womöglich gerade keine passenden Jobangebote. So wird aus der Kündigung schlimmstenfalls eine erklärungsbedürftige Lücke im Lebenslauf.
  • Der Jobverlust macht sich nicht gut im Lebenslauf. Zudem müssen Sie damit rechnen, den Rausschmiss im Vorstellungsgespräch begründen zu müssen.
  • Wer gekündigt wird, kann das nicht als geplanten und bewussten beruflichen Schritt verkaufen. Stattdessen verfallen viele Bewerber in Rechtfertigungen, was ihre Chancen nicht verbessert.

Ob es besser ist, zu gehen oder gegangen zu werden, lässt sich nie grundsätzlich oder allgemein beantworten. Analysieren Sie Ihre persönliche Situation, prüfen Sie Ihre Optionen und entscheiden Sie sich für jene Option mit den für Sie größten Vorteilen.

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Gegangen werden: So reagieren Sie professionell

Wenn man Ihnen – mehr oder weniger subtil – zu verstehen gibt, dass Ihre Tage im Unternehmen gezählt sind, haben Sie mehrere Optionen, darauf professionell und taktisch klug zu reagieren:

  • Behalten Sie Ruhe und lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Der Arbeitgeber kann Sie erst rausschmeißen, wenn er wirklich wasserdichte Gründe hat. Und selbst dann haben Sie immer noch gute Chancen, dagegen vorzugehen und zu klagen.
  • Haben Sie das Gefühl beim Chef in Ungnade gefallen zu sein, bitten Sie um ein Mitarbeitergespräch und schaffen Sie die Sache aus der Welt. Vielleicht ist es nur ein Missverständnis.
  • Arbeiten Sie mit dem Vorgesetzten gemeinsam an einer Lösung. Zeigen Sie mehr Engagement oder bitten Sie um eine Versetzung.
  • Prüfen Sie Ihre private Finanzen. Eventuell müssen Sie eine Phase der Arbeitslosigkeit überbrücken. Gut, wenn Sie zuvor ein paar Fixkosten reduzieren, zum Beispiel unnötige Abos kündigen, und Geld sparen.
  • Falls alle Rettungsversuche scheitern und Sie tatsächlich gegangen werden, aktualisieren Sie Ihre Bewerbungsunterlagen und Bewerbungsmappe. Alle Energie sollte jetzt in die Jobsuche fließen. Aktivieren Sie auch Ihre Kontakte.
  • Versuchen Sie sich trotzdem im Guten zu trennen. Ab jetzt arbeiten Sie nicht mehr für den Arbeitgeber, sondern für Ihren guten Ruf. Der hilft Ihnen auch, ein mindestens „gutes“ qualifiziertes Arbeitszeugnis zu bekommen (was wiederum Bewerbungschancen steigert).

Sollte Ihr Chef ernst machen und Ihnen kündigen, haben Sie alle wichtigen Vorbereitungen schon getroffen. Im besten Fall ist schon ein Anschlussjob in Aussicht. Zur Not bleibt dafür noch die Kündigungsfrist. Gegangen werden, kann ebenso ein Weckruf und wichtiger Impuls für eine berufliche Neuorientierung sein. Auch diese Chance können Sie nutzen.


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