Uncanny Valley Effekt: Einfach erklärt
Der Uncanny Valley Effekt zeigt die steigende Akzeptanz und positive Reaktion, je menschenähnlicher eine simulierte, künstliche Figur ist – bis diese plötzlich abrupt einbricht und in Unsicherheit, Unwohlsein und Ablehnung umschlägt. Es ist kein stetiger, monotoner Anstieg, weil es an einem gewissen Punkt zu einem starken Abfall der Akzeptanz kommt. Erst, wenn die Menschenähnlichkeit so groß ist, dass kaum ein Unterschied festgestellt wird, steigt die Kurve wieder stark an.
Grafisch sieht der Verlauf aus wie ein Tal, weshalb der Effekt als Uncanny Valley – als unheimliches Tal – bezeichnet wird. Es ist eine Spanne der Reaktionen auf Comicfiguren, Avatare, Roboter, künstliche Intelligenz und andere menschenähnliche Figuren. Besonders stark tritt er in Filmen, Computerspielen und in der Robotik auf.
Beispiele für den Uncanny Valley Effekt
Typisches Beispiel für den Uncanny Valley Effekt ist der Film „Avatar“. Das Volk der Na’vi ist eindeutig menschenähnlich, aber eben doch unterschiedlich genug, um den Effekt des unheimlichen Tals nicht auszulösen. Betrachter erkennen, dass es eine künstliche Figur mit menschlichen Zügen ist und fühlen sich dadurch nicht unwohl. So entsteht hohe Akzeptanz für die Charaktere.
Negatives Beispiel ist der Film „Polar Express“. Hier wurden die Charaktere von vielen Zuschauern als unheimlich und unangenehm wahrgenommen. Die Menschenähnlichkeit der Figuren fällt genau in das Uncanny Valley. Der Effekt gilt als einer der Gründe, warum der Film zum Flop wurde und in Kinos erfolglos blieb.
Uncanny Valley: Deutsch und Herkunft
Auf Deutsch wird der Uncanny Valley Effekt als „unheimliches Tal“, „Akzeptanzlücke“ und seltener auch als „Gruselgraben“ bezeichnet. Sie alle beschreiben den Effekt, und den grafischen Abfall der Akzeptanz, wenn Roboter oder Avatare zu menschenähnlich sind, aber doch Unterschiede erkennbar sind.
Erstmals wurde das Uncanny Valley vom japanischen Robotiker Masahiro Mori bereits im Jahr 1970 beschrieben.
5 Phasen des Uncanny Valley Effekts
Die Akzeptanzkurve im Uncanny Valley Effekt hat einen typischen Verlauf der Reaktionen in Abhängigkeit der Menschenähnlichkeit künstlicher Figuren. Wir erklären die unterschiedlichen Phasen genauer und zeigen, wie sich Akzeptanz und Vertrautheit ändern:
1. Geringe Menschenähnlichkeit – Akzeptanz
In diese Kategorie fallen einfache Cartoonfiguren oder auch Roboter, die zwar menschliche Eigenschaften und Fähigkeiten haben, aber sonst kaum menschenähnliche Züge haben.
2. Steigende Menschenähnlichkeit – Große Akzeptanz
Mit steigender Menschenähnlichkeit wächst die Akzeptanz und die Vertrautheit mit den Charakteren. Die Ähnlichkeit wird positiv bewertet, weil jeder sich selbst in den Figuren wiedererkennen kann. Es kommt zu Identifikation mit den Verhaltensweisen und Eigenschaften. Roboter oder Avatare sind aber weiterhin klar als solche zu differenzieren und wirken nicht unheimlich.
3. Starke Menschenähnlichkeit – Unbehagen und Ablehnung
In der dritten Phase kommt es zum drastischen Abfall der Akzeptanz und dem unheimlichen Tal. Die künstlichen Figuren wirken fast menschlich. Aussehen, Bewegungen, Verhalten – alles ähnelt stark dem Menschen, doch bleibt ein Störgefühl. Irgendetwas stimmt nicht, wirkt befremdlich, komisch und deshalb unheimlich. Vielleicht sind es die Augen, die sich nicht richtig bewegen, abrupte Bewegungen von Körperteilen, falsche Lippenbewegungen in Animationen oder andere Abweichungen von echten Menschen.
Es sind meist Kleinigkeiten, die das Uncanny Valley auslösen. Humanoide Roboter, Avatare oder Figuren in Filmen und Computerspielen wirken beinahe realistisch – aber eben nur beinahe. Kleine Abweichungen werden als unheimlich empfunden.
4. Weiter steigende Menschenähnlichkeit – Erneuter Anstieg der Akzeptanz
Das Uncanny Valley wird überwunden, wenn die Menschenähnlichkeit noch weiter zunimmt. Die Figuren sind nun so realistisch, dass kein unheimlicher Eindruck entsteht. Die Akzeptanz steigt fast genau so schnell wieder an, wie sie zuvor eingebrochen ist.
5. Keine Unterscheidung zum Menschen
Bei perfekter Menschenähnlichkeit ist ein Unterschied zum echten Menschen nicht mehr auszumachen. Dieser Effekt lässt sich vor allem in letzter Zeit durch künstliche Intelligenz beobachten. Sowohl bewegt als auch als Bild werden fotorealistische und nahezu perfekte digitale Figuren erzeugt. In den sozialen Medien gibt es unzählige Accounts solcher KI-Menschen, die von anderen Nutzern oft gar nicht als solche erkannt werden.
Hier ist die Akzeptanz und Vertrautheit auf dem Höhepunkt. Die Illusion ist so perfekt, dass der Charakter, Avatar oder Roboter nicht als künstliche Figur, sondern als echter Mensch wahrgenommen wird.
Uncanny Valley: Unterschied zwischen bewegten und unbewegten Figuren
Der Uncanny Valley Effekt ist für bewegte und animierte Figuren besonders stark. Durch die Bewegung wird die Menschenähnlichkeit verstärkt, weil wir etwas als echt und lebendig wahrnehmen. Zudem sind es gerade Bewegungen – von Augen, Mund, Haaren oder einzelnen Körperteilen – die trotz großer Ähnlichkeit unnatürlich wirken und die Akzeptanzlücke auslösen.
Uncanny Valley Effekt: Ursachen für die Ablehnung
Warum empfinden wir ein gewisses Maß an Menschenähnlichkeit so unheimlich und können uns nicht damit anfreunden? Dafür gibt es gleich mehrere Ursachen und Erklärungen:
- Kognitive Dissonanz
Der Effekt tritt durch kognitive Dissonanz auf, weil die Wahrnehmungen sich widersprechen. Wir erkennen etwas als menschlich, gleichzeitig sehen wir kleine Unterschiede, die nicht zu diesem Eindruck passen. Es ist keine eindeutige Zuordnung möglich, wodurch Unsicherheit und Unbehagen entstehen. - Evolution
Sagt die Wahrnehmung, dass mit dem Gegenüber etwas nicht stimmt, fühlen wir uns unwohl und vielleicht sogar bedroht. Grund dafür ist die Evolution. Für unsere Vorfahren war es überlebenswichtig, andere Menschen schnell und zielsicher einschätzen zu können. Jede Kleinigkeit, die nicht ins Bild passt, wirkt entsprechend unheimlich – bis heute reagieren wir mit Ablehnung und Zurückhaltung. - Persönliche Faktoren
Die Akzeptanzlücke hängt auch vom jeweiligen Menschen ab. Je mehr Sie sich mit künstlichen Figuren oder Robotern beschäftigen, desto besser können Sie damit umgehen und das unheimliche Tal verhindern. Ebenso spielt Ihre Persönlichkeit eine Rolle. Perfektionismus und Neurotizismus (siehe: Big Five) können den Effekt verstärken.
Einen Unterschied bei der Entstehung machen auch die Rahmenbedingungen. Wer ohne weiteren Hintergrund einen humanoiden Roboter sieht, empfindet diesen schneller als unheimlich. Besuchen Sie hingegen eine Messe zu Robotik und künstlicher Intelligenz, sind Sie dem Thema gegenüber offener. Sie empfinden eine entsprechend höhere Akzeptanz und sogar Faszination.
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