Definition: Was ist eine Profilneurose?
Eine Profilneurose ist die zwanghafte Angst, zu wenig zu gelten und nicht die Aufmerksamkeit oder Anerkennung zu bekommen, die man verdient. Gerade im Job zeigen sich Profilneurotiker besonders häufig. Solche Kollegen müssen sich ständig vor anderen Mitarbeitern, dem Chef oder auch Kunden beweisen. Sie wollen um jeden Preis beachtet werden, Lob erhalten und Bestätigung bekommen.
Betroffene einer Profilneurose haben einen starken Geltungsdrang oder eine ausgeprägte Geltungssucht. Der Begriff „Profilneurose“ stammt aber aus der Umgangssprache und ist keine medizinische Diagnose. Er beschreibt Menschen, die sich dauerhaft profilieren wollen, um ihre Aufmerksamkeitssucht zu stillen und wahrgenommen zu werden.
Bei wem zeigt sich eine Profilneurose?
Es gibt keine belastbaren Zahlen oder Studien über die Häufigkeit von Profilneurosen – eben weil es eine umgangssprachliche Beschreibung ist. Allerdings scheinen gerade im Job überwiegend Männer betroffen zu sein. Deren Streben nach Beachtung zeigt sich beispielsweise darin, dass sie vor anderen immer wieder betonen, was sie alles leisten und wie viel besser sie im Job sind.
Profilneurotiker gibt es aber auch abseits des Arbeitsplatzes. Auch bei einem Hobby oder gar im Privatleben kann sich ein solch übersteigertes Geltungsbedürfnis zeigen. Betroffene fühlen sich nirgendwo ausreichend beachtet und haben Angst, dass andere ihren Wert nicht bemerken. Synonym wird auch von Profilierungssucht oder Selbstinszenierung gesprochen.
Jeder Mensch hat ein Geltungsbedürfnis
Jeder Mensch braucht Anerkennung, Lob und Wertschätzung. Ein gesundes Geltungsbedürfnis ist ganz normal und wichtig für das eigene Selbstbewusstsein. Der Zuspruch von außen bestätigt das eigene Verhalten und zeigt, dass man etwas richtig macht.
Eine Profilneurose nimmt aber extremere Formen an. Sie bettelt regelrecht um Beachtung und will diese mit allen Mitteln erzwingen. Auch wenn kein wirklicher Grund vorliegt, soll die Aufmerksamkeit forciert werden.
Profilneurose Symptome: Wie äußert sie sich?
Ein aus der Antike überliefertes Beispiel für Profilneurose berichtet von Herostratos, der den Tempel der Artemis in Ephesos (eins der sieben Weltwunder) zerstörte, um Berühmtheit zu erlangen. Das Grundprinzip hinter dem menschlichen Geltungsstreben hat sich bis heute kaum verändert: Profilneurotiker haben ein Problem damit, dass sich die Welt nicht allein um sie dreht. Der übersteigerte Wunsch nach Aufmerksamkeit zeigt sich dabei in verschiedenen Symptomen und Anzeichen:
- Betonung
Menschen mit Profilneurose müssen immer wieder betonen, wie gut sie sind und welch herausragende Leistungen sie vollbringen. Bei jeder Gelegenheit erzählen sie von dem, was sie gemacht und geschafft haben – immer mit dem Ziel, dass andere sie dafür bewundern. - Herausforderung
Profilneurotiker wollen sich beweisen und suchen sich deshalb immer wieder Herausforderungen. Mit dem Erfolg wollen sie sich anschließend profilieren. Viele der Herausforderungen sind aber eher kleine Hürden, die anschließend zu mehr gemacht werden. Das bringt gleich zum nächsten Symptom. - Übertreibung
Um die maximale Aufmerksamkeit zu bekommen, übertreiben Betroffene einer Profilneurose ständig. Alles ist außergewöhnlich, extrem, unglaublich… Sie haben nicht einfach eine Aufgabe erfüllt, sondern schier unlösbare Probleme gemeistert und dabei Rekordumsätze erzielt. - Lüge
Eine Profilneurose schreckt auch vor Lügen nicht zurück. Es wird erzählt, was nötig ist, um von anderen beachtet und bewundert zu werden. Manchmal steckt dahinter noch ein Funken Wahrheit, teilweise sind es aber auch komplette Märchengeschichten. - Rampenlicht
Wer eine Profilneurose hat, will im Rampenlicht stehen. Solche Leute finden sich beispielsweise regelmäßig in Trash-TV-Formaten. Andere schämen sich dafür fremd, echte Profilneurotiker sehen aber nur die Aufmerksamkeit.
In schlimmen Fällen werden Menschen mit ausgeprägter Profilneurose sogar kriminell: Statt eines antiken Weltwunders ist es dann der nahe gelegene Wald, der angezündet wird. Teilweise sind es sogar Feuerwehrleute, die erst zündeln und dann „zur Rettung“ herbeieilen, um sich als Held feiern zu lassen.
Psychologie: Ursachen einer Profilneurose
Woher kommt dieses übergroße Bedürfnis nach Geltung und Anerkennung? Auch wenn es sich bei dem Begriff Profilneurose nicht um einen psychologischen Fachterminus handelt, gibt die Zusammensetzung aus Profil und Neurose Hinweise. Der Psychologe Alfred Adler erkläre Profilneurosen als eine Überkompensation von Minderwertigkeitsgefühlen.
Profilneurotiker haben ein geringes Selbstwertgefühl und wollen dieses durch die Beachtung von anderen ausgleichen. Es wird ein Pseudo-Selbstbewusstsein aufgebaut, um Selbstzweifel zu verhindern und ein positives Selbstbild zu schaffen, das nicht der Wahrheit entspricht.
Obwohl der Begriff so klingt, handelt es sich nicht um eine psychische Krankheit oder behandlungswürdige Störung. Bei Vergleichen zu einer psychischen Krankheit kommt sie dem Narzissmus am nächsten.
Umgang mit Profilneurose: Das können Sie tun
Die Profilneurose zeigt sich vorwiegend im Job. In Ihrer Karriere werden Sie deshalb wahrscheinlich dem ein oder anderen Profilneurotiker begegnen. Das ist nervig, anstrengend und frustrierend. Was aber können Sie tun, um sich richtig zu verhalten? Diese Tipps helfen beim Umgang mit einer Profilneurose:
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Humor
Mit Humor geht alles einfacher und auch nervige Kollegen lassen sich besser ertragen. Wenn der Profilneurotiker mal wieder in den Vordergrund drängt oder etwas besser weiß, können Sie sich mit ironischem Unterton bedanken. Hauen Sie einen lustigen Spruch heraus, so nach dem Motto: „Gut, dass wir dich haben!“ Gerade, wenn die Profilneurose nicht so stark ausgeprägt ist, kann man Betroffene noch so einfangen und die berechtigte Hoffnung haben, dass er sein Verhalten überdenkt.
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Hinweis
Sie können auch einen Wink mit dem Zaunpfahl geben und sagen: „Riechst du das auch? Hier stinkt’s nach Eigenlob!“ Auch das empfiehlt sich für Kollegen, die möglicherweise noch zur Einsicht gebracht werden können. Empfindliche, leicht kränkbare Gemüter drehen sich womöglich für eine Weile weg und meiden Sie: Das sollten Sie aushalten können – außerdem ist es angenehm, den Versuchen des Profilneurotikers zu entkommen.
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Anerkennung
Sie können dem Profilneurotiker auch das geben, was er braucht, nämlich Anerkennung. Loben Sie seine Arbeit, dann haben Sie erst einmal Ruhe und vielleicht gibt es wirklich etwas, in dem er gut ist, was sonst kein Kollege erledigt. Es heißt: Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Dies ist dann Ihr Geschenk an ihn. Das Risiko: Sie werden für den Betroffenen zur ersten Anlaufstelle und werden immer wieder zur Zielscheibe.
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Ignorieren
Ein gutes Mittel ist auch das genaue Gegenteil: Ignorieren Sie alles, was der Profilneurotiker tut, um beachtet zu werden. Zeigen Sie deutlich, dass er von Ihnen nicht die gesuchte Aufmerksamkeit bekommt. Wenn Sie dies durchhalten, stellt er (hoffentlich) seine Versuche ein.
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Kontaktabbruch
Hilft nichts anderes, sollten Sie den Kontakt so gut es geht abbrechen. Ab einem bestimmten Level ist keine Einsicht mehr zu erwarten. Für Sie bedeutet das nur noch Stress und Ärger. Bei einem Kollegen können Sie zwar nicht jeglichen Kontakt meiden, diesen aber auf ein Minimum reduzieren. Falls Sie doch zusammen arbeiten müssen, gilt der vorherige Punkt: Schenken Sie keinerlei Beachtung.
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Vorsicht
Problematisch ist es, wenn Ihr Chef eine Profilneurose hat. Hier müssen Sie mit Kommentaren oder Hinweisen vorsichtig sein, weil derjenige im Zweifelsfall am längeren Hebel sitzt. Wird die Profilneurose im Chefsessel zu unlösbaren Problemen, hilft nur der Weg über den Betriebsrat oder schlimmstenfalls über die Kündigung.
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