Was ist Methatesiophobie?
Methatesiophobie ist der Fachbegriff für die Angst vor Veränderung und vor dem eigenen Erfolg. Betroffene haben vor allem die Sorge, dass sie mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein könnten – und blockieren sich dadurch selbst.
Wie entsteht die Angst vor dem Erfolg?
Schauen wir uns den Mechanismus genauer an: Wer Erfolg hat, wird beklatscht und beachtet, steigt auf in Ansehen und Hierarchie. Für viele ist das eine wunderbare Vorstellung. Zugleich setzt der Erfolg aber unter Druck: „Ein Erfolg ist kein Erfolg!“ Mit jedem Triumph steigen die eigenen Ansprüche an sich selbst sowie die Erwartungen von außen:
- Wie lange werde ich dem gerecht bleiben können?
- Kommen vielleicht auch Schattenseiten ans Licht?
Was bisher an Können und Know-how ausreichte, reicht nun vielleicht nicht mehr. Alte, liebgewonnene Gewohnheiten müssen wir ablegen, Neues antrainieren, an der Herausforderung wachsen…
Erfolg legt einen womöglich sogar fest – auf ein Thema, eine Rolle. Und was ist mit der eigenen Zeit? Wird noch genug Zeit für das Privatleben bleiben, für die Familie, für den Spaß? Der Erfolg frisst bekanntlich seine eigenen Kinder!
Methatesiophobie – eine berechtigte Angst?
Jeder weiß: Erfolg ist ein zweischneidiges Schwert. Je höher man aufsteigt, desto tiefer kann man fallen. Und desto einsamer wird es an der Spitze.
Beim Aufstieg gibt es nicht nur Freunde und Fans, die einem zur Seite stehen und gönnen können. Es gibt ebenso die Neider, Kritiker und Hater, die versuchen, einem das Erreichte madig zu machen oder auf unsere Fehler lauern.
Es ist härter an der Spitze zu bleiben, als dorthin zu kommen
All diese Zweifel können dafür sorgen, dass Menschen zwar davon träumen, endlich ein Buch zu schreiben, sich selbstständig zu machen oder berühmt zu werden. Aber den ersten Schritt wagen sie nicht: Die Zukunft ist ihnen zu ungewiss, zu chaotisch, zu gefährlich.
Die Folgen des Erfolgs fordern vielleicht sogar Konsequenzen, die sie nicht abschätzen können. Je länger sie darüber nachdenken, desto größer wird das Monster, das sie sich ausmalen…
3 Gründe, warum Sie keine Angst vor Fehlern haben sollten
- Wachstum
Die meisten Menschen haben Angst davor, Fehler zu machen – auch weil andere sie dafür kritisieren oder auslachen könnten. Doch die Spötter sind Narren, die es nicht besser wissen! Fehler und die Erfahrungen daraus lassen uns persönlich wachsen. Kein Artist, kein Künstler, kein Sportler der nicht zig Fehler gemacht hätte – bis zur Meisterschaft! - Empathie
Fehler machen sozialer. Sie machen uns einerseits gnädiger für die Fehler anderer (weil wir selbst nicht unfehlbar sind) – andererseits sorgen sie dafür, dass wir uns besser in andere einfühlen können, weil wir schon durchgemacht haben, was sie gerade durchmachen. Überdies helfen Fehler, den Betroffenen pragmatische Empfehlungen geben zu können. - Resilienz
„Was uns nicht umbringt, macht uns stark“, lautet ein Sprichwort. Und es stimmt: Fehler führen nicht nur zu mehr Weisheit (weil wir dann wissen, wie es nicht geht), sie machen uns emotional stärker. Und wenn wir selbst erfahren, dass uns keine Niederlage am Boden halten kann, lernen wir zugleich, dass wir größer sind als gedacht. So stärken Fehler auch noch das Selbstvertrauen.
Die Psychologie der Angst
Jede Sekunde strömen Millionen von Sinnesreizen auf den Menschen ein. Nur einen Bruchteil davon nehmen wir bewusst wahr. Welche – das entscheidet unser Gehirn. Evolutionsbedingt filtert es vor allem jene Reize heraus, die für unser Überleben wichtig sind. Wichtig sind also vor allem Reize, die Gefahr signalisieren. Nur so schaffen wir es, in Gefahrensituationen blitzschnell zu reagieren.
Dieses System reagiert überempfindlich bei Menschen mit Phobien – sei es bei einer Angst vor engen Räumen, vor dem Autofahren oder vor Tieren wie großen Hunden oder Spinnen. Solche Menschen reagieren heftiger auf phobierelevante Reize als Menschen ohne diese Ängste.
Aus der Angst heraus: durch die Angst hindurch!
Aus der Psychologie ist bekannt, dass Ängste wachsen, je mehr man die Auslöser meidet. Das geht bis hin zur totalen Selbstblockade. Viele dieser Ängste sind sogar unbegründet, teils auch nur bequeme Ausreden.
Andere Ängste aber sind real: Erfolg verändert jeden Menschen, ja. Meist beginnt das mit den Beziehungen zu Freunden und Kollegen: Die einen begleiten einen weiterhin, andere wenden sich ab – aus welchen Motiven auch immer.
Ebenso steigt mit wachsendem Erfolg die Verantwortung. Die eigenen Entscheidungen haben nicht mehr nur Einfluss auf das eigene Leben, sondern zunehmend auf das von anderen – weil man zum Beispiel als Führungskraft zugleich Vorbild ist.
Dabei ist es unvermeidbar, einige Menschen vor den Kopf zu stoßen und zu verletzen. Das ist aber nichts Endgültiges: Jeder kann lernen, sich selbst zu vergeben und andere um Vergebung zu bitten. Die Gewissheit darüber nimmt häufig schon viel vor der nebulösen Erfolgsangst, der Methatesiophobie.
Tipps: Wie kann ich meine Erfolgsangst überwinden?
Ein wesentlicher Schritt, diese Angst zu überwinden, ist, sich darüber klar zu werden, wovor man sich überhaupt fürchtet:
- Ist das Szenario realistisch?
- Welche Gefühle versuche ich zu vermeiden?
- Welche Garantien habe ich denn heute?
- Ist der Status quo wirklich besser?
Je klarer das Bild wird, desto mehr lösen sich diffuse Sorgen auf. Nehmen Sie sich dafür Zeit – mindestens einen Tag, besser ein Wochenende oder länger.
Was bedeutet Erfolg für mich persönlich?
Oft ist es auch so, dass Menschen, die sich vor ihrem Erfolg fürchten, kein klares Bild vor Augen haben, was diesen „Erfolg“ überhaupt ausmacht: Vielleicht sagen Sie sich, Sie wollen doppelt so viel Geld verdienen wie bisher oder: „Wenn ich mein eigener Chef bin, dann habe ich es geschafft!“
Aber ihr eigener Chef sind Sie schon heute, weil Sie sich jederzeit für oder gegen etwas entscheiden können. Und Geld ist zwar ein starker Motivator, aber was verbinden Sie damit: mehr Freiheit? Mehr Luxus? Mehr Prestige?
Selbst wenn Sie hohe Ansprüche an sich stellen, kann es sein, dass Sie niemals mit sich zufrieden sind und infolgedessen auch nie glücklich. Je nachdem, wie Ihre Definition ausfällt, können Sie mit kleineren Ergebnissen viel glücklicher werden. Erfolg – das ist letztlich eine höchst persönliche Definition und Willensentscheidung. Das Ende jeder Angst beginnt mit zwei einfachen Worten: „Ich will!“
Das Wesen der Angst – eine Parabel
Der Wind blies ihnen eisige Flocken ins Gesicht. Der Boden war fest gefroren und der Schnee darüber knirschte mit jedem Schritt. Die zehn Masseure waren auf dem Weg durch die Berge. Heimwärts. Alle zehn waren blind und halfen sich so gut wie sie konnten durch den schmalen Bergpass. Aber ihre Beine zitterten vor Angst. Jeder Schritt war ein Schritt ins Ungewisse. Auch wenn sie den Weg kannten, wussten sie doch um seine Gefahren und manch lauernden Abgrund.
Die Hälfte des Weges lag bereits hinter ihnen, da stolperte der Mann an der Spitze und stürzte ab. Die anderen neun waren starr vor Schreck und schrien: „Um Himmels Willen! Was für ein Unglück!“ Da hörten sie die Stimme ihres Kollegen ein paar Meter tiefer: „Habt keine Angst. Ich habe mir nichts getan. Es geht mir jetzt sogar viel besser! Denn ich fürchte mich nicht mehr. Nun aber bin ich ganz ruhig. Wenn auch ihr eure Angst ablegen wollt, stürzt euch zu mir hinunter!“
Die Geschichte stammt aus Japan, aus dem frühen 18. Jahrhundert und dem Buch „Hagakure. Der Weg des Samurai“. Darin sammelte der zum Einsiedlermönch konvertierte ehemalige Samurai Tsunetomo Yamamoto rund 1300 Weisheiten, Lektionen und Anekdoten. Die meisten beschäftigen sich damit, Ängste und Widerstände zu überwinden.
Was uns lähmt, ist nicht die Angst vor dem nächsten Schritt, sondern vor dem unbekannten Abgrund, dem Sturz, dem Risiko des Misserfolgs. Dieser Abgrund ist in der Fantasie oft viel größer als in der Realität. Drum ist es gut, trotz weicher Knie, beherzt weiterzugehen. Wer dann tatsächlich fällt, merkt häufig wie unnütz die Sorge vorher war. Ein Sturz ab und an kann eine heilsame Sache sein.
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