Selbstwahrnehmung: Wer bin ich?

Wer bin ich? – Selbstwahrnehmung ist die Fähigkeit, die eigene Person, eigene Gedanken, Gefühle sowie die Wirkung auf andere bewusst wahrzunehmen und zu reflektieren. Oft ist dieses Selbstbild jedoch verzerrt oder schöngefärbt. Dabei ist eine Selbstwahrnehmung so wichtig, um ein gesundes Selbstvertrauen und einem gesunden Selbstwertgefühl zu entwickeln…

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Definition: Was ist Selbstwahrnehmung?

Selbstwahrnehmung (auch: Eigenwahrnehmung) beschreibt die Fähigkeit, sich selbst ehrlich, seine Gedanken, Gefühle und Handlungen zu beobachten und zu bewerten. Sie ist die Grundlage und wichtige Voraussetzung für die Persönlichkeitsentwicklung und psychische Gesundheit.

Kernfragen der Selbstwahrnehmung sind:

  • Wer bin ich?
  • Warum denke, fühle und handle ich so?
  • Welche Stärken, Schwächen und Bedürfnisse habe ich?
  • Wie wirke ich auf andere?

Dabei ist es wichtig, sowohl positive als auch negative Seiten an sich wahrzunehmen, um ein realistisches Selbstbild zu entwickeln und nicht in Selbsttäuschung oder Selbstbetrug zu verfallen.

Gegenteil Fremdwahrnehmung

Das Gegenteil zur Eigenwahrnehmung ist die Fremdwahrnehmung (auch: Fremdbild). Sie beschreibt, wie andere Menschen eine Person wahrnehmen – also: wie diese von außen gesehen wird. Es ist die subjektive Wahrnehmung einer Person durch andere – beinflusst durch verschiedene Faktoren wie Kleidung, Sprache, Auftreten, Körperhaltung, Verhalten Erfahrungen.

Wie funktioniert Selbstwahrnehmung?

Selbstwahrnehmung basiert auf dem Zusammenspiel verschiedener Sinneseindrücke und innerer Prozesse:

  1. Exterozeption
    = die nach außen gerichtete Wahrnehmung (was wir sehen, hören, riechen)
  2. Propriozeption
    = die nach innen gerichtete Wahrnehmung (Körpersignale wie Schmerz)
  3. Emotionale Wahrnehmung
    = das Erkennen und Einordnen eigener Gefühle und Stimmungen
  4. Selbstbeobachtung und -bewertung
    = die bewusste Selbstreflexion (eigenes Verhalten, Gedanken, Werte)

In der Psychologie wird überdies zwischen dem Körperschema (unbewusste, neurophysiologische Integration von Körperinformationen) und dem Körperbild (bewusste, psychologische Einstellung zum eigenen Körper) unterschieden. Diskrepanzen zwischen diesen beiden können zu Störungen der Selbstwahrnehmung führen, wie etwa bei Essstörungen oder Depersonalisation.

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Bedeutung: Warum ist Selbstwahrnehmung wichtig?

Unsere Selbstwahrnehmung hat einen entscheidenden Einfluss auf die Selbstentwicklung: Nur wer sich selbst kennt – mit seinen Stärken UND Schwächen –, kann gezielt an sich und seiner Persönlichkeit arbeiten und wachsen.

Zudem entsteht durch ein realistisches Selbstbild und eine gesunde Selbstwahrnehmung überhaupt erst sowas wie Authentizität, woraus wiederum ein stabiles Selbstwertgefühl resultiert:

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Weitere Vorteile der Selbstwahrnehmung

Eine gesunde Selbstwahrnehmung ist überdies entscheidend für:

  • Resilienz

    Die Eigenwahrnehmung hilft, Stresssignale frühzeitig zu erkennen und angemessen sowie gelassen darauf zu reagieren.

  • Selbstbewusstsein

    Ein realistisches Selbstbild bildet die Grundlage für ein gesundes Selbstvertrauen.

  • Beziehungen

    Sie ermöglicht, die eigene Wirkung auf andere besser einzuschätzen und damit Missverständnisse zu vermeiden.

Ein Mangel an Selbstwahrnehmung kann wiederum zu Problemen wie Überheblichkeit, sozialer Isolation oder Selbstüberschätzung führen.

Die meisten Menschen mögen ihre eigenen schlechten Seiten bei anderen so gar nicht.

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Woran merke ich, dass meine Selbstwahrnehmung verzerrt ist?

Das Problem an einer verzerrten Selbstwahrnehmung ist: Man selbst merkt es nicht oder erst spät, dass das eigene Selbstbild mit der Fremdwahrnehmung nicht übereinstimmt. Häufig fällt es Betroffenen erst auf, wenn sie oft missverstanden werden oder von ihrem Umfeld abgelehnt werden.

Typische Anzeichen für eine verzerrte Selbstwahrnehmung

  • Starker Widerspruch zwischen eigener und Fremdeinschätzung – z.B. halten Sie sich für zu wenig kompetent, während Ihr Umfeld Sie für Ihre Fähigkeiten lobt.
  • Überbetonung von Schwächen und Abwertung vorhandener Stärken – Lob wird z.B. regelmäßig abgelehnt oder als Manipulationsversuch abgetan.
  • Falsche Interpretation von neutralen Ereignissen (Alarmismus) – oder Suche Bestätigung für die eigene Überzeugung (sog. Filterblase).
  • Übermäßige Reaktion auf Kritik – selbst wenn diese wohlwollend gemeint und konstruktiv formuliert wurde.
  • Schwierigkeiten neue Herausforderungen richtig einzuschätzen – entweder unterschätzen Sie sich regelmäßig oder überschätzen Ihre Fähigkeiten deutlich.
  • Erleben häufiger Selbstzweifel – auch wenn es dafür keinen konkreten Anlass gibt sowie das Gefühl als Hochstapler entlarvt zu werden (siehe: Impostor-Syndrom).

Mögliche Folgen falscher Selbstwahrnehmung

Eben weil Selbstwahrnehmung eine so große Bedeutung für unsere persönliche Entwicklung und psychische Gesundheit hat, hat eine falsche Eigenwahrnehmung zahlreiche negative Folgen. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Das Gefühl von Sinnlosigkeit des eigenen Handelns
  • Steigende Belastung durch Stress
  • Fehlende Motivation im Berufs- und Privatleben
  • Das Gefühl, die Dinge nicht ändern zu können
  • Hoffnungslosigkeit im Blick auf die Zukunft
  • Wachsende Unzufriedenheit
  • Das Gefühl, nicht selbst entscheiden zu können
  • Die Sorge, es nicht allen recht machen zu können
  • Anhaltende Negativität in den Gedanken
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Tipps: Wie kann ich meine Selbstwahrnehmung verbessern?

Will Ihnen auf die Frage „Wer bin ich?“ keine gute Antwort einfallen, sollten Sie an Ihrer Selbstwahrnehmung arbeiten. Auch wenn es nicht ganz so leicht ist, eine bisher verzerrte Wahrnehmung zu korrigieren (teils kann das auch schmerzhaft sein): Wir haben ein paar bewährte Tipps und Strategien, mit denen Sie Ihre Selbstwahrnehmung verbessern können:

1. Regelmäßige Reflexion und Selbstbeobachtung

Nehmen Sie sich bewusst die Zeit, um die eigene Situation, aktuelle Gefühle und Gedanken zu hinterfragen. Selbstreflexion ist immer der erste Schritt zur Selbsterkenntnis!

2. Aktiv Feedback einholen

Bitten Sie regelmäßig Menschen aus Ihrem privaten und beruflichen Umfeld um ehrliches, konstruktives Feedback. So erhalten Sie einen Abgleich zwischen Ihrer Eigen- und der Fremdwahrnehmung und können blinde Flecken erkennen (siehe: Johari-Fenster).

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3. Stärken und Schwächen realistisch einschätzen

Erstellen Sie eine Liste Ihrer Stärken und Schwächen und versuchen Sie, diese möglichst objektiv zu bewerten. Gleichen Sie diese Einschätzung ebenfalls wieder mit Rückmeldungen von außen ab – durch Vorgesetzte, Kollegen, Freunde, Familie. So entwickeln Sie ein ausgewogeneres Selbstbild.

4. Schreiben Sie wichtige Erkenntnisse auf

Ein Tagebuch zu führen, wird Ihnen helfen, das Selbstbild über einen längeren Zeitraum zu verbessern und Gedanken wie Gefühle besser zu verstehen. Viele lernen sich dabei erst so richtig kennen und lernen, was Ihnen wichtig ist, welche Bedürfnisse Sie haben oder welche Trigger sie haben, an denen sie arbeiten müssen.

5. Achtsamkeit üben

Achtsamkeitsübungen fördern die bewusste Wahrnehmung des eigenen Körpers, der Gefühle und Gedanken. Auch das hilft Ihnen, sich selbst besser kennenzulernen sowie in Zukunft besser auf Ihre Bedürfnisse zu achten.

6. Kognitive Verzerrungen hinterfragen

Achten Sie auf typische Denkfehler und kognitive Verzerrungen (sog. Bias) wie etwa den Versuch, nur nach einer Bestätigung der eigenen Meinung zu suchen (siehe: Confirmation Bias). Versuchen Sie, solche Denkmuster zu erkennen und aktiv zu hinterfragen, um eine objektivere Sicht auf sich selbst zu entwickeln.

7. Erfolge bewusst wahrnehmen und anerkennen

Halten Sie Ihre Erfolge schriftlich fest, um sich Ihrer Fortschritte und positiven Eigenschaften immer wieder bewusst zu werden. Das stärkt Ihr Selbstbewusstsein und hilft, die eigene (negative) Wahrnehmung zu relativieren.

8. Zeit lassen und nehmen

Selbstwahrnehmung ist keine einmalige Aktion, sondern ein permanenter Prozess. Nehmen Sie sich daher regelmäßig eine stille Zeit für sich, um zu reflektieren oder positive Veränderungen in der Selbstwahrnehmung festzustellen.

All diese Schritte helfen Ihnen, die Selbstwahrnehmung langfristig zu verbessern und ein realistischeres, ausgewogeneres Bild von sich selbst zu entwickeln.


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