Was ist das 4 Ohren Modell?
Das 4 Ohren Modell ist ein Kommunikationsmodell und erklärt, wie Missverständnisse in der zwischenmenschlichen Kommunikation entstehen können. Dabei unterteilt es jede Nachricht in vier Ebenen.
Friedemann Schulz von Thun spricht von den „4 Seiten einer Nachricht“ und stellt sie vierfarbig als Quadrat (Kommunikationsquadrat) dar.
-
Sachebene
🔵 Blaues Ohr: Worüber informiert der Sprecher?
Beispiel: „Ist der Kaffee frisch?.“ -
Selbstkundgabe
🟢 Grünes Ohr: Was gibt der Sprecher von sich preis?
Beispiel: „Ich habe Durst.“ -
Beziehungsebene
🟡 Gelbes Ohr: Wie steht der Sprecher zum Empfänger?
Beispiel: „Du kümmerst dich nicht.“ -
Appell
🔴 Rotes Ohr: Was will der Sprecher vom Empfänger?
Beispiel: „Mach frischen Kaffee!“
Wenn wir reden, teilt der Sender (= Sprecher) etwas auf vier Ebenen („mit vier Schnäbeln“) mit. Der Empfänger (= Zuhörer) nimmt die Botschaft auf vier Ebenen („mit vier Ohren“) auf. Passen die Ebenen nicht zusammen, kommt es zu unterschiedlichen Interpretationen und Missverständnissen.
4 Ohren Modell: Einfach erklärt
Das 4 Ohren Modell erklärt, wie Missverständnisse in der Kommunikation durch unterschiedliche Wahrnehmung und Deutung von Botschaften entstehen. Der gleiche Satz (Beispiel: „Hier zieht es“) kann unterschiedlich gemeint und aufgefasst werden.
Konflikte entstehen bei Kommunikation auf verschiedenen Ebenen. Möchte der Sprecher einen Appell äußern („Schließ das Fenster“), der andere hört aber nur die Selbstkundgabe („Mir ist kühl“) kommt es zu Streit.
4 Ohren Modell Synonyme
Das 4 Ohren Modell nach Schulz von Thun ist auch als Kommunikationsquadrat, Nachrichtenquadrat, Vierseitenmodell, Vier Ohren Prinzip oder Vier Ebenen Modell bekannt. Ebenso finden sich unterschiedliche Schreibweisen dazu: Vier Ohren Modell, 4-Ohren-Modell, 4 Seiten Modell oder 4 Ebenen Modell.
4 Ohren Modell: Beispiele
Das 4 Ohren Modell zeigt sich am besten an einem Beispiel. Diese zeigen, wie wichtig unterschiedlich eine Botschaft gesagt und verstanden werden kann.
Beispiel: Die Ampel ist grün
Eine Frau Fährt im Auto, ihr Mann sitzt daneben. An einer roten Ampel hält sie an. Als die Ampel umschaltet, sagt der Mann: „Es ist grün.“
Was der Sender meinen könnte
| Sachebene: | „Die Ampel hat auf grün geschaltet.“ |
| Selbstkundgabe: | „Ich habe es eilig und möchte losfahren.“ |
| Beziehung: | „Ich kann besser Autofahren.“ |
| Appell: | „Fahr los!“ |
Was beim Empfänger ankommen kann
| Sachebene: | „Die Ampel steht auf grün.“ |
| Selbstkundgabe: | „Du bist zu langsam.“ |
| Beziehung: | „Du kannst kein Auto fahren.“ |
| Appell: | „Das nächste Mal fahre ich wieder!“ |
Beispiel: Mutter und Sohn
Ein Sohn bittet seine Mutter, sein Lieblingsdessert zu machen. Der Sohn probiert und fragt: „Hast du das Dessert anders gemacht?“
Was der Sender meinen könnte
| Sachebene: | „Das Dessert schmeckt anders als sonst.“ |
| Selbstkundgabe: | „Das Dessert ist besser/schlechter.“ |
| Beziehung: | „Ich möchte ehrliches Feedback geben.“ |
| Appell: | „Bitte mach das Dessert immer/nie wieder so!“ |
Was beim Empfänger ankommen kann
| Sachebene: | „Das Dessert schmeckt anders als sonst.“ |
| Selbstkundgabe: | „Ich bin enttäuscht/begeistert.“ |
| Beziehung: | „Du kannst nicht/prima kochen.“ |
| Appell: | „Bitte keine/mehr Experimente!“ |
Beispiel: Kauffrau für Büromanagement
Eine Kauffrau für Büromanagement erhält einen Telefonanruf. Der Kunde konfrontiert Sie mit der Aussage: „Ich warte jetzt seit 10 Tagen auf die Lieferung…“
Was der Sender meinen könnte
| Sachebene: | „Die bestellte Ware ist nicht da.“ |
| Selbstkundgabe: | „Ich gerate dadurch in Verzug.“ |
| Beziehung: | „Ich bin enttäuscht.“ |
| Appell: | „Beschleunigen Sie den Prozess und bestätigen Sie einen sicheren Liefertermin!“ |
Was beim Empfänger ankommen kann
| Sachebene: | „Es gibt ein Problem mit der Lieferung.“ |
| Selbstkundgabe: | „Ich bin unzufrieden mit der Leistung.“ |
| Beziehung: | „Das ist schlampige Arbeit!“ |
| Appell: | „Ich erwarte eine Entschädigung für meinen Ärger!“ |
Beispiel: Das Handy klingelt
Sie sitzen mit Ihrem Partner auf der Couch und schauen Fersehen. Dann sagt Ihr Partner: „Dein Handy klingelt“.
Was der Sender meinen könnte
| Sachebene: | „Du wirst angerufen.“ |
| Selbstkundgabe: | „Ich habe das Klingeln gehört.“ |
| Beziehung: | „Ich helfen, dass du den Anruf nicht verpasst.“ |
| Appell: | „Nimm den Anruf entgegen“ |
Was beim Empfänger ankommen kann
| Sachebene: | „Das Telefon klingelt.“ |
| Selbstkundgabe: | „Das Klingeln nervt.“ |
| Beziehung: | „Du kümmerst die nie um dein Handy.“ |
| Appell: | „Mach den nervigen Klingelton aus.“ |
Kommunikationsquadrat: Die 4 Seiten einer Nachricht
Im 4 Ohren Modell besitzt jede Nachricht vier Seiten – die Ebenen der Kommunikation. Jede der vier Seiten einer Nachricht vermittelt eine andere Botschaft.
Schulz von Thun ordnet den Botschaften je eine Farbe und Bedeutung zu. Diese sehen wir uns jetzt genauer an…
1. Sachebene
Auf der Sachebene geht es um reine Fakten und Daten. Hier geht es nur um die sachlich übermittelten Informationen einer Aussage – Gefühle, versteckte Meinungen oder Hintergedankgen spielen keine Rolle.
- Sender formulieren sachlich und präzise.
- Empfänger prüfen, verarbeiten und kategorisieren die Informationen.
Wichtige Kriterien für die Bewertung und die anschließende Reaktion auf Sach-Botschaften sind: Wahr oder unwahr? Relevant oder irrelevant? Ausreichend oder lückenhaft?
2. Selbstkundgabe
Mit jeder Botschaft gibt der Sprecher immer auch etwas über sich selbst preis. Die Selbstkundgabe offenbart eigene Emotionen, Werte, Ansichten oder Bedürfnisse. Das geschieht direkt über die Wortwahl, aber auch implizit und oft unbewusst.
- Sender gibt bewusst oder unbewusst etwas von sich preis.
- Empfänger deuten die Selbstkundgabe und machen sich eine Meinung.
Für die Selbstkundgabe müssen Empfänger zwischen den Zeilen lesen (siehe: Eisbergmodell), wenn diese nicht direkt in einer expliziten Ich-Botschaft formuliert weird.
3. Beziehungsebene
Die Beziehungsebene vermittelt, wie der Sender zum Empfänger steht. Körpersprache, Gestik und Mimik spielen dabei eine große Rolle.
- Sender kommuniziert offen oder verdeckt die Beziehung zum Empfänger (zum Beispiel Lächeln).
- Empfänger interpretiert die Beziehungsebene und fühlt sich geschätzt oder abgelehnt.
Das Konfliktpotenzial auf der Beziehungsebene ist im 4 Ohren Modell besonders groß. Fühlt der Empfänger sich gedemütigt und nicht respektiert, eskaliert die Situation.
4. Appell
Mit einem Appell verdeutlicht der Sender, was er oder sie vom Empfänger möchte. Das können an den Empfänger direkt gerichtete Bitten, Befehle, Wünsche oder Ratschläge sein („Mach mir bitte etwas zu essen!“).
- Sender will ein Verhalten beim Empfänger erreichen.
- Empfänger entscheidet, ob er der Aufforderung folgt oder nicht.
Verdeckte Appelle sind Manipulation und werden vom Empfänger missbilligt. Oder der Empfänger weiß nicht, was er oder sie tun soll.
4 Ohren Modell: Wie kommt es zu Missverständnissen?
Die Beispiele zeigen, wie vielschichtig Botschaften sind – sowohl von Seiten des Senders, als auch beim Empfänger. Aber wann genau kommt es zu Missverständnissen? Das 4 Ohren Modell verschiedene mögliche Ursachen:
-
Unterschiedliche Kommunikationseben
Sender und Empfänger „senden“ und „hören“ auf unterschiedlichen Ohren. Wenn Sie eine Botschaft auf der Sachebene kommunizieren, Ihr Gesprächspartner aber dem Beziehungsohr zuhört, kommt es zu Fehlinterpretationen.
-
Unterschiedliche Gewichtung
Der Sender legt (bewusst oder unbewusst) zu viel Gewicht auf eine Ebene der Botschaft (zum Beispiel den Appell). Legt der Empfänger eine andere Gewichtung beim Zuhören, kommt die Botschaft anders an, als sie gemeint war.
-
Fehlende Selbstreflexion
Der Sender ist sich nicht bewusst, was er über sich selbst preisgibt oder auf der Beziehungsebene ausdrückt. Empfänger reagiert auf implizite und unausgesprochene Botschaften, die gar nicht beabsichtigt waren.
-
Unklare Formulierungen
Der Sender macht ungenaue Aussagen oder formuliert nicht präzise genug. Beim Empfänger besteht die Möglichkeit zu verschiedenen Interpretationen – das öffnet Raum für Missverständnisse.
-
Bestehende Vorurteile
Der Sender macht eigentlich alles richtig. Der Empfänger deutet die Nachricht aber durch seine persönliche Brille der Erfahrungen und Vorurteile. Selbst neutrale Aussagen können so als Angriff verstanden werden.
4 Ohren Modell Übungen
Das 4 Ohren Modell nach Schulz von Thun ist ein bewährtes Werkzeug zur Verbesserung der Kommunikation und hilft, Nachrichten differenzierter wahrzunehmen sowie Konflikte frühzeitig zu vermeiden.
Um mit den vier Ohren bzw. vier Schnäbeln besser zu hören und zu reden, braucht es Übung. Wir haben hier praktische Übungen zusammengestellt, mit denen Sie Ihre Kommunikation nach dem 4-Ohren-Modell trainieren:
1. Analyse von Beispielsätzen
Die erste Übung haben Sie mit der Lektüre des Artikels und der Beispiele praktisch schon gemacht. Sie können die Übung fortsetzen und weitere kurze Alltagssätze wie „Mir ist kalt.“ Oder: „Wie gefällt dir mein neues Kleid?“ nutzen und diskutieren.
Dabei wird jede Aussage auf die vier Ebenen (Sachinhalt, Selbstoffenbarung, Beziehung, Appell) analysiert. Notieren Sie, was auf jeder Ebene gemeint sein könnte und wie ein Gesprächspartner die Aussage jeweils verstehen könnte.
2. Rollenspiele mit Perspektivwechsel
Zwei Personen führen ein kurzes Gespräch (z.B. Begrüßung, Smalltalk) und spielen den Dialog mehrmals mit unterschiedlichen Emotionen oder Betonungen durch – mal freundlich, mal genervt, ironisch oder besorgt. Die Zuhörer sollen jeweils beschreiben, wie sie die vier Ebenen wahrnehmen und was sich durch die veränderte Stimmung an der Botschaft ändert.
Als Variante können Sie Masken oder Trennwände einsetzen, um nonverbale Hinweise auszublenden und den Fokus auf die verbale Kommunikation zu legen.
3. Reflektierendes Paraphrasieren
Eine Person erzählt eine kurze Geschichte oder beschreibt eine Situation. Die Zuhörer wiederholen das Gehörte mit eigenen Worten (= paraphrasieren) und versuchen, auf alle vier Seiten der Nachricht einzugehen („Du sagst, dass du…“).
Anschließend wird gemeinsam reflektiert: Welche Ebene besonders wahrgenommen wurde: Gab es Missverständnisse?
4. Emotionen-fokussierte Übung
Die Teilnehmer eines Workshops üben, in Aussagen gezielt die emotionale Ebene (Selbstoffenbarung) zu erkennen und darauf einfühlsam zu reagieren. Beispiel: Jemand sagt „Das Meeting war anstrengend.“
Die Zuhörer versuchen nun, die emotionale Botschaft darin zu erkennen und empathisch zu antworten („Du wirkst erschöpft, war es sehr stressig für dich?“).
5. Quiz- und Zuordnungsaufgaben
Schreiben Sie mehrere Zettel mit kurzen Aussagen. Die Teilnehmer des Workshops ordnen anschließend zu, welche Aussage zu welcher Ebene im Kommunikationsquadrat passt (z.B. „Ich friere.“ = Selbstoffenbarung). Die Übung kann als Einzel- oder Gruppenübung im Team ausgeführt werden.
Bei den Übungen können Sie die Gruppengröße variieren und die Ergebnisse der Partnerarbeit später als Gruppendiskussion besprechen.
Was andere dazu gelesen haben
- Sender Empfänger Modell: Einfach besser kommunizieren!
- Kommunikationsstil: Wie wir uns anderen präsentieren


