Definition: Was versteht man unter Chronobiologie?
Als Chronobiologie bezeichnet man die regelmäßigen biologischen Zyklen eines Menschen. Taktgeber hierfür ist die innere Uhr – und die ist genetisch festgelegt. Sie steuert unter anderem die Ausschüttung wichtiger Hormone wie Melatonin, regelt die Blutdruck, Stoffwechsel und Körpertemperatur sowie unseren Schlaf-Wach-Rhythmus. Der sei „untrennbar mit unserer inneren Uhr verbunden“, sagt zum Beispiel Gregor Eichele vom Göttinger Max-Planck-Institut.
Tatsächlich haben die meisten Menschen einen angeborenen und kaum veränderlichen Biorhythmus. Dieser folgt laut Chronobiologie Studien einem festen Takt, der sich oft mit dem Sonnenauf- und Untergang synchronisiert. Der Begriff „circadianer Rhythmus wiederum beschreibt, dass die innere Uhr eines Menschen mehr oder weniger im 24-Stunden-Takt schwingt. So ganz stimmt das aber nicht. Bei einigen Menschen benötigen die Abläufe im Körper etwas mehr Zeit, bei anderen etwas weniger. Ein solches, inneres circadianes Uhrwerk besitzen aber alle Lebewesen auf diesem Planeten.
Welche Chronotypen gibt es?
Jeder Mensch tickt anders. Unterschieden werden in der Chronobiologie dennoch vor allem zwei sogenannte Chronotypen:
- Lerchen
Das sind die Morgenmenschen und Frühaufsteher unter den Chronotypen. Sie sind schon früh morgens topfit und finden schnell aus dem Bett. Dafür halten sie abends nicht so lange durch und gehen meist früh ins Bett. - Eulen
Die Langschläfer oder Nachtmenschen unter den Chronotypen. Früh morgens sind sie noch schwerfällig und laufen in der Regel erst gegen 10 Uhr zur Hochform auf. Dafür fühlen sie sich abends noch lange hellwach und können sich auch noch gut konzentrieren.
Natürlich sind Eulen und Lerchen die beiden Extrempole unter den circadianen Chronotypen. Die meisten Menschen liegen irgendwo dazwischen. Jüngste Chronobiologie Studien – etwa um den Chronobiologen Achim Kramer von der Berliner Charité – kommen zu dem Ergebnis, dass sich die innere Uhr von Eulen und Lerchen um bis zu 2 Stunden unterscheidet.
TIPP: Weil er die Unterteilung in lediglich zwei Chronotypen als unzureichend empfand, hat der Schalfforscher Michael Breus für sein Buch „Gutes Timing ist alles“ vier neue Chronotypen entwickelt: Delfin, Bär, Löwe und Wolf. Was es damit auf sich hat, können Sie in DIESEM Artikel nachlesen.
Chronorhythmus: Hochleistungs- und Tiefphasen
Fest steht heute, dass unsere physische und psychische Fitness im Tagesverlauf erheblich schwankt. Bedeutet: Unser individueller Chronorhythmus entscheidet maßgeblich darüber, wann wir besonders produktiv, kreativ oder wach sind (siehe Grafik).
Was bedeutet die Chronobiologie für Job, Schlaf und Ernährung?
Die Angaben in der obigen Grafik sind natürlich nur Durchschnittswerte. Die Erkenntnisse der Chronobiologie können und sollten Sie allerdings trotzdem für sich nutzen. Im Job kann das bedeuten, dass Sie zum Beispiel schwierige Aufgaben in Ihren persönlichen Hochphasen erledigen, während Sie den lästigen Kleinkram in den zirkadianen Durchhängerphasen abarbeiten. Egal, ob selbstständig oder angestellt: Wer produktiver sein und mehr erreichen will, sollte seinen eigenen Chronotypen kennen und den Tagesplan an der eigenen Leistungskurve orientieren.
Auch der Schlaf und die Ernährung sollten sich an der eigenen Chronobiologie ausrichten. Gegen seinen Körper anzukämpfen, funktioniert nicht. Lerchen sollten beispielsweise abends ab 20 Uhr nicht mehr schwer essen, weil das ansonsten zu Schlafstörungen bei den frühen Zubettgehern führen kann. Für Eulen ist es empfehlenswert sich einen Job mit flexiblen Arbeitszeiten zu suchen oder eher Abendschichten zu übernehmen. Etwa ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland leidet unter chronischem Schlafmangel oder gar Schlafstörungen. Einiges davon geht darauf zurück, dass diese Menschen ihre Chronobiologie regelmäßig ignorieren.
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Chronobiologie Test: Eule oder Lerche?
Manche Menschen können sofort gut einschätzen, zu welchem Chronotyp sie gehören: Brauche ich vier Tassen Kaffee am Morgen, bevor ich überhaupt ansprechbar bin? Bin ich abends schlagartig müde und benötige keinerlei Einschlafhilfe? Falls Sie Probleme bei der Einschätzung haben, welcher Chronotyp Sie sind, haben wir hier einen kostenlosen Chronobiologie Test (mit Lösung), den Sie sich bequem als PDF herunterladen, ausdrucken und ausfüllen können.
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Hat jeder Mensch eine innere Uhr?
Schon im Mutterleib wird genetisch festgelegt, welcher Chronotyp wir sind: Ob Lerche oder Eule – man bleibt, was man ist. „Ein Spättyp kann seine innere Uhr weder durch Lichttherapie noch durch die Zugabe von Melatonin so umpolen, dass aus ihm plötzlich ein Morgenmensch wird“, sagt der Chronobiologe Kramer. Bestätigt wird das von weiteren Chronobiologie Studien. Egal, wie sehr sich Eulen auch bemühen, abends rechtzeitig ins Bett zu kommen; egal, wie viel Schlaf sie tanken: Am nächsten Morgen kommen sie nur schwer aus den Federn, führen denselben Kampf gegen die Snooze-Taste und befinden sich in einer Art biologischem Jetlag.
Untersuchungen des Schlafforschers Frank Pillmann in Halle kommen zu dem Ergebnis, dass Frühaufsteher aufgrund des natürlichen Vorteils am Morgen oft bessere Schulnoten haben als Eulen. Die Nachtschwärmer seien dagegen öfter neugierig und offen für neue Impulse. Tatsächlich gibt es schon seit einiger Zeit eine Debatte darüber, ob Eulen in unserer Welt nicht kategorisch benachteiligt werden, weil ihr Rhythmus ein anderer ist, als der der Wirtschaft von „9 to 5“. Wer gegen seine innere Uhr arbeitet, erlebt einen „sozialen Jetlag“, warnt zum Beispiel Till Roenneberg, Chronobiologie-Professor am Institut für Medizinische Psychologie der LMU München.
Chronobiologie: Tipps für den Alltag
Aus den Erkenntnissen der Chronobiologie und Chronotypen lassen sich einige Tipps und Empfehlungen für den Alltag ableiten, die insgesamt zu mehr Lebensqualität und -freude führen.
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Bestimmten Sie Ihren Chronotyp
Ihren Chronotyp können Sie zwar nicht ändern, Ihren Tagesablauf und Lebensstil schon. Der erste Schritt ist also, zunächst herauszufinden, welcher Chronotyp Sie selbst sind: Eule oder Lerche? Achten Sie 1-2 Wochen ganz bewusst darauf, wann Sie besonders leistungsfähig beziehungsweise müde und unkonzentriert sind. Dokumentieren Sie das jeden Tag, halten Sie die Zeiten schriftlich fest und versuchen Sie so Regelmäßigkeiten, wiederkehrende Muster und Ihre ganz persönliche Leistungskurve zu ermitteln.
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Strukturieren Sie Ihren Tag
Nachdem Sie Ihre Leistungskurve kennen, sollten Sie das Wissen nutzen, um Ihren Arbeitstag daran auszurichten. Legen Sie wichtige oder kreative Projekte in jene Zeiträume, die dazu passen. Nutzen Sie biologische Hoch- und Tiefphasen bewusst und besser aus und vermeiden Sie gegen Ihren eigenen Biorhythmus zu arbeiten. Das gelingt sowieso nicht.
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Sprechen Sie mit Kollegen
Klar, nicht immer ist es möglich, den Job an der eigenen Chronobiologie auszurichten. Mitunter müssen Sie Rücksicht auf Arbeitszeiten, Chefs und Kollegen nehmen. Umso wichtiger ist, dass alle darüber miteinander sprechen. Womöglich erzielen Sie so größeres Verständnis, wenn Sie nachmittags einen Powernap machen oder können mit den Kollegen Kompromisse erzielen. Müssen Meetings wirklich vormittags und damit in der produktivsten Zeit aller stattfinden?
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Seien Sie nicht zu streng
Bei aller Selbstoptimierung und Chronobiologie: Übertreiben Sie es nicht! Biorhythmus und Chronotypen bieten Ihnen wichtige Hinweise, warum Sie so viel Schlaf benötigen oder warum manche Aufgaben zu bestimmten Zeiten schwerer fallen. Diese Phasen besser und bewusster zu nutzen, ist sicher kein Fehler. Es sollte aber auch kein Leistungssport daraus werden.
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