Einsamkeit überwinden: Symptome, Ursachen + Phasen

Nicht wenige Menschen leiden unter Einsamkeit. Es fehlen die sozialen Kontakte, sie fühlen sich innerlich leer, ungeliebt, verlassen. Einsam eben. Mit der Einsamkeit gehen zugleich Lebensfreude, Zufriedenheit und Antrieb verloren. Menschen sind soziale Wesen und brauchen Beziehungen. Fehlen die Gemeinschaft und das Zusammensein, macht das der Psyche zu schaffen. Mehr noch: Das Gefühl der Einsamkeit ist ansteckend und sorgt dafür, dass sich auch die Menschen um uns herum einsamer fühlen. Allerdings darf Einsamkeit nicht mit dem Alleinsein verwechselt werden. Was Einsamkeit ausmacht, welche Formen und Phasen es gibt und wie Sie das Gefühl der Einsamkeit überwinden…

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Was bedeutet Einsamkeit?

Beim Thema Einsamkeit denken wir schnell an zurückgezogene Menschen oder Eigenbrötler, die isoliert bleiben. Einsamkeit als völlige Abgeschiedenheit ohne soziale Kontakte. Das ist zwar EINE Form der Einsamkeit, aber nicht die einzige. Einsamkeit kann komplex sein.

So sind zum Beispiel Einsamkeit und Alleinsein keine Synonyme oder inhaltlich identisch. Viele Menschen können sehr gut allein sein, ohne sich einsam zu fühlen. Auch gilt: Einsamkeit ist keine Folge des Alleinseins. Wer alleine ist, braucht vielleicht nur eine soziale Auszeit oder einen temporären Rückzug und schätzt die Ruhe dabei, sammelt neue Kraft oder konzentriert sich ganz auf seine Gedanken.

Einsamkeit frisst die Seele auf

Einsamkeit hingegen ist eine negative Emotion. Sie entsteht, wenn wir uns verlassen, isoliert, ausgegrenzt und allein fühlen. Allerdings müssen wir dafür nicht einmal wirklich alleine sein. Zahlreiche Menschen fühlen sich trotz oder gerade mitten unter Menschen und sozialen Kontakten einsam. Selbst in der direkten Gegenwart von Kollegen oder Bekannten können in einem Gefühle und Gedanken von Einsamkeit aufsteigen. Betroffene haben dann das Gefühl, die Einsamkeit „fresse sie von innen auf.“ Sie fühlen sich vom Leben abgeschnitten oder im Stich gelassen.

Typische Gedanken bei Einsamkeit

  • Keine(r) redet mit mir.
  • Nie werde ich zum Essen eingeladen.
  • Die anderen mögen mich wohl nicht.
  • Ich gehöre gar nicht wirklich dazu.
  • Ich habe es nicht verdient, ein Teil der Gruppe zu sein.
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Was sind die Ursachen für Einsamkeit?

Einsamkeit wird in der Regel durch schädliche Gedanken ausgelöst und verstärkt. Die Ursachen liegen also hauptsächlich im eigenen Denken der Betroffenen. Einsamkeit lässt sich weniger an äußeren Faktoren wie dem Fehlen von Freunden festmachen. Das Problem liegt meist tiefer und entsteht aus einer Haltung und Einstellung heraus, die durch fehlendes Selbstbewusstsein und mangelndes Selbstwertgefühl gefördert wird.

Einsame Menschen glauben zum Beispiel…

  • nicht liebenswert zu sein.
  • sowieso abgelehnt zu werden.
  • keine Freunde zu haben.
  • nirgendwo zugehörig zu sein.
  • auf andere unattraktiv oder langweilig zu wirken.
  • einen Partner zu brauchen, um glücklich zu sein.

Je mehr Zweifel und negative Gedanken auftreten, desto größer wird die Einsamkeit und desto schlimmer auch die Auswirkungen. Doch jeder kann sich mal einsam, isoliert, nicht liebenswert oder von der Umwelt ausgeschlossen fühlen. Tatsächlich durchlebt fast jeder Mensch hin und wieder eine Periode der Einsamkeit. Allerdings sollte dabei stets unterschieden werden, um welche Art der Einsamkeit es sich handelt.

Jeder Dritte fühlt sich einsam

Einer Studie zufolge fühlen sich rund 12 Prozent der Bevölkerung häufig einsam und verlassen. Immer noch 32 Prozent der Befragten sagten, dass sie manchmal Einsamkeit empfinden. Auch fürchten sich viele Menschen davor, im Alter zu vereinsamen. Die Angst ist nicht unbegründet: Forscher konnten in Studien tatsächlich verschiedene Phasen des Lebens identifizieren, in denen Menschen sich besonders einsam fühlen. Das hohe Alter ist eine davon.

Wer Familie, Freunde, Partner oder Weggefährten verliert, was mit steigendem Alter wahrscheinlicher wird, kann dadurch in ein regelrechtes Loch aus Isolation und Einsamkeit fallen. Dem können Sie am besten begegnen, indem Sie schon früh Gegenmaßnahmen ergreifen.

Eine weitere Phase besonders großer Einsamkeit liegt kurz vor dem 30. Lebensjahr. Wissenschaftler erklären das damit, dass dies für viele eine Zeit des Umbruchs sei: Studium oder Ausbildung sind abgeschlossen, es steht möglicherweise ein Jobwechsel an, inklusive Umzug in eine andere Stadt. Solche Veränderungen können Einsamkeit hervorrufen, weil die bisherige Komfortzone verlassen wird.

Die letzte Hochphase der Einsamkeit ist die Lebensmitte – zwischen dem 40. und 50. Geburtstag. Es ist der typische Zeitpunkt für eine veritable Midlife Crisis.

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Die 3 typischen Phasen der Einsamkeit

Wissenschaftler unterscheiden drei Kategorien und drei Phasen der Einsamkeit:

1. Phase: Die kurzfristige Einsamkeit

Diese erste Phase der Einsamkeit folgt oft auf eine Veränderung im Leben. Dabei können größere Veränderungen zugleich ein stärkerer Auslöser sein. Viele Menschen erleben eine solch vorübergehende Einsamkeit etwa nach einem Umzug, wenn man sich noch nicht wirklich zuhause fühlt. Oder nach dem Verlust des Arbeitsplatzes, wenn man aus einem gewohnten Umfeld und Ablauf gerissen wird. Wie der Name sagt, legt sich dieses Gefühl der Einsamkeit allerdings bei den meisten nach relativ kurzer Zeit wieder. Zum Beispiel wenn sie sich eingewöhnt und für die (isolierenden) Umstände eine Lösung gefunden haben. In dieser Phase fühlen sich die Betroffenen zwar einsam, doch leiden sie nicht darunter.

2. Phase: Die beginnende Isolation

Klappt es mit der Eingewöhnung nicht oder bleiben neue Beziehungen aus, kann daraus die zweite Phase entstehen. Das Gefühl der Einsamkeit bleibt erhalten und beginnt sich auf das Leben und den Alltag auszuwirken: Die Betroffenen ziehen sich immer weiter zurück, vermissen Liebe und Geborgenheit, lassen aber dennoch Kontakte einschlafen und verbringen mehr und mehr Zeit alleine. Diese schleichende Weg in die Einsamkeit kann sogar dazu führen, dass sich die Betroffenen irgendwann in der Gegenwart von Freunden oder Kollegen nicht mehr wohl fühlen. Diese Phase kann einige Zeit andauern und beginnt meist unbemerkt. Je weiter der Rückzug in die Einsamkeit vorschreitet, desto häufiger nehmen andere das Verhalten als abweisend wahr, wodurch der Vorgang noch verstärkt wird.

3. Phase: Die andauernde Einsamkeit

In der dritten Phase wird die Einsamkeit chronisch und die Isolation zum Dauerzustand. Jetzt wird die Einsamkeit für die Betroffenen zur großen Belastung und geht mit psychischen Druck und dem Unglücklichsein einher. Der Teufelskreis der chronischen Einsamkeit besteht darin, dass Einsame sich dann noch weiter zurückziehen, bis sie sich gänzlich aus dem sozialen Leben ausschließen. Sie trauen sich schließlich selbst den Umgang mit anderen nicht mehr zu. Selbstbewusstsein geht immer weiter verloren, während Selbstzweifel wachsen und Betroffenen einreden, dass andere gar keinen Kontakt zu einem mehr wollen.

Sie merken: Man wird nicht auf einen Schlag einsam. Vielmehr ist Einsamkeit ein schleichender Prozess, der sich über einen langen Zeitraum ausdehnen kann. Wird das Entstehen frühzeitig erkannt, lässt sich dagegen umso besser etwas unternehmen. Idealerweise geschieht dies noch vor Beginn der zweiten Phase. Also bevor sich das Gefühl langfristig festsetzen und eine Abwärtsspirale lostreten kann.

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Psychologie: Macht Einsamkeit krank?

Studien aus der Psychologie zeigen, dass Einsamkeit nicht nur ein ein unangenehmes Gefühl ist, sondern schwerwiegende Folgen nach sich zieht. Zum Beispiel Depressionen. Weitere Folgen der Einsamkeit können sein:

Einsamkeit ist ansteckend

Das ist das Fazit einer amerikanischen Studie um den Psychologen John Cacioppo von der Universität Chicago: Je einsamer sich jemand fühlt, desto misstrauischer reagiert er auf seine Umwelt, schließt weniger Freundschaften und zieht sich von bestehenden Bekanntschaften weiter zurück. Das führt dazu, dass schließlich die Freundschaft einschläft. So hat nicht nur der Einsame, sondern auch sein Gegenüber einen Freund weniger. Entscheidend für diesen Effekt ist aber weniger das Gefühl der Einsamkeit, sondern das Verhalten aus den psychischen Gegebenheiten heraus. Wann sich jemand einsam fühlt, ist eine Frage des Persönlichkeitstyps.

Einsamkeit begünstigt Isolation

Cacioppo hat sich ebenfalls mit der Frage beschäftigt, warum einsame Menschen schnell in die Isolation abrutschen und an den Rand der Gesellschaft geraten. Seine Erklärung: Einsamkeit lässt sich in den Aktivitäten des Gehirns nachweisen – und sie verändert das Denken und Handeln. So seien bei einsamen Menschen die Hirnareale, die für Bedrohungen und Gefahr zuständig sind, besonders aktiv. Der Psychologe geht davon aus, dass sich dies im Verhalten durch Aggressivität und Ablehnung zeigt. Oder anders ausgedrückt: Wer einsam ist, macht es anderen Menschen besonders schwierig, sie zu mögen. Statt etwas dagegen zu tun, fördern die Betroffenen sogar noch unbewusst ihre Einsamkeit.

Isolation hat negative Folgen

Für die Gesundheit ist Einsamkeit noch schädlicher, so das Ergebnis einer Studie um die Psychologin Julianne Holt-Lunstad von der Brigham Young University. Seit Jahren forscht sie zu den Themen Einsamkeit, soziale Bindungen und soziale Isolation – und hat festgestellt, dass soziale Isolation denselben negativen Effekt auf die Gesundheit ausübt wie Zigaretten oder Fettleibigkeit: Einsamkeit fördere das Risiko für vorzeitige Sterblichkeit erheblich, sagt Holt-Lunstad. Allerdings müsse man klar unterschieden zwischen (selbst gewählter) Einsamkeit und von außen erwirkter sozialer Isolation.

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Tipps: Wie Sie die Einsamkeit überwinden

Viele Menschen fühlen sich in ihrer Einsamkeit hilflos. Manche reagieren auf die soziale Unsicherheit gar mit Überheblichkeit und Arroganz. Fatal! Das verstärkt das Problem eher noch. Wir haben daher ein paar alternative Wege aus der Einsamkeit und Tipps gesammelt, mit denen sich die soziale Isolation besser überwinden lässt:

  1. Geben Sie sich nicht die Schuld

    Eine wichtige Erkenntnis gleich zu Beginn: Es bringt überhaupt nichts, wenn Sie sich selbst die Schuld an Ihrer Situation geben. Einsamkeit zu empfinden, bedeutet nicht, dass Sie irgendetwas falsch gemacht haben. Wenn Sie sich selbst Vorwürfe machen, schaden Sie nur Ihrem Selbstwertgefühl und fördern die Einsamkeit noch.

  2. Sehen Sie die positiven Seiten

    Hin und wieder allein zu sein oder aktuell keinen Partner zu haben, muss nicht nur schlecht sein. Konzentrieren Sie sich stattdessen auf die Vorteile und Chancen. So sind Sie beispielsweise flexibler und ungebunden, können Ihre Entscheidungen allein treffen und können Ihr Leben aktuell so gestalten, wie Sie es ganz persönlich für richtig halten.

  3. Lernen Sie sich selbst zu schätzen

    Wie vieles andere lässt sich Einsamkeit am besten bekämpfen und überwinden, wenn Sie das Problem bei der Wurzel packen: Eine davon ist ein geringes Selbstbewusstsein und mangelhafte Selbstliebe. Erkennen Sie Ihren eigenen Wert und Sie werden verstehen, dass auch andere etwas an Ihnen zu schätzen wissen. Hinzu kommt: Je besser Sie mit sich selbst umgehen, desto leichter wird es Ihnen fallen, auch mal alleine zu sein.

  4. Bauen Sie Kontakte zu anderen Menschen auf

    Auch die zweite Wurzel des Problems sollte angegangen werden: Statt sich selbst zu isolieren, sollten Sie der Einsamkeit gezielt begegnen: Gehen Sie raus, treffen Sie andere Menschen, rufen Sie Freunde, Bekannte und Familie an und organisieren (und provozieren) Sie eine Zusammenkunft. Mit jeder zwischenmenschlichen Interaktion werden Sie sich weniger einsam fühlen und mehr Sicherheit gewinnen.

  5. Erwarten Sie nicht zu viel auf einmal

    Einsamkeit lässt sich nicht innerhalb kürzester Zeit überwinden. Das Problem liegt in der Regel tief, die schlechten Gewohnheiten sind fest verankert und es dauert, bis festgefahrene Denkweisen geändert werden können. Gehen Sie einen Schritt nach dem anderen, um aus der Einsamkeit zu entkommen. Mit jedem Tag, an dem Sie etwas tun, um sich weniger einsam zu fühlen, geht es in die richtige Richtung.

  6. Gehen Sie einem Hobby nach

    Nur zuhause sitzen und darauf warten, dass etwas passiert, wird keine Besserung bringen. Vielmehr wird es das Gefühl noch verstärken. Es mag Überwindung kosten, doch sollten Sie bewusst einer Beschäftigung nachgehen, die Ihnen Spaß macht und bei der Sie mit anderen Menschen zu tun haben. Bei solchen Hobbys stellen Sie auf ganz natürliche Weise den Kontakt zu anderen Menschen her, die eine ähnliche Leidenschaft teilen.

  7. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Mitmenschen

    Eine gute Methode die Angst vor der Einsamkeit zu überwinden: Versuchen Sie zunächst Ihren Mitmenschen zu helfen. Brauchen diese einen Ratschlag; jemanden, der einfach nur zuhört oder physische Unterstützung? Dann bieten Sie Ihre Hilfe an. Indem Sie anderen etwas geben, überwinden Sie Ihre Einsamkeit und profitieren zugleich selbst davon. Positiver Nebeneffekt: Für andere da zu sein, kann einen großen Schub für das Selbstbewusstsein geben und die Erkenntnis fördern, dass Sie eben doch liebenswert und wichtig für andere Menschen sind.

  8. Verfolgen Sie eigene Ziele und Träume

    Indem Sie sich auf Ihre ganz persönlichen Ziele und Träume konzentrieren, können Sie dem Gefühl der Einsamkeit entkommen. Machen Sie etwas, das Sie schon immer tun wollten, erfüllen Sie sich einen großen Traum oder beginnen Sie damit, auf ein Ziel hinzuarbeiten. So werden Sie feststellen, dass Sie Glück und Zufriedenheit auch ohne das Zutun anderer Menschen erlangen können.

  9. Gönnen Sie sich selbst etwas Gutes

    Ein bewährtes Mittel gegen akute Einsamkeit: Seien Sie nett zu sich selbst. Tun Sie sich etwas Gutes, machen Sie sich selbst eine Freude und beschenken Sie sich. Das muss nichts großes sein, doch mit jeder netten Geste zu sich selbst, lernen Sie, dass Sie gut genug sind und dass auch andere Menschen dies so sehen. So können sie die falsche Einstellung überwinden und aus der Einsamkeit entkommen.

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Sprüche und Zitate zur Einsamkeit

  • „Einsamkeit und das Gefühl unerwünscht zu sein, ist die schlimmste Armut.“ (Mutter Teresa)
  • „Wir kommen allein auf die Welt, wir leben allein, wir sterben allein. Nur Liebe und Freundschaft können uns für einen Augenblick die Illusion verschaffen, nicht allein zu sein.“ (Orson Welles)
  • „Was ich geleistet habe, ist nur ein Erfolg des Alleinseins.“ (Franz Kafka)
  • „Ich habe nie gesagt: ‚Ich will allein sein.‘ Ich sagte: ‚Ich will allein gelassen werden‘ – das ist ein Riesenunterschied.“ (Greta Garbo)
  • „Es ist viel besser allein zu sein, als in schlechter Gesellschaft.“ (George Washington)
  • „Ich lebe in jener Einsamkeit, die peinvoll ist in der Jugend, aber köstlich in den Jahren der Reife.“ (Albert Einstein)
  • „Insofern ist der Weise sich selbst genug: nicht, dass er ohne Freund sein will, sondern dass er es kann.“ (Seneca)
  • „Was nun andererseits die Menschen gesellig macht, ist ihre Unfähigkeit, die Einsamkeit und in dieser sich selbst zu ertragen.“ (Arthur Schopenhauer)
  • „Einsamkeit ist Voraussetzung für Erfolg. Du verlierst deine Kreativität, wenn du nonstop im Rampenlicht stehst.“ (Karl Lagerfeld)
  • „Wer sich allein langweilt, ist auch zu zweit nicht sehr unterhaltend.“ (Ben Kingsley)
  • „Allein sein zu müssen ist das Schwerste, allein sein zu können das Schönste“ (Hans Krailsheimer)

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